Mit dem „Volx-Mobil“ auf sozialer Arbeit im Brennpunkt
27. Dezember 2014
Möllenhagen. Mit dem „Volx-Mobil“ touren zwei Sozialpädagogen durch Plattenbau-Siedlungen in Mecklenburg. Vor Ort werden sie mit offenen Armen empfangen. Jetzt hoffen sie, dass ihr Projekt weitergehen kann.
Das mecklenburgische Möllenhagen bei Neubrandenburg ist ein geteiltes Dorf. Auf der einen Seite findet sich der alte Dorfkern und auf der anderen eine große Plattenbausiedlung. Mit über 33 Prozent leben hier überdurchschnittlich viele Langzeitarbeitslose, der Anteil an schwerbehinderten Arbeitslosen liegt ebenfalls deutlich über dem Bundesdurchschnitt. „Hier bleiben die Leute nicht auf der Straße stehen und unterhalten sich miteinander“, sagt Sozialpädagoge Stefan Lauterbach. „Sie kennen sich zwar, haben aber kaum Kontakt miteinander.“
Das Volx-Mobil will Abhilfe schaffen. Seit Anfang des Jahres tourt der blaue Kleinbus des evangelischen Kirchenkreises Mecklenburg mit Lauterbach und seiner Kollegin Simone Schnackenberg durch die Propstei Neustrelitz im Südosten des Bundeslandes. „Wenn wir um die Ecke biegen, kommen uns die Kinder schon winkend entgegen“, sagt Simone Schnackenberg. Zwei Tage pro Woche steht das „Volx-Mobil“ vor dem Asylbewerberheim in Friedland, zwei Tage in der Woche vor der Plattenbausiedlung in Möllenhagen. „In unserem Projekt wollen wir Straßensozialarbeit, Hilfe und christliche Werte miteinander verbinden“, erklärt die 40-jährige Schnackenberg das Anliegen des Volx-Mobil-Projekts.
Inspiriert durch den Hebräer-Brief
Auf der Straße, auf Märkten und an „Hecken und Zäunen“ suchen Schnackenberg und Lauterbach das Gespräch mit den Bewohnern. Damit dies gelingt, seien „niedrigschwellige Zugänge“ nötig: So hat das Team neben Sitzbänken, großen Spielen und Bällen ebenso einen Gaskocher, Tassen, Milch und Zucker oder eine bewegliche Crêpes-Maschine dabei. „Wir sehen uns für die Gemeindearbeit inspiriert durch den Hebräer-Brief, in dem es heißt: ´Gastfrei zu sein vergesset nicht´.
„In dieser Region fehlt oft soziale Infrastruktur“, weiß Stefan Lauterbach. Rechte Propaganda finde hier guten Nährboden, sagt der 56-Jährige und verweist auf die Problematik im anderen Volx-Mobil-Standort Friedland. Dort hatten bei der letzten Kommunalwahl fast 14 Prozent die NPD gewählt. „Als Ende letzten Jahres auch noch Proteste gegen ein Asylbewerberheim dazu kamen, haben wir uns Friedland als einen Einsatzort gewählt.“ Ziel ist, Bürgerbündnisse, beispielsweise aus Kirchengemeinden, Kommunen, Vereinen oder der Feuerwehr zu bilden. Gemeinsam sollen sie darauf hinwirken, dass sich die Lebenslagen der Menschen in den Plattenbaustadtteilen, in denen oft die Hälfte der Stadtbevölkerung lebt, verbessert werden.
Sozialer Brennpunkt Plattenbausiedlung
Denn Plattenbausiedlungen im ländlichen Bereich sind häufig immer noch soziale Brennpunkte. „Wir erleben nicht selten, dass diese von der Kirche kaum adäquat in den Blick genommen werden können“, formuliert Stefan Lauterbach seine Erfahrung. Auch die Kommunalpolitik ist selten in der Lage, den diversen Versorgungslücken adäquat zu begegnen. „Die Menschen sollen wieder wahrgenommen und beteiligt werden“, ergänzt Simone Schnackenberg. „Manchmal scheint es so, als warteten sie lange schon darauf, dass sie mit religiösen Inhalten konfrontiert werden und dass sie ihre Frage im christlichen Wertehorizont bedenken können.“
Doch das Mitarbeiter-Duo weiß: „So eine Entwicklung zu ermöglichen, das braucht einen langen Atem“. Ob das Volx-Mobil diesen langen Atem haben kann, steht derzeit noch in den Sternen. Die über die Stiftung „Kirche mit Anderen“ finanzierte Stelle von Simone Schnackenberg läuft im April 2016 aus. Bisher ist unklar, ob es danach weitergehen kann. Lauterbach ist zwar fest angestellt, „aber allein ist man eben kein Team“. Dass das Projekt weiter geht, ist sein Weihnachtswunsch. „Meinetwegen auch erst für 2015.“