Bischof Abromeit verurteilt Herausreißen von "Stolpersteinen"
12. November 2012
Greifswald. Bischof Hans-Jürgen Abromeit hat den jüngsten judenfeindlichen Vorfall in Greifswald scharf verurteilt. Kurz vor dem Jahrestag der Pogromnacht des 9. November 1938 hatten Unbekannte alle Greifswalder Stolpersteine, die an jüdische NS-Opfer erinnern, aus dem Pflaster gerissen. Die Polizei geht von einem rechtsextremistischen Hintergrund aus. Die Stadt hat Strafantrag gegen Unbekannt gestellt.
"Die, die sich als Kümmerer für die Nöte der Langzeitarbeitslosen anbieten und gleichzeitig Fackelzüge am Gedenktag der Reichspogromnacht organisieren und die Stolpersteine aus den Straßen entfernen, um den Raub der Menschenwürde und die Vernichtung unserer jüdischen Mitbürger vergessen machen zu wollen, die haben keine Lösungen für heute", sagte Abromeit am Sonntagabend in der Greifswalder Jacobikirche.
Mutig für ein christliches Menschenbild eintreten
Bei dem Gottesdienst zur Eröffnung der Friedensdekade 2012 unter dem Motto "Mutig für Menschenwürde" rief Abromeit dazu auf, in der Gesellschaft für ein christliches Menschenbild einzutreten. "Das Recht auf Leben, das Recht auf unversehrte körperliche Existenz und das Recht auf Arbeit gehören in diesem Menschenbild zusammen", so der evangelische Theologe. Er rief dazu auf, die Verhältnisse zu ändern, indem Christen „anfangen und Akzente setzen, Neues wagen, Widerstand leisten und protestieren, wo dieses Menschenbild verachtet wird."
Damit das Ziel der Täter – die auf den Stolpersteinen genannten ermordeten Juden vergessen zu machen – nicht erreicht wird, wurden im Gottesdienst deren Namen verlesen. Die Evangelische Studentengemeinde, die das Verlegen der Stolpersteine initiiert hatte, will mit der Stadt und der Universität dafür sorgen, dass diese sobald wie möglich ersetzt werden. "Die Namen der Opfer mahnen uns, dafür Sorge zu tragen", so Bischof Dr. Abromeit, "dass Zustände, in denen die Ermordung von Mitbürgern von der Mehrheit der Bevölkerung hingenommen wird, in Deutschland nie wieder eintreten."
Strafantrag gegen Unbekannt - 2500 Euro Belohnung
Unterdessen hat die Stadt Greifswald Strafantrag gegen Unbekannt gestellt und ebenfalls eine Belohnung von 2.500 Euro zur Ergreifung der Täter ausgelobt. "Wir wollen, dass die Täter schnell gefasst werden", teilte Oberbürgermeister Arthur König (CDU) am Montag in der vorpommerschen Hansestadt mit. Zuvor hatte bereits das Polizeipräsidium Neubrandenburg eine Belohnung in gleicher Höhe ausgesetzt.
Das Polizeipräsidium Neubrandenburg teilte auf Anfrage mit, dass bislang noch keine Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen seien. Die Polizei ermittle weiter mit Hochdruck.