Strukturwandel in der Familienpolitik?
10. Oktober 2017
170 Millionen Euro zusätzlich wird die schleswig-holsteinische Landesregierung für familienpolitische Investitionen zusätzlich laut Koalitionsvertrag aufbringen. Auf der Fachtagung des Netzwerks Familie der Nordkirche im Kieler Landeshaus zeigten Regierung und SPD-Opposition seltene Einigkeit über die Notwendigkeit, einen Strukturwandel der Familienpolitik zu erarbeiten und umzusetzen.
„Die über Jahrzehnte entwickelten Strukturen haben schon verrückte Züge angenommen, eine Grundlegen Reform ist absolut notwendig“ , sagte Eka von Kalben, Familienpolitische Sprecherin von Bündnis90/die Grünen auf der Fachtagung. Anita Klahn, familienpolitische Sprecherin der FDP ergänzte: „…allein 150 Leistungen für Familien existieren in einem wilden Durcheinander und mit teilweise absurden Abhängigkeiten untereinander.“ Diese zögen im gleichen Zuge einen unglaublichen Verwaltungsaufwand mit sich. „Diese Gelder sind frei zu setzen, um zusätzlich und direkt in Familien investieren zu können“, so Klahn.
Auf dem Weg zum familienfreundlichstes Land der Bundesrepublik?
An Möglichkeiten arbeitet die Jamaika-Koalition intensiv, ist sich sogar einig mit der Oppositionspartei SPD, dass die vergangene Regierung gute Voraussetzungen für einen familienpolitischen Rundumschlag geschaffen hat. Über die 170 Millionen familienpolitischer Investitionen dieser Legislaturperiode wurde lebhaft diskutiert. „Wir werden definitiv unser familienpolitisches Wahlversprechen halten und alle uns möglichen Voraussetzungen schaffen um das familienfreundlichste Land in der Bundesrepublik zu werden“, so Katja Rathje-Hoffmann, sozialpolitische Sprecherin der CDU.
Job und Familie unter einen Hut bringen
Für die meisten Frauen ist es ihrer Aussage nach wichtig, selbst arbeiten zu gehen, aber auch für immer mehr Männer steht die Familie im Vordergrund. Die Voraussetzungen, dass in Partnerschaften beide mit einem 30-Stunden-Job beides unter ein Hut bringen können, müsse aber erst noch auf Arbeitgeberseite geschaffen werden.
Aktuelle Zahlen untermauern den Wandel
Das Netzwerk Familien ist ein Zusammenschluss von familienbezogenen kirchlichen Institutionen. Das Netzwerk Familien versteht sich als Lobby für Familien. Das gemeinsame Ziel ist die Entlastung der Familien und die Übernahme der gesellschaftspolitischen Verantwortung für Kinder und Familien.
Dass die aktuelle Politik nicht mehr zeitgemäß ist, untermauerte Dr. Michaela Schulze der Universität Trier mit aktuellen Forschungsergebnissen: „Die Wünsche Sorgen, Nöte und Ängste unterliegen einem Wandel, über den sich die Politik in der Vergangenheit nahezu hinweggesetzt hat: 74 Prozent der Eltern verlangen laut aktueller Studien Erleichterung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 72 Prozent die steuerliche Entlastung von Familien, jeweils 61 Prozent die Verbesserung von Voraussetzungen, dass beide Eltern gleichermaßen berufstätig sein können und Personen, die zu Hause Angehörige Pflegen massiv unterstützt werden.“ Die traditionellen Familienbilder funktionieren laut Schulze seit Jahrzehnten nicht mehr wie in den bestehenden Strukturen vorausgesetzt.
Kumbartzky: "Potenziale der Frauen besser nutzen"
Oliver Kumbartzky, Vizepräsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags, brachte die Notwendigkeit eines Strukturwandels auf den Punkt: „Die Potenziale der Frauen besser zu nutzen ist nicht allein ein Gebot der Gerechtigkeit oder ein ökonomisches Erfordernis in einer alternden Gesellschaft“, sagt er. „Es ist auch und vor allem eine Frage der unternehmerischen Klugheit.“