Alternative Wege ins Pfarramt

Eine Brückenbauerin für eine Kirche ohne Grenzen

Tabea Fischer will über den Tellerrand blicken und Kirche im Sinne einer gelebten Ökumene mitgestalten. "Ich mag es, Dinge anzustoßen und wachsen zu sehen", sagt die angehende Theologin.
Tabea Fischer will über den Tellerrand blicken und Kirche im Sinne einer gelebten Ökumene mitgestalten. "Ich mag es, Dinge anzustoßen und wachsen zu sehen", sagt die angehende Theologin. © Privat

04. März 2021 von Julia Krause

Tabea Fischer hätte schon früher eine gute Pastorin abgegeben, sagen ihre Freunde. Doch zunächst wurde sie Psychologin. Warum sie jetzt den Quereinstieg ins Pfarramt wagt und doch noch einmal Theologie studiert, erzählt sie hier. Ein Porträt über eine Frau, die den Diskurs liebt.

Tabea Fischer ist eine Frau, die die Dinge hinterfragt. Etwas einfach so hinzunehmen, liegt ihr fern. Überzeugungen gehören diskutiert, auch religiöse. "Christen sollten sich nicht hinter Kirchenmauern verkrümeln, die gehören in die Gesellschaft!", mit dieser Meinung ist sie aufgewachsen, sagt die 32-Jährige Theologie-Studentin.

Ökumene als Ziel und Grundsatz

Sie erinnert sich an Mahlzeiten in ihrer Kindheit in Güstrow, bei denen die Familie am Tisch lebhaft über Kirche und Glaubensfragen diskutierte. Ökumene ist seit ihrer Kindheit nicht nur ein Wort, sondern wurde gelebt, etwa in der Jugendgruppe mit Protestanten, Katholiken und Baptisten. Unterschiedliche Meinungen gab es – aber sie wurden nicht als unüberwindbares Hindernis, sondern als Impuls und Denkanstoß gesehen.

Diese frühen Erlebnisse bilden so etwas wie das Fundament von Tabea Fischers Idealbild von Kirche und Gesellschaft, in dem Begegnungen und gegenseitiges Verständnis eine Schlüsselrolle spielen. Dass die Realität diesem Ideal nachsteht, weiß sie natürlich. Aber sie versucht, etwas dagegen zu tun – auch beruflich: Nach dem Psychologie-Studium arbeitete sie zunächst an einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und wurde anschließend psychologische Beraterin in einem Modellprojekt in der Extremismusprävention.

Die eigenen Wünsche hinterfragen

Beide Aufgaben waren für sie wichtig, interessant und anspruchsvoll. Doch Tabea Fischer hat sich "freigeschwommen", wie sie es ausdrückt, um Theologin zu werden.

Der Weg dahin war nicht einfach, auch weil ihre bisherigen Jobs ihr viel Anerkennung eingebracht haben. Gleichzeitig habe sie das Hinterfragen nicht lassen können: Ist es das, was ich will und was mich erfüllt? Oder bin ich bereit, das Erreichte loszulassen und einen neuen Weg einzuschlagen, um mir selbst und anderen Raum für die Auseinandersetzung mit den eigenen Überzeugungen zu geben? 

Es sind Fragen, die sie sich über einen längeren Zeitraum mal leiser, mal lauter stellte. Parallel zu ihrem Hauptjob arbeitete sie währenddessen ehrenamtlich im Leitungsteam ihrer Berliner Gemeinde und genoss die vielfältige Gemeinschaft und das kreative Chaos dort.

Die Puzzleteile fügen sich zu einem Ganzen

Irgendwann auf einer Zugfahrt führte das "Mit-sich-Ringen" schließlich zu einem Entschluss: "Ich habe vor mir selbst und Gott festgehalten, dass ich einen neuen Berufsweg im Dunstkreis von Kirche und Diakonie in Betracht ziehen würde – wenn sich eine Gelegenheit dazu böte", erzählt sie. Danach hätten sich die Puzzleteilchen schließlich zu einem Ganzen gefügt: Sie war bereit, dem Hinweis eines Freundes nachzugehen und sich mit dem Quereinstieg ins Pfarramt bei der Nordkirche zu beschäftigen.

"Mir wurde früher schon ein paar Mal gesagt, dass ich eine gute Pastorin abgeben würde. Aber das hab’ ich bis dahin nicht ernst genommen", sagt sie im Rückblick. "Ich musste das erst mit mir selbst ausmachen."

Die schönste Reaktion auf diese Entscheidung zeigte eine Freundin, die gar keine Christin ist, erinnert sich Tabea Fischer. "Ich habe erst rumgedruckst, wusste nicht so recht, wie ich ihr meine Entscheidung erklären soll. Aber sie war sehr bewegt und hat gesagt: 'Endlich machst du das, was du willst und wofür du stehst!' – Das hat mich sehr berührt."

Kritischer Diskurs muss sein

Den kritischen Diskurs wird Tabea Fischer sicherlich auch als Theologin nicht scheuen. Im Gegenteil: "Ich habe große Lust, die Umbauprozesse der Kirche mitzugestalten" sagt sie. "Ich mag es, Dinge anzustoßen und wachsen zu sehen."

Bei allen Umwälzungen, vor denen die evangelische Kirche steht, hält sie an einem Wunschziel fest: "Kirche kann ein Ort sein, an dem ganz unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen und den Glauben als etwas Verbindendes erleben", sagt sie. Ein Ort also, an dem Brücken entstehen, "die unsere Kirche und Gesellschaft dringend brauchen." 

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