11. Tagung der Landessynode der Nordkirche beendet

Präses Hillmann: „Engagement für Frieden beginnt vor der eigenen Haustür“

Ulrike Hillmann, Präses der Landessynode der Nordkirche
Ulrike Hillmann, Präses der Landessynode der Nordkirche© Marcelo Hernandez, Nordkirche

18. September 2021 von Maren Warnecke, Annelie Haack-Birgden

Lübeck-Travemünde. Mit dem Zwischenbericht zum Stand des Zukunftsprozesses Horizonte hoch5 der Nordkirche, den Beratungen zum Grundsatzpapier Frieden sowie der zweiten Lesung von Kirchengesetzen ist heute (18. September) die 11. Tagung der II. Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) beendet worden.

Breiten Raum hatte seit Donnerstag das Kirchengesetz zur Regelung der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingenommen, das heute Vormittag mit stehenden Ovationen von den Landessynodalen beschlossen wurde. Mit dem Gesetz soll unter anderem die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Entscheidungsprozessen gestärkt werden. Dr. Henning von Wedel, Mitglied der Kirchenleitung, hatte das Gesetz vorgestellt und gefordert: „Kinder und Jugendliche müssen so mitgenommen werden, dass sie sich respektiert und anerkannt fühlen. Das ist das A und O.“

Künftig wird es eine obligatorische Mindestquote für junge Menschen im Alter von 18 bis 27 Jahren bei der synodalen Zusammensetzung auf landeskirchlicher und Kirchenkreisebene geben. Auch in Kirchengemeinderäten werden die Belange von Kindern und Jugendlichen mit einer kirchengesetzlich geregelten Interessenvertretung gestärkt. Das heutige Votum freute Malin Seeland, Vorsitzende des synodalen Ausschusses „Junge Menschen im Blick“: „Mit diesem Kirchengesetz haben wir die Chance auf Veränderung. Es bedeutet nicht mehr Arbeit, sondern mehr Partizipation.“

Präses Ulrike Hillmann sagte in ihrem Resümee: „Mit diesem Gesetz hat die Nordkirche wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Es ist ein sehr wichtiges Signal an die junge Generation, sich zu engagieren und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erhalten so eine starke Stimme in der Nordkirche. Ich bin mir sicher, dass sie diese zum Wohl unserer Kirche und unserer Gesellschaft erheben werden.“

In Ihrem Bericht als Landesbischöfin warb Kristina Kühnbaum-Schmidt am Freitag für entschlossenes Handeln angesichts der globalen Herausforderungen.Dabei machte sie deutlich, dass die Erfahrungen der Pandemie und die katastrophalen Folgen des Klimawandels zeigen, „wie sehr das, was in einem Teil der Welt geschieht, auch gravierende Auswirkungen auf alle anderen hat. Die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind globale Herausforderungen. Und: Sie sind zugleich auch Herausforderungen für unsere Nordkirche, für alle Sprengel, für alle Kirchenkreise, für jede Gemeinde. Sie erfordern, dass wir schnell und entschlossen handeln.“Um diesen und auch den kommenden Herausforderungen entgegentreten zu können, entwickelte sie das Bild einer kooperierenden Kirche. Und sie betonte: „Wir brauchen dazu eine Ethik des Vertrauens und der Kooperation sowie unsere Mitarbeit an einem globalen Gemeinsinn.“

Neben Schwerpunkthemen wie Digitalisierung, Klimaschutz und Ökumene, war die Arbeit der Kirchenleitung während der Pandemiezeiten Teil des Berichtes der Landesbischöfin als Vorsitzende der Kirchenleitung: „Angesichts sich ständig verändernder Verordnungen der Bundesländer hat sich die Kirchenleitung in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskirchenamt und insbesondere mit den Landeskirchlichen Beauftragten der Aufgabe gewidmet, für einen sicheren Rahmen kirchlichen Handelns in der Corona-Pandemie zu sorgen. Ich danke für viele, sehr viele Beratungsstunden und immer wieder aktualisierte Handlungsempfehlungen insbesondere den Mitgliedern des Krisenstabes aus Kirchenleitung, Landessynode, Landeskirchenamt sowie den Landeskirchlichen Beauftragten und den Untergruppen, die sich jeweils zur möglichst schnellen Bearbeitung und Abstimmung gebildet haben.“

Bereits am Donnerstag hatte Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprengel Hamburg und Lübeck) gemeinsam mit Dr. Alke Arns, Leiterin der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt, und Mitgliedern der landeskirchlichen Unterstützungsleistungskommission (ULK) über den Stand der Präventionsarbeit in der Nordkirche berichtet. Seit 2012 hatte die unbürokratisch agierende ULK in vertraulichen Gesprächen 70 individuelle Einigungen erzielen können, immer gemeinsam mit Betroffenen beziehungsweise deren Lots*innen (Vertrauenspersonen). Bischöfin Fehrs mahnte: „Wir müssen als Kirche alles dafür tun, einen Haltungs- und Kulturwandel zu befördern, indem wir für das Thema flächendeckend sensibilisieren und es aus der Tabuzone herausholen.“

„Nachdenklich und betroffen, aber auch mit großer Dankbarkeit hat die Synode den Bericht von Bischöfin Fehrs über die Arbeit der Unterstützungsleistungskommission für  Opfer und Betroffene von sexuellem Missbrauch  entgegengenommen“, resümierte Präses Hillmann. „Die Synode hat in den Beratungen betont, dass die Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt eine bleibende Verpflichtung und Herausforderung für die Nordkirche ist.“

Schwerpunkt des heutigen dritten Synodentages waren die weiteren Beratungen zum Friedensprozess der Nordkirche. Mit einem Grundsatzpapier konkretisierte die Landessynode die Haltung und Position zum Thema. In dieser Grundhaltung zum Thema Frieden will sich die Nordkirche den komplexen konkreten politischen Fragen der Zeit stellen - immer dazu lernend mit kirchlichen und außerkirchlichen Partner*innen und in dem Bewusstsein, dass das Engagement für Frieden einen langen Atem braucht und akuten Krisen langwierige politische, soziale und ökonomische Entwicklungen vorausgehen. „Es gibt viel zu tun, wenn wir den Ansprüchen, die wir an politische und gesellschaftliche Akteure formulieren, an uns selbst anwenden. Aber billiger ist es nicht zu haben“, sagte Pastor Friedemann Magaard, Vorsitzender des initiierenden Ausschusses Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Präses Ulrike Hillmann: „Die Beratungen zum Synodenthema „Reden über Frieden“ haben deutlich gemacht, dass das Engagement für den Frieden vor der eigenen Haustür beginnt und einen langen Atem braucht. Ich freue mich, dass die Synode sich engagiert für gelebte und gestaltete Vielfalt in unserem Land und darüber hinaus einsetzen will.“

Heute Vormittag führte Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt als Vorsitzende der Koordinierungsgruppe des Zukunftsprozesses der Nordkirche in einen ersten Zwischenbericht dazu ein. Dabei zeigte sich, dass bereits viel erreicht wurde. In einer ersten Beteiligungsphase wurden rund 1.000 Rückmeldungen ausgewertet. Sie hatten Aufschluss über Herausforderungen, Zukunftsbildern, notwendige Schritte und Rahmenbedingungen für die Zukunft der Nordkirche gegeben. Die Koordinierungsgruppe hat daraus verschiedene Perspektiven für Veränderungen und Weichenstellungen entwickelt.

„Vielfach wurde uns zurückgemeldet, dass die allein territorial verortete Kirchengemeinde zunehmend weniger mit der mobilen Lebenswirklichkeit der Menschen zusammenzupassen scheint und dass viele sich neue Formen von Kirche an anderen Orten und im Sozialraum wünschen. Damit verändern sich auch die Anforderungssituationen für Gemeinden, übergemeindliche und diakonische Einrichtungen. Es bedarf einer dialogischen Verständigung zwischen Kirche und Diakonie zur jeweiligen Rolle im Gemeinwesen“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt.

Die Landessynode hat während ihrer 11. Tagung außerdem mehrere Kirchengesetze beraten und beschlossen. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt nahm eine Petition der „Christians for Future“ zu den Klimaschutzzielen der Nordkirche entgegen. Den Gottesdienst der Landessynode gestaltete am Freitagabend Bischof Gothart Magaard (Sprengel Schleswig und Holstein) im Brüggemanngarten.

Die 12. Tagung der II. Landessynode ist vom 18. bis 20. November 2021 präsentisch in Lübeck-Travemünde geplant.

 

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