Stehende Ovationen bei Uraufführung von Kirchentagsoper
03. Mai 2013
Am Ende standen sie alle: Mit stehenden Ovationen bedachten die 850 Zuschauer am Donnerstagabend die Darsteller und Musiker der Kirchentagsoper "Vom Ende der Unschuld". Bei der Uraufführung der eigens für das protestantische Christentreffen in Auftrag gegebenen Oper im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel wurde dabei in einer Parabel das Denken und Wirken des Theologen und NS-Widerständlers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) illustriert.
Die Oper ist nur entfernt mit der Person Bonhoeffers verknüpft und wurde bewusst allgemeiner gehalten. Schon während der Vorbereitungen für den 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg formulierten die Librettisten der Bonhoeffer-Oper, Theresita Colloredo und David Gravenhorst, dass diese auch von Besuchern verstanden werden müsse, die nichts über Bonhoeffer wüssten.
Verführung - wie sie auch die Nazis betrieben
Auch die Musik, die der erst 27-jährige Komponist Stephan Peiffer beisteuert, zielt auf eine ganz bestimmte Wirkung: Er will laut eigener Aussage die verführerische Wirkung von Musik herausstellen, wie sie auch die Nationalsozialisten nutzten. Dafür bedient er sich "fast schamlos" aller musikalischer Epochen, angefangen mit alten Psalmklängen, gregorianisch anmutenden Chorälen und der gesamten klassischen bis spätromantischen Tradition sowie Kinderlied-Motiven und Marschmusik. Für seine Komposition bekam Peiffer besonderen Applaus vom Publikum.
Da die Oper nur an drei Abenden aufgeführt wird, bekommen nur rund 2.500 Kirchentagsbesucher von insgesamt etwa 116.000 Dauerkartenbesitzern die Möglichkeit "Vom Ende der Unschuld" zu sehen. Die Karten waren innerhalb kürzester Zeit vergriffen, bisher sind keine weiteren Aufführungen angekündigt.
Die exklusiv angelegte Oper zog zu ihrer Uraufführung auch einige Prominenz an: Neben dem ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, waren unter anderem Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier unter den Gästen.
"Bonhoeffer wollte nicht verehrt, sondern gehört werden"
Unter dem Applaus des Publikums wurde den Zuschauern der große Aufwand der Aufführung bewusst. Am Ende versammelten sich rund 250 Mitwirkende auf der Bühne. Gleichzeitig schafft es "Vom Ende der Unschuld" aber trotz der personenintensiven Inszenierung sehr plakativ abzubilden, welche Situation die Grundlage für den Widerstand Bonhoeffers bildete.
Diese Herangehensweise an das Wirken von Bonhoeffer, die sich dabei nicht auf seine Person sondern auf seine Gedanken bezieht, ist dabei laut Bonhoeffer-Biograf Ferdinand Schlingensiepen die richtige: "Bonhoeffer wollte nicht verehrt, sondern gehört werden. Wer ihn einsam auf ein Podest stellt, entschärft das, was bis heute die Auseinandersetzung mit ihm lohnend macht."