Jeder ist willkommen - Barrierefreiheit auf dem Kirchentag
04. Mai 2013
Hamburg. "So viele wie noch nie haben sich angemeldet", verkündet der Kirchentag stolz und meint damit die 1.660 Dauerteilnehmer mit Behinderung. Ob gehbehindert, gehörlos, blind oder geistig behindert, alle seien in Hamburg willkommen. Damit das Protestantentreffen für sie kein Hindernislauf wird, steht ihnen das "Zentrum Kirchentag Barrierefrei" bei Fragen und Problemen zur Verfügung.
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Der gehbehinderte Jakob Berthold aus Oldenburg ist auf einen Rollator angewiesen. Dennoch kommt der 28-Jährige jeden Tag mit der S-Bahn. "Wenn man weiß, wo es Fahrstühle und Hilfen gibt, dann kommt man auf dem Kirchentag gut zurecht", sagt er. Dafür müsse man aber immer den Kirchentags-Stadtplan dabei haben.
Am Info-Tresen des Barrierefrei-Zentrums mit den grünen Logos in der Messehalle B1 erfahren Teilnehmer, wie sie problemlos zu Veranstaltungsorten im Hafen kommen und wo sie einen Rollstuhl leihen oder ihren reparieren lassen können. Doch nicht nur Gehbehinderte finden Hilfe: Im angrenzenden Café und im Ruhebereich mit Liegen können sich Menschen zurückziehen, denen der Trubel in den Messehallen zu viel wird. Zudem werden Begleitdienste und Dolmetscher in Gebärdensprache vermittelt.
Endlich mehr Inklusion - dafür warben auch Samuel Koch und Bundespräsident Gauck
Für 100 Veranstaltungen steht eine Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher fest im Programm. Dazu gehörte auch das Gespräch des Bundespräsidenten Joachim Gauck mit dem in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..?" verunglückten, querschnittgelähmten Samuel Koch, einem prominenten Fürsprecher der Behinderten auf dem Hamburger Kirchentag.
Viele Vorträge oder Bibelarbeiten werden zusätzlich auch von einem Schriftdolmetscher übersetzt: Der Text erscheint dann Wort für Wort auf einem Monitor neben der Bühne. Menschen, für die Alltagssprache ein Hindernis ist, können sich Veranstaltungen in leichter Sprache aussuchen.
Gäste, die nicht in Bus und Bahn steigen können, nutzen den Fahrdienst. "Wir sind mit 80 Fahrzeugen und 107 Fahrern dabei", sagt Susann Kunde von den Johannitern. "In den ersten zwei Tagen haben wir etwa 2.600 Teilnehmer auf über 500 Fahrten transportiert." Wer bei der Anmeldung angegeben hat, dass er Hilfe bei der täglichen Anreise braucht, wird aus seinem Quartier abgeholt und zurückgefahren.
Broschüren in leichter Sprache, Geländepläne in Blindenschrift und Informationen auf CD teilt das "Zentrum Kirchentag Barrierefrei" jederzeit aus. "Wir haben sogar ein eigenes Programmheft, in dem nur die barrierefreien Veranstaltungen stehen", sagt Lars Kahl (25), der mit sieben weiteren ehrenamtlichen Helfern am Info-Tresen sitzt. "Viele fragen auch nach Sitzplatzkarten für Gottesdienste."
2.500 Menschen mit Behinderung haben sich angemeldet
Der Kirchentag gehört nach eigenen Angaben zu einer der größten behindertengerechten Veranstaltungen der Welt. 1983 gab es das erste "Service- und Begegnungszentrum" für Menschen mit Behinderung. Zum Protestantenfest in Hamburg, das an diesem Sonntag zu Ende geht, wurden insgesamt 2.500 Besucher mit Behinderung erwartet.
Für manche ist das Handicap nur vorrübergehend: Inge Kliem kann nach einer Operation den rechten Fuß nicht aufsetzen. "Nach zwei Tagen ging es mit Krücken nicht mehr", sagt sie. Für die restliche Zeit des Kirchentages schieben ihr Mann und ihre Tochter sie über das Gelände - in einem Leih-Rollstuhl vom Kirchentag.
Gebärden soviel du brauchst
Einladungsvideo des Kirchentags in Gebärdensprache: