4. Juni 2017 | St. Johannis Eppendorf

Mit Klängen, die den Aufbruch wagen!

04. Juni 2017 von Kirsten Fehrs

Pfingstsonntag, Festgottesdienst zur 750-Jahr-Feier, Predigt zu Johannes 14, 23-27

Predigttext: Johannes 14, 23-27
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. 

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen

Frieden und Segen – das wünsche ich Ihnen allem voran, liebe St. Johannis-Festgemeinde. Frieden und Segen zu diesem besonderen Jubiläum Ihrer Dorfkirche mitten in der Stadt. Verbriefte 750 Jahre ist sie mindestens alt - und wenn ich Sie als Gemeinde so anschaue in ihrer farbenreichen Vielfalt und Lebendigkeit, muss ich schon sagen: Sie haben sich wirklich gut gehalten…Was könnte besser passen, als die Freude und die heute so spürbare Dankbarkeit in einem Pfingstgottesdienst zum Ausdruck zu bringen! Hat doch nicht nur St. Johannis, sondern just an Pfingsten auch die christliche Kirche Geburtstag. Und also laden heute zwei äußerst agile, lebensfrohe Hochbetagte zum Geburtstagsfest. Zwei, die schon eine Menge hinter sich haben – und so viel Verheißungsvolles vor sich. Das alles will gebührend gefeiert werden. Gleich drei Festwochen haben Sie angesetzt - beginnend im Februar, jetzt zu Pfingsten und dann schließlich im November. Und das alles auch noch im Reformationsjubiläumsjahr 2017 - man kann von Ihnen wahrlich lernen: wenn schon feiern, dann richtig!!

Mit Pauken und Trompeten samt Telemann und dieser großartig dargebotenen Pfingstkantate. Mit Klängen also, die den Aufbruch wagen! Denn das ist Pfingsten – die Ermunterung durch einen stets neuen Geist, der wirklich weht. So wie ich es vergangenen Sonntag beim Abschlussgottesdienst des Kirchenages auf der Elbwiese in Wittenberg erleben durfte. Mit jedem sonnigen Windhauch wurden wir hinein genommen in pure Lebensfreude, Zugewandtheit, ja in Gottes Wunderwirken. Lauter fröhliche, aufeinander zugehende Menschen, ohne irgendeine Quengelei, grandios. 120.000 Menschen vor der Silhouette der Lutherstadt. Und so nun auch wir – mit gefühlt all den Tausenden, die früher einmal auf diesen Kirchenbänken saßen. Auch wir leben, ja atmen des Geistes Gegenwart. Gemeinsam. Gut protestantisch. Und ökumenisch. In dieser Eppen-Dorf-Kirche. Mitten in der Metropole.

Mitten in Jerusalem vor über 2000 Jahren – da wehte er zum ersten Mal. Die Menschen spürten nach all dieser Todtraurigkeit auf einmal wieder so viel Lebendigkeit und Zuversicht. „Fühlten mit Entzücken das Säuseln seiner Gegenwart“ – so die Kantate. Und dann fingen alle gleichzeitig an zu predigen. Eine wunderbare Vorstellung für eine Jubiläumspredigt, liebe Gemeinde! Was wäre das für ein heiliges Durcheinander! Wie damals. Durcheinander waren sie nämlich auch deshalb, weil sie sich tatsächlich einmal verstanden! Mühelos haben sie in verschiedenen Sprachen gesprochen und einen gemeinsamen Geist gelebt. Integration – besser geht´s nicht. Jeder Mann und jede Frau hatte Anteil an der Gemeinschaft, hatte Anteil am Wort und am Feuer der Liebe. So unterschiedlich sie waren, dort wie hier, jeder erlebte mit Herz und Kopf, was Jesus gemeint haben musste, als er seine Abschiedsworte sprach, die wir eben im Evangeliums hörten: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.

Wo die Liebe wohnt, da wohnt Gott, heißt das. Dort also, wo Menschen dankbar sind für ihr Leben und dass sie einander haben. Wo sie sich Sorgen umeinander machen und wo ein Wimpernschlag den anderen heiß rührt. Dort, wo das Kind den Kopf in einen Schoss legt, wo zwei reden, um wieder zueinander zu finden, wo gekämpft wird für die verletzte Würde eines anderen, wo Menschen im Schweigen miteinander tragen, was keine Worte hat – überall dort, wo bei euch die Liebe wohnt, da wohnt auch Gott in Christus. Da ist er gegenwärtig. Mit seiner Lebenskraft. Seinem Segen. Und seinem Frieden.

Meinen Frieden gebe ich euch…. Jesus fasst unsere christliche Botschaft des Lebens in nur fünf Worte.Keine wortreichen Versprechungen, wie wir sie zuhauf auf dem Marktplatz der Welt hören, sondern Verheißung. Keine Vertröstung, sondern Trost. Keine Phrase, sondern Wahrheit. Was für eine Botschaft in diesen Zeiten, in denen Lügen und Fake News salonfähig zu werden scheinen. Wobei ja nicht allein die Lüge das Schlimmste ist, sondern das Verschwimmen dessen, was Wahrheit ist. Es braucht das klare Wort der Christengemeinschaft jetzt, liebe Gemeinde. Offen und öffentlich! Es braucht den Geist der Wahrheit. Und diese Wahrheit unseres Glaubens liegt in der Liebe, die erfasst, was den Menschen in seiner Wirklichkeit wirklich bewegt. Was ihn dankbar macht oder trostbedürftig. Dass wir gerade heute mit großer Erschütterung erneut einen Terroranschlag beklagen, der nach Manchester in der vergangenen Woche nun gestern Abend in London so viele Menschen getötet und verletzt hat. Verstört gedenken wir ihrer, trauern mit den Opfern und ihren Familien und beten für die Verletzten. Es gibt so vieles derzeit in der Welt, schauen wir allein nach Syrien!, was uns ersehnen lässt, dass es sich endlich ändern möge. Und deshalb sind wir Kirche mitten im Dorf respektive mitten in dieser Welt! Kirche, die sich stets prüft und fragt – so wie wir es eben in der Arie hörten: „Wer lehrt uns den Weg des Friedens wandeln, der größten Liebe würdig handeln?“

Durch all die bewegten Zeiten hindurch.

750 Jahre allein hier. St. Johannis als Kirche des Friedens, die Geborgenheit gibt auch in verzweifelten Zeiten. So irrsinnig,abgründig und friedensfern war es besonders während der Nazidiktatur und zweitem Weltkrieg. 1942/43 fielen ja auch hier die Bomben, fast hätte diese Kirche ihn nicht überstanden..

St. Johannis – sie ist eine Kirche der Geborgenheit. Mit ihrem wuchtigen Turm einerseits und diesem feingeschnitzten Kirchenschiff in wunderbarem Licht andererseits. Und dank einer faszinierend lebendigen Gemeindearbeit sind diese kunstvollen Kirchenbänke denn auch oft und gern gefüllt. Denn in dieser Gemeinde lebt eine ganz besondere Liebe zum Gottesdienst. Angefangen vom 8 Uhr- Morgengebet seit 50 Jahren – das gibt es ja sonst nirgends! – bis hin zur lutherischen Messe jeden Sonntag sind alle willkommen: Kind, Konfirmandin, Kirchenferne und die Katholiken auch. Es geht Ihnen um die Gemeinschaft derer, die ein Geist eint – und deshalb ist Ökumene ebenso wie Jugendarbeit Herzenssache. Beeindruckend auch die vielen Hochzeiten, manchmal vier Trauungen am Tag. Ein Segen, nicht nur für die Brautpaare, sondern insgesamt für unsere Kirche und für diese Stadt, dass Sie sich dieser Aufgabe mit soviel Wärme und Engagement annehmen! Danke dafür! Und musikalisch ist´s hier ja sowieso vom Feinsten, wie zu hören war. Mit einer wunderbaren Kantorei und Kammerorchester.

Ich danke Ihnen allen von Herzen - den Kirchenmusikalischen, all den Ehren- und Hauptamtlichen, den Pastoren heute und früher – ich danke Ihnen für Ihr segensreiches Tun. Danke für Ihre Liebe zur Ihrer – und unserer J - Kirche als (Achtung Gemeindeleitbild !) lebendige, feiernde, einladende und dienende Gemeinde Jesu Christi. Und ich danke Gott, dass er Ihnen die Kraft gibt, dass diese Kirche im Eppen-Dorf so vielen Menschen nahe ist mit Trostgeleit und Hoffnungswort, mit diakonischer Tatkraft und unbeirrbarem Friedenssehnen.

Über die Zeiten hin bis heute - meinen Frieden gebe ich euch. Auch die Menschen in Jerusalem damals haben ihn ersehnt. Und bei diesem Pfingstfest, da haben sie auf einmal mit allen Sinnen erfasst, was es heißt, den Schrecken zu verlieren und in Frieden zu sein.  Sie wirkten so erlöst! Frei. Aufrecht. Froh. Und die anderen mokierten sich: Am frühen Morgen seien sie schon randvoll von süßem Federweißer!

Was für ein Irrtum, liebe Gemeinde. Das, was die von draußen für einen Vollrausch hielten, war in Wirklichkeit die heilsamste Ernüchterung, die unserer Welt je widerfahren ist: Die Einkehr göttlicher Geistesgegenwart in eine mehr oder weniger geistesabwesende Menschheit. Damals und heute. Denn es ist doch bei allem Segen eines Festes auch dies zu merken: Kaum ein Alltagsleben, das nicht unerfüllte Wünsche mit sich trüge, diese Sehnsucht, dass etwas anders wäre im Leben. Dass die Partnerschaft heil, die Kinder immer klug, der Geliebte gesund, die Berufskarriere stets erfolgreich, die Gemeinde Jesu Christi konfliktfrei sei. Alles, wie es manchmal gerade nicht ist. Und so weichen wir ja auch gern mal aus und träumen uns in einen eigenen Himmel. Verlassen die Wirklichkeit und verabschieden uns in die Beschäftigung mit uns selbst. Oder mit dem I-Phone. Immer mehr sind wir eine Gesellschaft der Geistes-Abwesenden. Dabei wird gerade jetzt unsere Aufmerksamkeit gebraucht – bei all den Zertrennungen in unserer Welt. Es braucht eine Gemeinschaft, die Haltung zeigt! Die auf Wahrheit hält, Verbindlichkeit sucht und Mitgefühl zeigt.

Die gute Nachricht nun: Dieser Geistesabwesenheit macht der Heilige Geist ein Ende. Er tut das, in dem er kommt, vom Himmel – vom wirklichen und nicht irgendeinem erträumten Himmel - auf die Erde. Er kommt ohne Anmeldung, um bei uns im Herzen zu wohnen. Um uns beizustehen. Und uns Kraft zu geben, dass wir uns den sozialen und politischen Herausforderungen dieser Stadt stellen können. Kurz: Er kommt, um mit uns zusammen ganz da, ganz präsent zu sein in dieser Welt.

Denn Gottes Geist stellt sich der Wirklichkeit mit all ihren Widersprüchen und flieht nicht. Und so holt er uns auf den Teppich zurück und sagt: Hiergeblieben! Er will uns bewegen, wie er ganz da zu sein und es mit den Gegensätzen in der Welt aufzunehmen. Denn das ist sein Werk: Zusammen zu halten, ja: neu zu vereinigen, was uns zu trennen droht. Dabei schenkt er uns, und das ist das Besondere, Gemeinschaft an Orten wie diesen hier: „Er sammelt draus zu seinen Ehren sich eine ewge Kirch auf Erd, die er von Anfang schön erbauet“ – so vorhin der Choral. (Und da hat er mit St. Johannis wahrlich ganze Arbeit geleistet...)  Und das bedeutet auch: Wir sind Teil dieser Welt, aber wir gehen nicht auf in ihr. Jeder Christ, jede Christin trägt in sich auch ein Gegenmodell zur Welt, wie sie ist. Nicht in Abschottung, sondern als Ansporn, als Idee, als Hoffnungszeichen für die Welt.

So nehmt dies Wort nun mit, für die nächsten 750 Jahre: Meinen Frieden gebe ich euch. Ich gebe euch anderes, als die Welt gibt. Deshalb erschrecke Euer Herz nicht und fürchte sich nicht. Also, hiergeblieben, liebe Gemeinde, in dieser Welt, mit Herz und Verstand. Und Geistesgegenwart. Damit die Sprache des Friedens nicht nur gehört, sondern auch verstanden wird.

Frohe Pfingsten, liebe Festgemeinde zu Eppendorf!

Seid gesegnet mit dem Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft. Er bewahre unser aller Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

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