Digital und spirituell: Die Zukunft der Kirche auf Reisen
22. März 2018
Unter dem Motto „Kirche als Programm oder Kirche mit Programm? – Chancen und Nutzen für kleine und große Kirchen“ sind mehr als 100 Menschen aus Tourismus und Kirche zum Fachkongress der Nordkirche in Hamburg zusammengekommen. Dabei ging es vor allem darum, wie die Spiritualität des Reisens im modernen, zunehmend digitalen Tourismus ihren Ausdruck finden kann.
Dass die Digitalisierung eine entscheidende Triebfeder für den modernen Tourismus ist, hielt schon Sascha Albertsen, Kommunikationschef von Hamburg-Marketing, in seinem Vortrag zu Beginn des Kongresses fest. Denn durch entsprechende Info-Apps fürs Smartphone könne man die Besucher dort erreichen, wo sie sich gerade befinden und die passende Information am richtigen Ort liefern. "So kommen wir bis auf eine halbe Armlänge an jeden Hamburg-Besucher heran", sagte Albertsen im Gemeindesaal des Michels.

Interaktionen mit den Besuchern per App
Auf diese Weise verstrickt auch die MichelApp ihre Besucher auf digitalem Wege in eine Interaktion mit dem Ort, an dem sie sich gerade befinden, wie Geschäftsführer Thorsten Schulze darstellte. Über kleine Sender ("Beacons"), auf die die App reagiert, wenn der Besucher sie passiert, wird er kontextsensitiv mit Bildern, Infos und sogar einem kleinen Quiz versorgt. Allein aus dem chinesischen App Store wurde die Michel App schon rund 2500 mal geladen.
Neue Website für den Michel
Doch das Angebot können Besucher natürlich nur nutzen, wenn die Kirche auch geöffnet ist. „Unsere neue Website wird einen Besichtigungskalender haben, der anzeigt, wann die Kirche besichtigt werden kann“, sagt Schulze. Denn der aktuelle Stand des Raumplans, den die Mitarbeiter mit Informationen füttern, wird auf der Seite ausgegeben.
Kirchen als Erlebnisorte und Ausblickspunkte
Damit eine so große Kirche wie der Michel mit 1,5 Millionen Besuchern pro Jahr aber auch so beliebt bleibt, setzt sie auch auf ein besonderes Erlebnis-Programm in den Bereichen Kirchenführung und -musik – insbesondere auch für Kinder und Jugendliche. Dabei hat der Michel natürlich schon in Hamburg von vornherein einen Standortvorteil: „Vom Turm aus hat man den schönsten Blick auf die Elbphilharmonie“, so Hauptpastor Alexander Röder. „Deshalb lohnt es sich viel mehr, auf den Michel zu gehen als auf die Elbphilharmonie.“

Programm für Feldsteinkirchen abseits des touristischen Mainstreams
Einen solchen Vorteil haben die kleinen Feldsteinkirchen in Vorpommern nicht. Doch Henriette Sehmsdorf, künstlerische Leitung bei dem Verein Opernale, hat einen Weg gefunden, wie auch der Besuch dort zu einem Erlebnis werden kann. Mit einem kleinen Ensemble und verschiedenen Opernprogrammen tourte sie durch die kleinen Orte „abseits des touristischen Mainstreams“, die manchmal nicht mehr als 300 Einwohner haben. Nicht nur sprechen die Stücke die regionale Geschichte an, auch die Kirchengemeinden vor Ort sind gefragt. „Da findet jede eigene kreative Wege, um für sich und die Veranstaltung Werbung zu machen“, so Sehmsdorf.
Urlauber suchen inneres Wachstum
Oft gehe es darum, Potenziale zu nutzen, die die Kirche als besonderer Ort schon von sich aus biete. Das machte auch Professorin Eva Brucker von der FH Salzburg deutlich. Auch wenn die Welt zunehmend säkularer werde, so zeigten Studien doch, dass die Menschen gerade im Urlaub nach innerem Wachstum und „Ganz-Sein“ suchten. An diesem Punkt könnten Kirchen als Erlebnisräume von Geschichte, Kultur und Spiritualität ansetzen, um einen Zugang zum Christentum zu geben. Vielfach geschehe das auch schon: „Etwa 50 Prozent der Urlauber besuchen Kirchen – und 30 Prozent sind überrascht, weil sie den Besuch einer Kirche eigentlich gar nicht geplant hatten.“

Kirchen und andere "Segenswürdigkeiten"
Kirchen am Urlaubsort sind aber auch für Bischöfin Kirsten Fehrs noch mehr als nur Sehenswürdigkeiten - viel mehr hätten sie die Chance auch "Segenswürdigkeiten" zu werden. Denn die Menschen sind, egal, wo sie sich aufhalten, auf der Suche nach Segnung. "Segensreiche Begegnungen sind jedoch nicht an Kirchräume gebunden", so Fehrs. Zusammenkommen könne man ebenso unter dem weiten Himmel, am Meer oder an der Elbe - etwa zu einem großen Tauffest.

Neues Erscheinungsbild in der Tourismusarbeit: "Zeit für Dich"
In der Nordkirche können die Gemeinden für ihre touristischen Projekte und Angebote nun vor Ort ein einheitliches Design nutzen, wie Ulrich Schmidt von der Fachstelle Kirche und Tourismus darstellte. „Auf diese Weise gibt es einen hohen Wiedererkennungswert“, so Schmidt. Es trägt den Leitspruch „Zeit für Dich“ und greift damit auch den Gedanken der Spiritualität und des inneren Wachstums wieder auf.