Paul-Gerhardt-Kirche in Hamburg

3. Februar 2013 igs-Lebenspfad - Gottesdienst zum Thema „Liebe und Partnerschaft“

03. Februar 2013 von Kirsten Fehrs

Predigt zu 1. Korinther 13, 1-13

Liebe Gemeinde zu Wilhelmsburg!


Und heute nun noch einmal: Liebe Gemeinde! Denn die Liebe ist´s doch, die Ehe und Partnerschaft gründen – und so soll dies heute alles verbunden sein: Liebe, Ehe, Partnerschaft, Gartenschau, Gott und Paulus und wieder die Liebe.


Nun denn:
Ich habe einen Freund, der suchte einst ein Haus. Was er fand, war ein Baum. Er hat sich in diesen Baum verliebt und das viel zu kleine Haus, das daneben stand, halt auch genommen. Jetzt lebt er mit seiner Freundin dort, die sich in meinen Freund verliebt hat -  und dann in den Baum und in das viel zu kleine Haus. Nun haben sie Zuwachs bekommen, die Freunde, der Baum – und natürlich auch das Haus. Alles, restlos alles und jeden hat die Liebe verändert. Und das wird einem ja meist erst klar, wenn man innehält, Station macht, heute zum Beispiel. Oder wenn man sich trauen möchte und auf einmal ganz genau weiß: „Sie, er ist genau richtig! Mit ihr, mit ihm will ich meinen Weg weiter gehen!“


Als denn also meine Freunde im letzten Mai, zur Baumblüte versteht sich, im Garten versteht sich, Hochzeit feierten, war ihnen der Segen das Wichtigste. Wie übrigens immer mehr Brautpaaren heutzutage. Weil sie genau fühlen, dass die tiefe Empfindung füreinander eine Kostbarkeit ist. Eine Kostbarkeit, die man nicht allein aus eigener Kraft zu schützen vermag. Im Leben gibt es eben auch Sturm zu überstehen und Krisen und regnende Tränen, Beinbrüche und andere Brüche, Krankheit und Angst. In guten und in schlechten Zeiten ist es doch die Liebe, die uns dabei halten, in Armen halten kann. Sie ist deshalb das Wichtigste, ist es nicht so, liebe Gemeinde? Der zärtliche Kosename, das Streicheln der Hand, auch wenn sie schon runzlig geworden, das Kind auf dem Schoß, der Kuss beim Abschied am Morgen. Liebe ist das A und O auf unserem Lebenspfad, Anfang und Ende. Denn aus lauter Liebe werden wir in diese Welt geboren und – so Gott will – mit liebevoller Geste werden wir die Erde auch wieder verlassen.
Sie ist das Größte, was ein Mensch erleben und was er verschenken kann.


So bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Die Liebe aber ist die größte unter ihnen, sagt genau so unser Predigttext; es ist übrigens der Trauspruch aller Zeiten! Die Liebe ist die größte, denn sie folgt anderen Pfaden als denen der reinen Vernunft, sagt Paulus. Liebe ist ein Wunder. Keine Laune, sondern eine Schönheit der menschlichen Natur. Sie rührt ans Innerste und deshalb manchmal zu Tränen. Nicht weil sie sentimental wäre. Sondern weil sie ein tiefes, echtes Gefühl ist, das man nicht erzwingen kann. Liebe ist da oder nicht da. Sie ist wahr. Oder sie ist keine Liebe. Deshalb kann auch wahrer Glaube nicht auskommen ohne sie. Liebe überfällt einen unkontrolliert, auch wenn es gar nicht zu passen scheint. Ob alt zu jung, schräg zu gerade, gleich zu gleich: Liebe  ist eine Macht, die macht, dass du lebst – lustvoll und energisch einem anderen Menschen zugewandt.


Kein Wunder, dass die Liebe dauernd das Wort ergreift. 15x mal Liebe allein im Predigttext. Sie ist der Lebenspuls. All you need is love, sangen schon die Beatles. Alles, was du brauchst, ist Liebe. Sie befreit zu Sinn und Sinnlichkeit und umarmt, was in uns zittert. Der Mensch vergeht ohne dieses zärtliche Gefühl. Ohne die Berührung von Fingerspitzen. Ohne den Blick der Anerkennung. Ohne das Augenzwinkern der anderen, das einen so ungeahnt glücklich macht. Der Mensch vergeht, wenn er nicht lieben darf. Und so meldet sich die Liebe dauernd zu Wort. Kaum ein Lied im Radio, kaum ein Film, ein Buch, ein Gedicht, das nicht sie zum Thema hätte. Weil sie da ist. Oder weil sie leider gerade nicht da ist.


Hier nun setzt unser Predigttext einen klaren Akzent. Die Liebe höret niemals auf, heißt es.  Natürlich ist auch Gott ist hier gemeint. Ihn, den man oft nur stückweise erfährt. Nicht sieht, aber glaubt. Erhofft. Und ja, sagt der Text: Gott ist da. Als große Liebe in der Welt. Und die bleibt, unerschütterlich, klar. Doch – 15 mal gesagt, tausendmal gehört, immer wieder besungen – erleben wir sie auch? Ist es nicht im Grunde ein sehr heikler Satz angesichts der Scheidungsraten: Die Liebe höret niemals auf? Wie erleben wir das Bleibende der Liebe? Wenn es doch auch dies gibt: Streit und Zorn. Ja, Gewalt. Kränkung. Einsamkeit. Gleichgültigkeit im Alltag.


Dazu eine kleine Szene aus einem der schönsten Liebesfilme: Der englische Patient. Da sieht man 1943 eine Krankenschwester gemeinsam mit einem Soldaten, der sie heimlich liebt, in einer verfallenen, dunklen Kirche stehen. Das Licht ihrer Fackel lässt erahnen, dass die Wände von oben bis unten voller wunderschöner Freskenmalerei sind. So gern möchte sie all diese Bilder sehen, sie trinken. Ihr Sehnen nach Lebendigkeit inmitten der Kriegsnöte rührt ihn. Kurzerhand knüpft er eine Schlinge in ein Seil, das wie eine Art Flaschenzug mitten im Raum hängt. So entsteht eine Schaukel, in die er sie behutsam setzt – und dann beginnt er mit aller Kraft, das Seil hochzuziehen, so dass sie beginnt durch den Raum zu schwingen, immer nah heran an die gemalten Wände. Bei jedem Schwingen erscheint ein neues Bild von Gottes Erbarmen. Sie schaut es an, schwingt zurück, entdeckt ein neues. Sie fängt an sich zu freuen, fängt an zu lachen. Plötzlich ist der dunkle Raum gefüllt mit bunten Bildern von Gott und den Menschen, mit Lachen, mit Liebe, mit Begehren.


Diese Szene erzählt unseren Predigttext. Denn es sind Menschen, die uns etwas gelehrt haben von der Kostbarkeit der Liebe. Eltern, Großeltern. Der Partner. Das Enkelkind. Der verliebte Soldat. Sie haben uns etwas gelehrt vom Vertrauen in die Liebe, die niemals auf-hört. Sie haben uns dies Vertrauen gelehrt, indem sie uns sanft in eine Schaukel gesetzt haben, die uns durch die Dunkelheit trägt. Damit in uns die Vielfalt aufscheint, mit der Gott uns geschaffen hat. Sie haben in uns zum Schwingen gebracht, dass es eine Kraft gibt, die bleibt, auch wenn wir sie nicht sehen können. Es sind Menschen, die uns gelehrt haben, liebesfähig zu sein. Zu streicheln, statt um uns zu schlagen. Zu ermutigen statt zu ängstigen. Sie haben Bilder in uns hinein gepflanzt, die uns barmherzig sein und hoffen lassen. Gott und Liebe, menschliche Liebe, also erotische Liebe, Geschwisterliebe, Gemeindeliebe, unsere Liebe und Gott gehören untrennbar zusammen,  sagt der Korintherbrief dazu.


Und deshalb bleibt die Liebe…- nicht nur etwas Privates. Etwas das nur zwei etwas angeht. Sondern wahre Liebe gewährt Gastfreundschaft. Sie lädt Freunde ein und liebt die Gemeinschaft. Denn sie sucht das Trennende zu überwinden. In unserer Gesellschaft. In unserer Ökumene. In unseren Gemeinden. Denn wir wissen doch, Um sich zu vereinen, braucht es nicht so viele kluge Worte. Es braucht vor allem Herzen, die über Mauern springen. Inneres Spiel, Raum, dass etwas wachsen kann. Und so sollte auch eine Pflanze in unserem Lebensgarten zu finden sein, die die Veränderung liebt. Die sich immer wieder aufmacht, Neues und Fremdes zu entdecken. Eine, die Vagabundis heißt. Eine Pflanze übrigens, die mir wie geschaffen scheint für den Lebenspfad in der igs. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie und was mit ungeahnter Schönheit nun zusammen wächst in diesem internationalen Garten. Und: ich freue mich sehr darauf, In ihm Hoch-Zeiten der unterschiedlichsten Couleur zu feiern, demnächst ja der Kirchentag, liebe Gemeinde. Apropos – haben Sie sich schon angemeldet? Oder ein Bett frei? Es kann auch ein zu kleines Haus sein…


Denn auch, indem wir Gastfreundschaft gewähren, bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe – in dieser Welt. Denn Vagabundis hin oder her: Wenn etwas zusammen wachsen will, braucht es das Bleibende, die Tiefe der Wurzel, die Tiefe des Gefühls. Unvergleichlich anrührend hat dies rin berühmter Dichter zwei Igeln zugedacht. Damit wir uns trauen, unsere Liebe zu erklären. Heute, morgen und übermorgen sowieso.  Robert Gernhard und seine zwei Igel erhalten nun das Schlusswort:


Versonnen blickt der Borstenigel,
ja fast bekümmert, auf die Hügel.


Auf Hügel und ins weite Land,
wo er einst die Liebste fand.


Die aber ist seit siebzehn Stunden
Ganz ohne Abschiedswort verschwunden.


„Wo bist du, Liebste“, ruft er laut.
„Wo bist du spitzbenaste Braut?


Du, deren Borsten Stachelpracht
Mich schier um den Verstand gebracht?


Du, deren holdes Tatzenpaar
So zierlich wie kein zweites war?


Du, die du derart reizend quiektest,
wenn du von mir ein Küsschen kriegtest?


Oh, lass mich hier nicht länger harren,
sonst- aber hör ich nicht ein Scharren?


Ein Schnaufen, das mir so vertraut?
So schnauft nur eine – meine Braut!


Ach Liebste, bist du nicht ganz nah?“
Und hell ertönt die Antwort: „Ja!“


„Ich glaub, ich schlief ein wenig ein.
Kannst du mir noch mal verzeihn?“


Und mild erfrischt der Abendwind
Zwei Igel, die sehr glücklich sind.


Liebe, sie ist das Größte. Möge uns der barmherzige Gott in Liebe zusammen halten und ermutigen, neue Horizonte auszumessen. Er sei in uns als weiter Raum und großes Herz. So dass wir ohne Furcht und segensreich unseren Lebenspfad gehen.  - Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahrt unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus,  menschgewordene Liebe Gottes.  Amen

Datum
03.02.2013
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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