13. September 2013 - Grußwort zum 70. Geburtstag von Bischöfin i.R. Wartenberg-Potter
13. September 2013
In herzlicher Verbundenheit zu meiner großen Schwester im Glauben,
Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, 70 Jahre jung
Sehr geehrte Gäste, liebe Bärbel –
Grußwort für eine Anfängerin – so habe ich meine Rede für dich übertitelt. In herzlicher Verbundenheit zu meiner großen Schwester im Glauben. BB; Bischöfin Bärbel, 70 Jahre jung. Und kein bisschen in der Gefahr aufzuhören mit dem Anfangen. Zugewandt. Energisch. Mutig. Und, das habe ich immer an dir geschätzt, mit einer eigenen Kraft, die vom Vergnügen herrührt. Von der Lust sich heranzuwagen. Frei nach dem Motto: Zwar sagten alle, das geht doch nicht. Dann kam eine, die wusste das nicht und hat´s gemacht. Kulturen verbunden. Fusionen angezettelt. Bibeln in gerechter Sprache geschrieben. So ist das mit dir, immer schon: die dir eigene Leidenschaft zu experimentieren und andere dazu anzuhalten, dies auch zu tun. Der Weite zu vertrauen und nicht Gesetzestexten. Es ist so viel möglich bei all den Unmöglichkeiten und Bedenken. Und so bist du immer neugierig auf das Mögliche in menschlicher Beziehung. Wie eine ständige Anfängerin halt. Eine, die Herzen fängt und ausstrahlt, dass man wieder neu beginnen kann.
Denn Anfangen befreit. Auch wenn es Mut erfordert. Geduld. Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. This is the first day of the rest of your life. Also: anfangen! Worauf warten? Anfangen schreibt Geschichten von Herzen, die über Mauern geworfen werden. Und es schenkt wunderschöne Erinnerung. Meine Anfangserinnerung an dich zum Beispiel. Denn unser Anfang war nicht Wort, es war Musik.
Im Kieler Kirchenamt, in einer Sitzung der Kirchenleitung. Du amtierende Bischöfin im Sprengel Holstein und Lübeck. Ich als Nordelbisch Verantwortliche für die Personal- und Gemeindeentwicklung. Mit dem besonderen Zusatzamt: Leiterin des Kirchenamts-Chores! Ich liebte sie, diese combo infernale. Nun denn: Ich sehe mich irgendwann in einer angesichts der vielen TOPs reichlich angestrengt dreinschauenden Kirchenleitung und soll auf deine Bitte hin mit ihnen singen. Mit Kongas, Rhythmus, chachacha. Wir probieren es jetzt auch mal, und bitte:
Gott der Hoffnung gib du Frieden jedem Ort, deine kranke Welt braucht deiner Wahrheit Wort. Lass uns beten, es mög‘ Frieden sein, singen von der Wahrheit dein. Kämpfen für die neue Welt. Gott treu, der uns Treue hält.
Na bitte, geht doch. Experiment gelungen, Patient singt immer noch. Wir haben einen Glauben, der singt. Denn Singen verbindet. Himmel und Erde. Wie der Gesang der Engel über Bethlehem, die Gott ehren und den Menschen und der Erde Friede zu singen. Wie der Großgesang (Magnificat) der jungen Frau Maria, die von Gottes Gerechtigkeit Umstürzendes zu singen weiß: Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Wir haben einen Glauben der singt, spielt, tanzt und Trauer verwandelt in einen Reigen. Auch davon weißt du viel; liebe Bärbel. Du weißt von Trauer und Schmerz und dem tiefen Sinn des Psalmgesanges: Singet dem Herrn ein neues Lied.
Du hast auch in deinem Leben immer wieder angefangen. Das neue Lied gesucht. Für dich und für die Menschen, die dir anvertraut waren. Hast gezeigt: manchmal braucht es langen Atem. Und singen, singen im Glauben atmet Gottes Geist. Singen im Glauben geschieht vor aller Welt. Angesichts der Wunder und Wunderlichkeiten; angesichts der Schrecken und Schrägheiten; angesichts der Menschlichkeit und des allzu Menschlichen. So meine ich, hast du dein bischöfliches Amt empfunden: Als Gabe und große Aufgabe. So hast du mit Leidenschaft gebetet und gepredigt, gelehrt und geleitet. Hast Südwind in unseren Norden gebracht, hast aus Ost und West eine neue Kirchengemeinschaft herbeigesehnt und maßgebliche Weichenstellung geleistet. Anfängerin warst du, jawohl: Die hat angefangen und will damit einfach nicht aufhören! Hieß es gelegentlich. Gott sei Dank, hast du angefangen und kannst immer noch drüber schmunzeln und dich mitfreuen, beim Pfingstfest in Ratzeburg vergangenes Jahr, bei der Einführung von Landesbischof und erster Kirchenleitung der Nordkirche in Schwerin neulich, wie schön.
Bischöfin bist du. Und auch darin Anfängerin in Holstein und Lübeck. Und das ist gut so. Nicht nur für mich. Aber eben auch für mich. Für uns Frauen in der Kirche. Frauen im Pfarramt. Frauen im leitenden geistlichen Amt. Blicken wir in die Welt, in die Gemeinschaft der Christenheit, in die Ökumene, so hat es da noch lange nicht in der Weise angefangen, wie es uns hier als völlig selbstverständlich erscheinen will. Patriarchales Denken und paternalistische Strukturen verhindern, dass sich die Fülle der Gottesgaben entfalten kann und die Freude des Gottesreiches spürbar wird. Ja, es gibt so viel zu tun. Gleich ob man zwanzig, vierzig, siebzig ist. Gerade im Moment, wo die Welt brennt. Sie braucht Hoffnungsworte und klare Durchsagen. Dafür schreibst du Bücher, fängst immer wieder an, wo andere längst aufgehört haben, und dafür singst du. Es gibt viel zu singen und zu sagen, viel zu erinnern. Denn Gott fing an, eine Welt der Freiheit zu schaffen. Christus hörte nicht auf, Gottes Liebe zu bezeugen. Gottes Geist begeistert alle Morgen neu.
Anfangen braucht schließlich und nicht zuletzt: Aufhören. Braucht den Sabbat und das sabbatical, den Urlaub und den Ruhestand. Braucht Segen, der beglückt. Wie schön ist es, dass du dies jetzt mit deinem Mann – sicherlich auch mit den notgegebenen Grenzen – erlebst. Und wunderschön auch, dass du ein sorgsames Auge auf die hast, die dazu neigen, mit ihrem Sabbat wenn schon nicht ruinös, so doch unaufmerksam umzugehen…
Dann bist du da. So etwa im Januar in meiner Bischofskanzlei, 3 Themen im Gepäck, zielbewusst, eindeutig, nachdenklich – ordentlich markiert mit einem deiner rosa Haftzettel. Und dann holst du auf einmal einen Gutschein heraus, für eine Wellness-Auszeit in Mecklenburg. Für Karsten und mich. Und ich war in diesem Moment total gerührt. Und es ging mir nach: Das erste Wort zwischen uns war die Musik. Und es sind immer mehr Worte geworden. Worte und Gesten der Zuneigung. Deine Achtsamkeit und Freundschaft bedeuten mir viel. Und so entsteht schwesterliche Verbundenheit, auch zwischen Bischöfinnen. Und ich danke dem Herrgott – und natürlich auch dir – dass das so ist.
Liebe Bärbel, ich hoffe schwer auf Fortsetzung. Und vor allem dies: sei gesegnet mit deinem Philipp, deiner Familie und deinen Freundschaften, sei gesegnet an Leib und Seele, sei gesegnet mit Frieden und Gerechtigkeit.