Netzwerk Recherche kritisiert Einschüchterungsversuch der britischen Regierung
21. August 2013
Hamburg. Das Netzwerk Recherche hat den Versuch der britischen Behörden kritisiert, die Redaktion des "Guardian" einzuschüchtern. "Das ist ein abschreckendes Beispiel", sagte die zweite Vorsitzende der Journalistenorganisation, Julia Stein, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Solchen Einschüchterungsversuchen könne man nur begegnen, indem man sie öffentlich mache, wie es der "Guardian" auch getan habe. Stein leitet beim NDR das Recherche-Team.
Der Chefredakteur des "Guardian", Alan Rusbridger, hatte in einer Kolumne geschrieben, dass seine Zeitung unter Aufsicht von Geheimdienstagenten Computerfestplatten mit Daten zu den Recherchen über den Geheimdienst zerstören musste. Er habe in die Vernichtung der Daten eingewilligt, nachdem ein hoher Regierungsbeamter ihm mit juristischen Schritten gegen die Berichterstattung gedroht habe.
Das Vorgehen des britischen Geheimdienstes sei im Grunde "irrational", sagte Stein. Solche Einschüchterungsversuche funktionierten aber häufig, weil manche Redaktionen sich davon beeindrucken ließen.
Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung:
Presse- und Meinungsfreiheit in Großbritannien gefährdet
Der "Guardian"-Journalist Glenn Greenwald hatte als einer der ersten Informationen des früheren Mitarbeiters des US-Geheimdienstes NSA, Edward Snowden, über die Überwachungsmethoden US-amerikanischer und britischer Geheimdienste veröffentlicht. Greenwalds Lebensgefährte war am Sonntag mehrere Stunden am Flughafen Heathrow festgehalten und verhört worden.
In Deutschland wäre ein solches Vorgehen der Behörden nach Einschätzung von Stein schwer vorstellbar, da die Rechtslage hier eine andere ist. Da aber keine Redaktion sicher sein könne vor Durchsuchungen, würden beim NDR sensible Informationen mehrfach gespeichert und an unterschiedlichen Orten aufbewahrt, sagte sie.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), sagte unterdessen der "Berliner Zeitung" (Mittwochsausgabe), er mache sich Sorgen um die Presse- und Meinungsfreiheit in Großbritannien. Das Vorgehen der Behörden gegen den "Guardian" habe ihn "regelrecht erschüttert". Da sei "die rote Linie überschritten worden".