
Pilgern
Der Weg der Sehnsucht
Es ist nicht einfach ein Wandern von Ort zu Ort. Es ist eine innere und äußere Reise, ein Weg, der Spiritualität im Leben mehr Raum zu geben. Sich auszuklinken aus dem Alltag, für Körper, Seele und Geist.
Das „Auf dem Weg sein“ ist schon in der Wortbedeutung versteckt: Ein Pilger (abgeleitet aus dem Lateinischen „peregrinare“ = pilgern) ist jemand, der in der Fremde unterwegs ist, aber auch ein Gast. So wird das Pilgern ein Sinnbild für den suchenden Menschen, der sein ganzes Leben auf dieser Reise ist. Er geht auf in seinem Weg, in Bewegung, Natur und der besonderen Atmosphäre der heiligen Stätten, die er aufsucht.
Wer pilgert, trifft Menschen, die er vielleicht nie getroffen hätte, und entdeckt Orte, an denen er sich Gott näher fühlen kann als anderswo.
Der Weg ist das Ziel.

#Sommerkirche - Aktuelles zum Thema Pilgern

Fünf Tage Einsamkeit und 100 Kilometer Entschleunigung: Pilgern auf dem Birgittaweg in Mecklenburg – ein Erfahrungsbericht. Die Heilige Birgitta von Schweden pilgerte 1341 von Schweden nach Santiago de Compostela. Ein Teil ihrer Reise führte sie durch das heutige Mecklenburg-Vorpommern. Von den insgesamt 400 km von Sassnitz bis in die Nähe von Hamburg habe ich mir ein ca. 100 km langes Teilstück ausgesucht – und tauche ein in eine Landschaft voll Zauber, Einsamkeit und Oasen.
Die kleinen gotischen Feld- und Backsteinkirchen strahlen viel spirituelle Kraft aus. Viele Jahrhunderte wechselvoller Geschichte sind ihnen abzulesen. Die Geschichten erzählen von mühewollen Bauphasen, von kirchlichem Leben und von prägenden Ereignissen. Auch die Menschen der Gegenwart hinterlassen Spuren, die von einer großen Hingabe für diese Gotteshäuser sprechen.

Ein Halligpilgertag mit Bischof Magaard und seiner Nachfolgerin: Ein Tag wie ein Geschenk - das Wattenmeer erleben. Bei kräftigem Wind von Westen, barfuß und mit einem Picknick im Rucksack machten sich über 30 Pilgerinnen und Pilger zu einer ganz besonderen Sommertour auf. Das Ziel waren die Nordsee-Halligen Oland und Langeneß, der Weg führte von Dagebüll quer durch das Wattenmeer. Geleitet wurde die Gruppe neben einer Wattführerin gleich von zwei bischöflichen Personen: Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein, und seiner Nachfolgerin, Pastorin Nora Steen.
In Schweigezeiten horchten die Pilgernden auf das stetige Rauschen des Windes in den Ohren, auf das platschende Geräusch, das die Füße beim Durchqueren der flachen Wasserlachen machten oder auf das ewige Geschrei der Austernfischer. Einkehr und Andachten in den beiden Halligkirchen wechselten sich ab mit Informationen.
Die Ursprünge des Pilgerns
Nicht nur im Christentum pilgert man. In den meisten Religionen ist es üblich, sich zu Fuß oder auch mit einem anderen Transportmittel auf den Weg zu begeben und heilige Orte aufzusuchen, um dem Himmel schon auf Erden ein Stückchen näher zu sein.
Aber auch auferlegte Buße etwa oder Dank waren Gründe, warum sich Christen schon sehr früh sich auf den Weg begaben zu Stätten in Rom, Jerusalem und eben zum Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela, zu dem heute noch der bekannteste Pilgerweg führt: der Jakobsweg. Abraham macht es als ein erster Pilger in der Bibel vor. Gott sprach zu ihm: „Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.” (1. Mose 12).
Später heißt es bei Markus 10, 29-30: „Jesus sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verlässt um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mitten unter Verfolgungen – und in der kommenden Welt das ewige Leben.”
Zur Reformation nimmt die Bedeutung des Pilgerns ab - Martin Luther nennt es „Narrenwerk” und lästert über Jakobsweg nach Santiago de Compostela: „Lauf nicht dahin, man weiß nicht, ob Sankt Jakob oder ein toter Hund daliegt”. Zu sehr war ihm die religiös motivierte Pilgerei mit dem Ablasshandel verbunden. In Norwegen wurde das spirituelle Wandern im 16. Jahrhundert sogar unter Todesstrafe verboten.
Die uralte Sehnsucht, sich auf zu machen, zu entschleunigen und neue Wege zu finden, ist erst seit wenigen Jahrzehnten gerade in Europa beim Pilgern wiederentdeckt worden. 1987 wurde der Jakobsweg zur europäischen Kulturroute ernannt - inzwischen machen sich mehr als 200.000 Pilger jährlich auf den Weg.
Auch in Norddeutschland gibt es große und kürzere Routen, die Sie erkundschaften können.
