Im Porträt

Ein neues Zuhause für Gil in der Seemannsmission Duckdalben

Gil zündet eine Kerze an im Raum der Stille. Hier haben alle Weltreligionen ihren Platz
Gil zündet eine Kerze an im Raum der Stille. Hier haben alle Weltreligionen ihren Platz© Silke Nora Kehl / Evangelische Zeitung

29. Januar 2015 von Timo Teggatz

Hamburg. Die Seemannsmission ist zum Anker in ihrem Leben geworden: Abigail Fortich arbeitet in Duckdalben als Betreuerin der Seeleute und hat ein wendungsreiches Leben hinter sich. Porträt einer Frau mit viel Gottvertrauen.

Mitten zwischen Autobahnen, ödem Hafengelände und Schienenverkehr liegt der Seemannsclub Duckdalben – eine Oase für Seeleute aus aller Welt. Für ein paar Stunden können sie sich hier vom kräftezehrenden Alltag an Bord erholen: in Ruhe Kaffee oder Bier trinken, mit ihrer Familie telefonieren, Billard spielen oder jemandem ihr Herz ausschütten. Überdurchschnittlich viele Gäste im Club sind Philippinos. Mit Abigail Fortich, die hier als Betreuerin arbeitet, können sich die Männer in ihrer Muttersprache unterhalten. Sie stammt ebenfalls von den Philippinen – und hat in Duckdalben ihr Zuhause gefunden.

An jedem ihrer Arbeitstage zündet Gil im „Raum der Stille“ eine Kerze an. Der Gebetsraum in der Seemannsmission Duckdalben widmet allen Weltreligionen eine kleinen Altar: Hier finden Juden, Moslems, Hindus und Buddhisten, Sikhs, Anhänger von Naturreligionen, Taoisten und Christen einen ruhigen Platz zum Beten. „Das ist mein liebster Raum im Duckdalben“, sagt Gil, die mit vollem Namen Abegail Fortich heißt. Die 52-jährige arbeitet hauptamtlich als Seemannsbetreuerin im „international seaman‘s club“ Hamburg. „Angefangen habe ich hier als Ein-Euro-Jobberin“, erzählt sie.

Mit 22 Jahren verlässt sie die Heimat

Mittlerweile sei die Seemannsmission für sie ein Zuhause geworden – der Anker im Leben, nach dem sie viele Jahre lang gesucht habe. Geboren wurde sie auf den Philippinen, als neuntes von zwölf Kindern. Als sie sechs Jahre alt war, wurde ihr Vater ermordet. „Wegen dieser Erfahrung wollte ich keine eigenen Kinder bekommen“, sagt Gil. Sie verließ ihre Heimat mit 22, folgte einer älteren Schwester erst nach Singapur, dann nach Holland und schließlich nach Deutschland. Sie heiratete einen deutschen Mann und lebte mit ihm in der Nähe von Stuttgart. Als ihr Ehmann starb, fühlte sie sich verzweifelt und einsam. „Meine Ärztin riet mir damals, Süddeutschland zu verlassen. Um den Schmerz besser  ertragen zu können.“

Es zog sie in den Norden, Richtung Küste. „Ich sehnte mich nach dem Meer und einem Hafen – schließlich stamme ich von einer Insel.“ Sie begann in Hamburg ein neues Leben, arbeitete erst als Hauswirtschafterin und dann bei einem ambulanten Pflegedienst. Aber wirklich erfüllt war sie davon nicht. Nach drei Jahren stieg sie aus und lebte eine zeitlang ohne Job. Ein Treffen mit einem ihrer Brüder brachte die entscheidende Wendung in ihrem Leben. „Mein älterer Bruder ist Seemann“, berichtet Gil.

Warme Atmosphäre in Duckdalben

Vor neun Jahren machte er mit seinem Schiff Station in Hamburg und die Geschwister trafen sich im Duckdalben. Als ihr Bruder von ihrer Situation erfuhr, habe er gesagt: „Warum arbeitest Du nicht hier im Club? Du hättest die richtige Ausstrahlung für diesen Ort.“ Gil zögerte zuerst. Würde sie im Duckdalben überhaupt eine Chance haben? „Und dann dachte ich auch – in einen Seaman’s Club kommen doch fast nur Männer – ob das das Richtige für mich ist?“, erinnert sie sich. Sie bewarb sich trotzdem und arbeitete erst einmal für wenig Geld, phasenweise auch ehrenamtlich. Gil spürte schnell, dass sie hier am richtigen Ort war. „Mir gefällt die warme Atmosphäre“, sagt sie. „Im Duckdalben zu arbeiten, ist nicht einfach nur ein Job. Man braucht ein Herz.“

Ihr geht es darum, den Seeleuten ein Gefühl von Ruhe und Heimat zu vermitteln – auch wenn sie nur kurz im Duckdalben bleiben. Die Besatzungsmitglieder von Containerschiffen haben oft nur wenige Stunden Zeit an Land: In kleinen Gruppen werden sie von ehrenamtlichen Fahrern in den Club geholt und kurz darauf wieder zum Anleger gefahren. Gil berichtet: „Wenn ich am Tresen stehe und Telefonkarten verkaufe oder den Männern einen Kaffee mache, bleibt kaum Zeit für persönliche Gespräche. Dafür ist zuviel Betrieb“. Aber wenn sie selbst einen Moment Ruhe habe, ergebe sich häufig Kontakt.

„Gott hat meinen Weg hierher geführt“

Gil ist für alle Seeleute da, freut sich aber besonders darüber, mit philippinischen Landsleuten sprechen zu können. „Es ist für mich ein Stück Heimat, in meiner Sprache Bisaya zu reden“. Und für die Seeleute sei es ebenfalls wichtig, jemanden zu haben, der sie versteht, selbst wenn es nur ein kurzes Gespräch ist. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als 20 000 Philippinos den Club – sie machen 66 Pozent der Gäste aus. Denn die Hälfte aller Seeleute weltweit kommt von den Philippinen. „Wenn ich mitbekomme, wie glücklich meine Landsleute darüber sind, ein bisschen Geld an ihre Familien nach Hause schicken zu können, berührt mich das jedes Mal“. Die Armut auf dem Inselstaat ist der Grund dafür, dass so viele Philippinos zur See fahren. Um ihre Frauen, Kinder oder Eltern unterstützen zu können, müssen sie unter harten Bedingungen an Bord arbeiten. Von Duckdalben aus können die Seeleute schnell und sicher Geld in ihre Heimat überweisen.

Gil, die neben ihrer Muttersprache auch Englisch, Holländisch und Deutsch spricht, schätzt das internationale und dabei gleichzeitig so familiäre Flair im Club. Sie hat das Gefühl, endlich  angekommen zu sein. „Ich bin so glücklich, hier gebraucht zu werden“, sagt sie. „Gott hat meinen Lebensweg hierher geführt“.

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