Pflichtbesuche von Schülern in KZ-Gedenkstätten gefordert
26. Januar 2015
Alle Schüler ab der 9. Klasse sollten verpflichtend eine KZ-Gedenkstätte besuchen. Das schlägt der Zentralrat der Juden vor. Zugleich ist das Interesse an Besuchen in Gedenkstätten gestiegen.
Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat der Zentralrat der Juden die Bundesländer aufgefordert, im Schulunterricht mehr Informationen über den Holocaust zu vermitteln. Zentralrats-Präsident Josef Schuster schlägt vor, "dass jeder Schüler ab der neunten Klasse verpflichtend eine KZ-Gedenkstätte besucht". Alle Länder, in denen dies noch nicht der Fall sei, seien gefragt, eine entsprechende Regelung einzuführen, sagte Schuster <link http: www.noz.de deutschland-welt politik artikel _blank link-extern>in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Theorie und Unterricht sind schließlich die eine Sache, das konkrete Erleben vor Ort, die plastische Anschauung die andere", erklärte Schuster zur Begründung. Zugleich betonte er, dass sich die Holocaust-Gedenkkultur in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren positiv gewandelt habe. "Dies hat sicherlich auch damit zu tun, dass aus der Generation der Täter nur noch wenige leben und die jüngere Generation offener über dieses Thema spricht", sagte der Zentralrats-Präsident.
Stolpersteine "eine gelungene Aktion"
Eine ritualisierte Gedenkkultur empfinde er nicht als negativ: "Im Gegenteil. Ich begrüße es, dass es feste Termine im Jahresablauf gibt, um sich an Ereignisse zu erinnern", sagte Schuster. Ergänzend sprach sich Schuster für andere Gedenkformen aus. Namentlich hob er die "Stolpersteine" des Künstlers Gunter Demnig, mit denen dieser in vielen Städten an NS-Opfer erinnert, hervor: "Diese Aktion finde ich sehr gelungen."
Eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar belegt ein anhaltend hohes Interesse an den Verbrechen während der NS-Diktatur. Die Zahl der Besucher in den deutschen KZ-Gedenkstätten ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Allein in die KZ-Gedenkstätte Dachau bei München kamen 2014 weit über 800.000 Menschen, 100.000 mehr als in den Jahren zuvor. In der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Berlin wurden mehr als eine halbe Million Gäste gezählt. Nach Buchenwald und Mittelbau-Dora in Thüringen kamen zusammen rund 560.000 Menschen. Und in der Gedenkstätte Neuengamme bei Hamburg wurden 2014 erstmals mehr als 100.000 Gäste registriert.
Am Dienstag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz in Polen zum 70. Mal. Dort kamen während des Zweiten Weltkrieges durch industriell betriebenen Massenmord rund 1,1 Millionen Menschen ums Leben. Insgesamt fielen dem Mord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten rund sechs Millionen Menschen zum Opfer. Verfolgt und in großer Zahl getötet wurden auch Regimegegner, überzeugte Christen, Sinti und Roma oder Homosexuelle.