Wort zum neuen Jahr

Bischof Dr. v. Maltzahn: 2016 – Auf dem Weg zu einem neuen Miteinander

Bischof Dr. Andreas von Maltzahn
Bischof Dr. Andreas von Maltzahn© Marcelo Hernandez / Nordkirche

31. Dezember 2015 von Andreas von Maltzahn

Schwerin. Ein bewegtes Jahr geht zu Ende. Gewalttat und Krieg sind uns näher gerückt.

 

Unsere Gesellschaft polarisiert sich in der Flüchtlingsfrage. Zugleich ist deutlich geworden, welches Potential an Mitmenschlichkeit in unserem Volk lebendig ist. Angesichts großer Herausforderungen lassen viele ihr Herz sprechen, engagieren sich und stellen Gemeinsinn vor persönliche Interessen.

Worauf wird es im neuen Jahr ankommen?

Unsere Gesellschaft steht vor großen Integrationsaufgaben: Nicht nur Flüchtlinge sollen ihren Platz bei uns finden. Auch Menschen in unserem Land, mit deren Notlage sich unsere Gesellschaft seit langem mehr oder weniger abgefunden hat, brauchen eine echte Perspektive. Schließlich stehen wir angesichts der Polarisierungen gemeinsam vor der Frage, was für eine Gesellschaft wir sein wollen.

Als Christ wie als Bürger bin ich überzeugt: Unser Grundgesetz bietet einen hervorragenden Orientierungsrahmen für die neu zu findende gesellschaftliche Übereinkunft. Es ist gut, in einem Land zu leben, in dem die Würde eines jeden Menschen geschützt wird – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Orientierung. Es ist gut, in einem Land zu leben, in dem Religionsfreiheit und Freiheit der Meinungsäußerung verbrieftes Recht sind. Es ist gut, durch das Grundgesetz daran erinnert zu werden, dass Eigentum verpflichtet. Es ist gut, in einem Land zu leben, in dem Mann und Frau gleichberechtigt sind. Für solche verfassungsmäßigen Grundlagen unseres Zusammenlebens – in ihrer Gesamtheit! – gilt es einzustehen, sie gegebenenfalls auch zu verteidigen.

Zugleich kommt es darauf an, all dies zu bewähren in der Art und Weise, wie wir in unserer Gesellschaft miteinander umgehen. Nehmen wir wahr, was andere bewegt – in Sorge oder auch Hoffnung! Trauen wir einander zu, veränderungsfähig zu sein und das Verbindende finden zu können! Problematisch wird es da, wo es kein Gespräch mehr gibt, sondern nur noch Parolen, wo Sorgen in Hass und Feindschaft umschlagen. Problematisch wird es da, wo Parteien und Gruppierungen Ängste schüren und politisches Kapital daraus schlagen. Der gesellschaftliche Friede braucht verbale Abrüstung und unsere breite Missbilligung jedweder Brandstiftung. Gott ermutigt dazu, klar in der Sache zu sein und zugleich keinen Menschen aufzugeben.

Auf dem Weg zu einem neuen Miteinander werden Schwierigkeiten und Rückschläge nicht ausbleiben. Dennoch ist dieser Weg lohnend, weil er uns fragen und erkennen lässt, was dem Leben dient. Gott stärkt uns den Rücken, wo wir in seinem Sinn leben. Dies gilt auch da, wo wir an Grenzen kommen oder gar scheitern. Denn das neue Jahr steht unter der Verheißung Gottes: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66,13a)

Ihnen allen ein gesegnetes, neues Jahr!

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