„Die Kraft der Musik beim gemeinsamen Singen erfahren“
27. September 2015
Flensburg. Mit einem Festgottesdienst haben heute (27. September) Christinnen und Christen aus dem deutsch-dänischen Grenzland in der St. Marienkirche in Flensburg das neue zweisprachige Kirchengesangbuch eingeführt.
Bischof Gothart Magaard (Sprengel Schleswig und Holstein in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland), Bischöfin Marianne Christiansen (Hadersleben) und Bischof Elof Westergaard (Ribe) stellten in ihren Kurzpredigten jeweils ein dänisches beziehungsweise deutsches Lied aus dem Gesangbuch vor.
„Wenn wir gemeinsam singen, erfahren wir die Kraft der Musik, ihre unmittelbare Wirkung auf unsere Seele und unser Gemüt. Sie zu hören und mitzusingen ist einfach wunderbar!“ Das sagte Bischof Gothart Magaard in seiner Predigt über das Lied „Sieh, da hebt die Sonne sich übers Meer“. Für den dänischen Dichter Jakob Knudsen (1858-1917) und seinen kongenialen Übersetzer Jürgen Henkys sei das Sonnenlicht des anbrechenden Tages ein Gleichnis. „Dieses Licht ist ein Zeichen für Gottes Anwesenheit“, so der Bischof, „es vertreibt die Macht der Finsternis – wie am Ostermorgen, so an jedem Tag unseres Lebens“. Der gemeinsame Gemeindegesang, so der Schleswiger Bischof, erinnere auch daran, dass sich die Reformation singend ausgebreitet habe. Das evangelische Lied wurde auf Straßen und Marktplätzen geboren aus einem neuen Hören auf die Bibel. Magaard: „Umso schöner ist es, dass wir ab heute nun, auch in Vorbereitung auf unsere gemeinsamen Feiern zum großen Reformationsjubiläum, miteinander dänisch-deutsch oder deutsch-dänisch viel leichter singen können.“ Das gemeinsame Gesangbuch sei daher selbst eine Wegmarke auf einem Weg, der durch Versöhnungswillen, durch gemeinsame Anstrengung für den Frieden, für die Öffnung von äußeren und inneren Grenzziehungen möglich wurde.
"Jesus lebt, mit ihm auch ich"
Bischof Elof Westergaard stellte in seiner Predigt Original und Übersetzung des Liedes „Jesus lebt, mit ihm auch ich“ gegenüber. 1978 übersetzte Jørgen Kristensen das Lied von Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769). Zwar halte sich Kristensens Übersetzung eng an das Original, so Bischof Westergaard, aber es gebe auch Unterschiede, die dem Lied in der dänischen Übersetzung Neues hinzufüge. „Spiegeln diese Unterschiede den Unterschied zwischen der Zeit Gellerts und Kristensens wider oder den zwischen deutscher und dänischer Theologie?“, fragte der Bischof aus dem dänischen Ribe. „Oder ist etwas ganz anderes im Spiel? Diese Diskussion können wir nun mit dem neuen dänisch-deutschen Gesangbuch fortsetzen, und dafür gibt es guten Grund zur Inspiration und Freude für uns alle“, so Westergaard.
"Die güldne Sonne"
Bischöfin Marianne Christiansen aus Hadersleben in Dänemark stellte das Lied „Die güldne Sonne“ von Paul Gerhardt (1607-1676) in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. „Dieser Choral umfängt jeden einzelnen Menschen in der ganzen Welt, und das brauchen wir“, erklärte sie. „Wir brauchen eine Sprache, die uns alle umfasst.“ Das Deutsch-Dänische Gesangbuch mache es greifbar, dass sich die verschiedenen Sprachen in Musik und Poesie zu einem gemeinsamen Gebet und Lobgesang verflechten lassen. In beiden Sprachen gemeinsam singen zu können, sei ein wunderbares Geschenk, und „ es ist eine Bereicherung zu sehen, wie Übersetzung und Nachdichtung zwischen zwei Sprachen Tiefen und Bilder in den Texten entstehen lassen“. Es sei die Geschichte des Evangeliums, „dass es fortwährend neu übersetzt wurde und durch die verschiedenen Sprachen auch neue Verstehensweisen hervorbringt“.
Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst vom Helligåndskirkens Kor Flensborg und dem Kirchenchor der Christuskirche Mürwik unter Leitung von Stephan Krueger.