Kindergärten - Orte gelebter Vielfalt
08. März 2018
Am 18. März ist Sonntag Judika - nordkirchenweit ein Tag der Gottesdienste und Aktionen rund um das Thema Vielfalt und Gerechtigkeit. Susanna Müller, 1982 bis 2017 Leiterin eines Evangelisch-Lutherischen Kindertagesheims in Hamburg-Lurup, berichtet über Kindergärten als Orte gelebter Vielfalt.
„Soll ich euch mal zeigen, wie ich beten kann? Meine Mama hat mir das gestern gezeigt.“ Dilara, fünf Jahre alt, stellt diese Frage ganz unvermittelt nach dem gemeinsamen Frühstück. Die anderen Kinder schauen zu ihr und nicken bejahend.
Dilara erhebt ihre Hände, murmelt Worte und vollzieht eine Niederwerfung. Danach spricht sie noch einmal deutlicher die Worte aus, arabisch sei das, sagt sie. Die anderen Kinder fangen nun an, einander zu zeigen, wie sie beten, einige sagen, sie beten nicht.
Begegnung mit verschiedenen Religionen
Für mich ist dies ein Moment gelungener Begegnung in den verschiedenen Religionen. 2016 feierten wir als Team nach zwei Jahren Inhouse-Weiterbildung den Abschluss der Theologisch Religionspädagogischen Grundqualifizierung (TRG). Sie vertieft den Ansatz der Interreligiösität in unserer Kindertagesstätte.
Wir haben dadurch den Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede unserer Religionen geschärft. Es geht darum, die Dimension der Göttlichkeit, der Spiritualität, des Menschseins täglich wahrzunehmen.
Zusammenhalt über Glaubensgrenzen hinweg
Nico kommt traurig in die Gruppe: „Bobby, mein Hund, ist tot. Aber der kommt bald wieder, sagt Papa.“ Meine Kollegin fragt bei den Eltern nach und hört, dass sie ihrem Sohn, zweieinhalbjährig, den Tod nicht erklären konnten.
Sie wollten ihn trösten mit der Hoffnung, dass der Hund sich erholt und wiederkommt. Die Gruppenpädagoginnen fangen das Thema auf. Ein Gespräch zeigt: Alle Kinder können zum Thema Tod etwas erzählen, Zwei- bis Vierjährige mit sehr unterschiedlichem familiären Hintergrund. Sie wollen sehen, wo Menschen begraben werden.
Gemeinsam besuchen sie den nahe gelegenen Friedhof und staunen über die Blumenpracht, das Vogelgezwitscher, auch über die Ruhe, weil kein Auto auf den Wegen fährt. „Papa hat Geld in die Türkei geschickt, Opa kann einen Stein kaufen – wie hier“, sagt Mehmet, dessen Oma gestorben ist.
In Kindertagesstätten können Kinder spüren, dass wir über alle (Glaubens-)Grenzen hinweg zusammenhalten sollen.