Experten suchen Ursachen von Pilzbefall an Kirchenorgeln

Manchmal schwingt auch der Schimmel mit

 In den vergangenen Jahren tauchte Schimmelpilz an Kirchenorgeln häufiger auf, obwohl die Luft grundsätzlich von Pilzsporen durchsetzt ist. Ohne Säuberung verändert der Schimmel den Ton.
In den vergangenen Jahren tauchte Schimmelpilz an Kirchenorgeln häufiger auf, obwohl die Luft grundsätzlich von Pilzsporen durchsetzt ist. Ohne Säuberung verändert der Schimmel den Ton. © epd-bild / Steffen Schellhorn

06. Februar 2014 von Simone Viere

Dass Kirchenorgeln nach Jahrhunderten wegen mechanischer Schäden repariert werden müssen, ist auch Laien klar. Doch in jüngster Zeit sind auch neuere Instrumente bedroht: Schimmel an Pfeifen verändert den Ton und verursacht enorme Reinigungskosten.

Steile und schmale Treppchen führen durch das Innere der Orgel, links und rechts stoßen die Ellbogen an Balken. Es riecht nach Holz und Staub. In der Ladegast-Orgel des Merseburger Doms lauert der Feind eher versteckt. An den Querstreben zwischen den Pfeifen aus Holz und Metall taucht er auf: der Schimmelpilz. Die größte Gefahr seien Anhaftungen an den Pfeifen, sagt Christoph Zimmermann, Orgelreferent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Ohne Säuberung verändert der Schimmel den Ton

Denn ohne Säuberung verändert der Schimmel den Ton. Wenn er nicht beseitigt wird, bildet der Pilz schließlich Kolonien. Die Konsequenz: Jede einzelne Pfeife muss entnommen und gereinigt werden. "Da können je nach Größe der Orgel leicht Kosten in einem fünfstelligen Euro-Betrag zusammenkommen", sagt Zimmermann.

Im Extremfall könnte eine Orgel nicht mehr gespielt werden - für die jährlichen Merseburger Orgeltage wäre das eine Katastrophe. Das Instrument im Dom umfasst rund 5.700 Pfeifen. Es wurde von dem bekannten Orgelbaumeister Friedrich Ladegast (1818-1905) geschaffen und 1855 feierlich geweiht, als erste romantische Großorgel in Mitteldeutschland.

Im Extremfall könnte eine Orgel nicht mehr gespielt werden

Als Problem tauchte Schimmelpilz an Kirchenorgeln erst in den vergangenen Jahren auf, obwohl die Luft grundsätzlich von Pilzsporen durchsetzt ist. Um die Ursachen herauszufinden, plant die mitteldeutsche Kirche ein Forschungsprojekt, das die Pilze im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe nehmen soll. Aus den Ergebnissen sollen Gegenstrategien entwickelt werden.

Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und mangelnder Luftaustausch zählt Zimmermann als mögliche Ursachen auf. "Bislang sind das aber alles nur Vermutungen", räumt der Fachmann ein. Schwierig ist eine Beurteilung auch, weil Angaben über einen Befall aus vergangenen Jahrhunderten fehlen. Die Anzahl von Kirchenorgeln auf dem Gebiet der mitteldeutschen Kirche schätzt Zimmermann auf 4.000. Vielleicht 100 davon könnten von Schimmelpilzen akut befallen sein.

"Wenn sich über Jahrzehnte Staub ansammelt, wächst auch der Schimmel"

Bei der Merseburger Domorgel wurde vor wenigen Jahren erstmals Schimmelbefall entdeckt. Die Pilze wuchsen auf dem Staub, der das Holz überzog. Bei einer mikrobiologischen Untersuchung seien rund 15 verschiedene Pilzvarianten festgestellt worden, berichtet Dombaumeisterin Regine Hartkopf. Eine der häufigsten Arten ist der Aspergillus glaucus, auch Gießkannenschimmel genannt. "Wenn sich über Jahrzehnte Staub ansammelt, wächst auch der Schimmel", warnt Hartkopf. Und die Gefahr nimmt zu, denn heute gibt es weniger Kantoren - und mehr verstaubte Orgeln.

"Schimmel an Orgeln ist ein in wachsendem Maße ernstzunehmendes Problem", sagt Martin Ammon, der das gemeinsame Büro der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Stiftung Orgelklang in Hannover leitet. Über das Ausmaß lägen jedoch keine verlässlichen Daten vor. Zu Ursachen und therapeutischen Gegenmitteln gebe es aber schon verschiedene Merkblätter und Handreichungen.

Heute gibt es weniger Kantoren - und mehr verstaubte Orgeln.

Orgeln seien generell wartungsbedürftige Instrumente und der finanzielle Aufwand erheblich, sagt der Theologe. Nach aktuellen Förderanträgen wären es für Sanierungen durchschnittlich 123.000 Euro pro Instrument. Für ganz Deutschland werde mit einer Anzahl von insgesamt 50.000 Kirchenorgeln beider großen christlichen Konfessionen gerechnet. Etwa ein Fünftel von ihnen stammt aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert.

Auch im sachsen-anhaltischen Merseburg bleiben die Experten am Ball, dort besteht ein Pflegevertrag. Schließlich soll 2015, wenn der 1.000. Jahrestag der Grundsteinlegung für die ottonische Vorgängerkirche gefeiert wird, auch die Domorgel sauber klingen.

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