Grußwort der Landesbischöfin bei den Barbara-Schadeberg-Vorlesungen

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt: „Im digitalen Wandel mit ethischen Werten auseinandersetzen“

11. November 2022

Fördern und beflügeln! Zwei Worte nur, doch was sie für das Lernen und Leben an so vielen Evangelischen Schulen in Deutschland bedeuten, vielfach unterstützt durch die Schadeberg-Stiftung, lässt sich kaum überschätzen. Umso mehr freut mich, dass wir uns, liebe Frau Schadeberg, heute hier in Rostock begegnen!

Sehr geehrter, lieber Herr Rektor Prof. Dr. Scharek,

sehr geehrte, liebe Frau Prof. Dr. Kumlehn,

sehr geehrter Herr Vorsitzender der Schadeberg-Stiftung Prof. Dr. Schreiner,

meine sehr verehrten Damen und Herren und besonders: sehr geehrte Frau Schadeberg!

 

„Wir fördern und beflügeln!“ – so lautet das Motto Ihrer Stiftung. Und der Elan, mit dem die Schadeberg-Stiftung das Lernen und das Leben an Evangelischen Stiftungen seit Jahrzehnten fördert, inspiriert auch mich!

Für Ihr leidenschaftliches Engagement für Bildung in evangelischer Verantwortung UND für die wissenschaftliche Reflexion darauf in Gestalt der Schadeberg-Vorlesungen danke ich Ihnen persönlich von Herzen! Als Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland grüße ich Sie, die Mitwirkenden und Teilnehmenden der Schadeberg-Vorlesungen 2022 in der Hansestadt Rostock sehr herzlich!

Und das heutige Thema: „Religion und Digitalität – Evangelische Schulen im Wandel“ hätte nicht besser ausgesucht werden können für die Universität Rostock, deren Leitspruch ja lautet: „Traditio et innovatio“. Die Universität Rostock ist die älteste Universität im Ostseeraum und eine der ältesten Universitäten in Deutschland überhaupt.

Und die beiden Elemente ihres Leitspruchs - traditio et innovatio, Tradition und Erneuerung – haben sich offensichtlich durch die Jahrhunderte hindurch bewährt! Und beide beschreiben auch eine Wesensart des Evangelischen Glaubens.

Die beständige Erneuerung der Kirche hat im Protestantismus Tradition. Der Wandel gehört zur protestantischen Kirche sozusagen konstitutiv dazu - ecclesia semper reformanda. Ein wichtiger Schlüssel, um diesen als konstitutiv zur evangelischen Kirche gehörenden Wandel zu gestalten, ist in evangelischem Verständnis: Bildung.

Dazu zwei Beispiele. Erstes Beispiel. „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen“. Ob es wirklich Martin Luther war, der diesen Satz geprägt hat, sei dahingestellt. Unstrittig ist, dass die Reformation angesichts der vielschichtigen Krisen ihrer Zeit – Kriege, Hungersnöte, als pandemisches Phänomen die Pest und daraus folgend eine weit verbreitete, auch geschürte Angst vor dem Ende der Welt – aus heutiger Sicht auch als eine europäische Bildungsbewegung zu verstehen ist. Insbesondere auch für Frauen und Mädchen.

Der Reformator des Nordens, Johann Bugenhagen, hat sich klar und entschieden für die Gründung von Mädchenschulen eingesetzt. Nicht nur für sie war Bildung die Schlüsselressource: zu einem besseren, wissenschaftlich fundierten Verständnis der Heiligen Schrift und ihrer selbständigen Erschließung, zum Lernen und zur Beteiligung an Diskursen weit über den religiösen Raum hinaus und in weiterer Folge letztlich zur sozialpolitischen und pädagogischen Erneuerung des Landes - last but not least zur Förderung des Diskurses im öffentlichen Raum.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage: Der Wandel, um den es im Titel der heute beginnenden Vorlesungen geht, ist nicht nur ein digitaler Wandel. Sondern die Lehr- und Lernpersonen an Evangelischen Schulen sehen sich einem vielfältigen Wandel gegenüber: den notwendigen Veränderungen, die die Klimakrise für unser aller Leben mit sich bringt; einem ebenso notwenigen Wandel hin zu weltweiter Kooperation, weil unsere globalen Herausforderungen nur in gemeinsamer weltweiter Verantwortung gelöst werden können.

Kompetenzen für eine dazu nötige internationale, interkulturelle, interreligiöse Verständigung werden dabei zunehmend wichtig und bedeutend. Und nicht zuletzt erleben wir im digitalen Wandel auch einen Wandel der medialen Kultur. In all dem sind Evangelische Schulen nicht nur Orte des Lernens, sondern sie verstehen sich auch als Orte der Begegnung und des gemeinsamen Lebens.

Welche Kompetenzen brauchen also junge Menschen, um in einer globalen und digitalen Weltgesellschaft Orientierung zu finden, eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig zu leben? Welche Fähigkeiten sind notwendig, um im Bewusstsein der eigenen Verantwortung entscheidungs- und handlungsfähig zu sein?

Das theologische Motto der Schadeberg-Stiftung lautet: „Keiner für sich allein“ (1. Thess 5,11). Ein wichtiger Hinweis. Denn neben der Fähigkeit, inmitten digitaler Welten, in denen wir ständig auf Sendung und auf Empfang sein können, mit sich allein sein zu können, gehört zu einem christlichen Menschenbild die wesentliche Erkenntnis: Wir Menschen sind relationale Wesen., Beziehungswesen. Wir leben in Beziehungen mit anderen Menschen, mit allem lebendigen, mit Gottes Schöpfung, mit Gott. Oder, wie es das Motto der Schadeberg-Stiftung sagt: keiner lebt für sich allein, keiner lernt für sich allein. Keiner wird allein glücklich.

Deshalb gehören zum globalens Lernen ethische Werte dazu: Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe, Bewahrung der Schöpfung, die Fähigkeit zu einem friedlichen Miteinander weltweit. „Schulen sind Werkstätten der Menschlichkeit“, so hat es der Pädagoge Johann Comenius einmal gesagt. Ihm ging es um Lernen mit mehr Vergnügen und weniger Verdruss, vor allem aber: für mehr Frieden in Europa. Dies hielt Comenius nur durch den Einbezug einer religiösen Dimension für möglich.

Heute ist das in neuer Weise wichtig. Denn Kinder haben ein Recht auf Bildung, auch auf religiöse Bildung. Mit einer die religiöse Dimension einbeziehenden Bildung werden Identitätsbildung und Pluralismusfähigkeit befördert – in unserer demokratischen, multireligiösen und pluralen Gesellschaft ist beides ebenso gefragt wie notwendig. Evangelische Schulen in, mit und unter den Bedingungen der Digitalität.

Mit unserer Schulstiftung übernehmen wir als Nordkirche dafür Verantwortung: Wir beteiligen uns an der Bildung heranwachsender Generationen. Wir kommen dem Auftrag des Evangeliums nach, für alle Menschen mit ihren Gaben und Fähigkeiten da zu sein, gerade in, mit und unter den Bedingungen der Digitalität. Sie eröffnet Chancen, globale Strategien des Lernens auszutauschen und miteinander verantwortlich zu handeln. Die UNESCO nennt als wichtige Dimensionen für Global Citizenship Education: Verständnis für globale Zusammenhänge, ethische Urteilskompetenz, Förderung von auf Menschenrechten beruhenden Wertvorstellungen, Empathie, Solidarität und Respekt für Diversität und Vielfalt.

Evangelische Schulen tragen dazu bei, diese Ideale mit Leben zu füllen in Stadt und Land. Viele Schulen in evangelischer Trägerschaft sind ein kultureller Anziehungspunkt - auch für die Bezugspersonen der Kinder, die bislang kaum Kontakt zur Kirche hatten. Evangelische Schulen eröffnen Erfahrungsräume für Demokratie und Vielfalt, praktizieren soziale Teilhabe und bilden durch ihre Verbundenheit im christlichen Glauben neue Formen von Gemeinden in Stadt und Land. Vor allem aber tragen sie dazu bei, im Kontext einer digitalen Kultur, in der nicht mehr nur Nachrichtenredaktionen den öffentlichen Diskurs gestalten, sondern in der im Grunde jede und jeder ihn mitgestalten kann, für die Wahrheit zu sensibilisieren und den Sinn der Suche der Wahrheit neu zu entdecken.

Mögen die Vorträge der Rostocker Schadeberg-Vorlesung uns Lust machen, die Aufgabe religiöser Bildung im digitalen Wandel neu zu entdecken! Mögen sie das große Ziel der Didactica Magna stärken: mehr Frieden durch mehr Bildung! Und mögen die Rostocker Schadeberg-Vorlesungen uns näher zusammenbringen in dem Wunsch: Wir fördern und beflügeln zusammen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Datum
11.11.2022
Quelle
Kommunikationswerk der Nordkirche
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