16. Februar 2014 - Jugendklimakonferenz „Klar zur Wende“, Koppelsberg, Plön

16. Februar 2014 - Jugendgottesdienst im Rahmen der Jugendklimakonferenz

16. Februar 2014 von Kirsten Fehrs

Gen 9, 13-15 Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe.

Liebe Klimakonferenz-Gemeinde,

Aufstehen!!!

Jeden Morgen dieses unsanfte Herausrütteln aus seligem Traum.

Aufstehen, duschen (– könnte man angesichts des Wasserverbrauchs heute auch mal lassen), Gel ins Haar (wo wird das eigentlich produziert, egal), in die Klamotten (clean clothes?), Turnschuhe an (garantiert in Asien produziert), Frühstück (freilaufendes Ei? Muss ich mal meine Mutter fragen), Schulbus – (immerhin mit Umweltzeichen), Schule – (6 Stunden Stoffwechsel mit ernüchternden Ergebnissen).

 

Aufstehen ist dran. Längst doch sind wir heraus gerüttelt aus den Träumereien, als könnte alles so weiter gehen wie bisher. Ein bisschen Klimagipfel hier. Ein bisschen Retusche dort. Ein bisschen zu viele Worte drum herum. Nein, das ernüchternde Ergebnis für alle, die sich ernsthaft auseinandersetzen: Es gibt wahnsinnig viel zu tun. Und es hätte längst viel mehr getan werden müssen. Deshalb ja diese Jugendklimakonferenz. Teil I der großen Synode. Heißt auch: Ihr seid die Vorreiter! Bundesweit. Ich gratuliere euch dazu. Zu dieser Idee. Dieser Auseinandersetzung. Zu eurem Mut und eurem Unmut. Ich bin froh, dass ihr als Christen ein Zeichen setzt und zeigt: es gibt uns, viele junge Leute, die nicht mehr mitmachen bei dieser Besinnungslosigkeit. Bei dem Verheizen wertvoller Ressourcen dort und riesiger Müllberge hier. Gut, dass Ihr sagt: Klar zur Wende. Weg von der Haltung: Nach mir die Sintflut. Und deshalb hin zum Regenbogen. Heißt für mich: hin zu einem neuen Verständnis auch von Religion. Bedeutet Religion doch immer schon: sich zu binden. An Gottes Bund, an seine Verheißungen, die etwas anderes sind als Träumereien. Nein, diese Verheißungen – eine haben wir eben gehört – sind Zeichen der Wende. Zeichen dafür, dass es sich lohnt, „andersherum“, also von der Zukunft her zu denken. Eine Zukunft, in der Mensch und Tier in Würde lebt und in Würde stirbt. Eine Zukunft, in der die Vielfalt der Farben geliebt wird, auch der Hautfarben. Eine Zukunft, die den Verarmten Gerechtigkeit verspricht. Eine Zukunft, in der die Reichen geben soviel sie können und so zu Vermögenden werden. Eine Zukunft, in der junge und alte Menschen Gottes Schöpfung lieben, weil sie unerhört viele Wunder bereithält. Wunderbar zum Beispiel die Hummel, die ja gemäß aerodynamischen Berechnungen mit ihren kleinen Stummelflügeln und ihrem dicken Bauch keinen Zentimeter in der Luft verbringen könnte. Die Hummel kann gar nicht fliegen. Zum Glück weiß sie das nicht.

 

Zum Glück wissen wir selbst auch vieles nicht. Das heißt gerade nicht, dass es ein Segen ist, Augen und Ohren zuzumachen! Im Gegenteil; Wir sollten uns darin üben, das Gras husten zu hören! Hinzuschauen, wo das Tier gequält, die Klimaveränderung ihre Notsignale setzt und aufzumerken, wenn ein Flüchtling kein Obdach hat. Von der Zukunft Gottes her zu denken, heißt in der Gegenwart zu sagen: „Aufstehen!“ Nicht weiter so!

Das ist zum Segen für die Welt.

Dafür steht der Regenbogen. Er pflanzt die Lichtseiten der Zukunft in unser Herz, dass es sich erbarme und kämpfe für die Liebe. Für die Gerechtigkeit. Für den Geist des Lebens inmitten von so viel Zerstörung.

 

Er ist ein Wendezeichen, der Regenbogen. Gott spricht: Ich will einen neuen Bund schaffen. Und das bedeutet nichts anderes, als dass sein Geist hier und jetzt in der Gegenwart Einzug halten will. Entgegen all der Abstumpfungen und Verdummungen – die entstehen in dieser viel zu geistesabwesenden Welt!

 

Nun also, Leute, Klar zur Wende? Mit dem Regenbogen segnet Gott uns mit Geistesgegenwart. Und die ist, zugegeben, auch manchmal anstrengend.

Denn geistesgegenwärtig zu sein heißt, dass man ganz da ist. So wie ihr hier auf der Jugendklimakonferenz. Ganz da, weil man mit Herz dabei ist. Konzentriert. In dieser Konzentration – drei Tage miteinander! – liegt enorme Kraft! Weil sie uns zusammen hält, so unterschiedlich wir sind. Und so vielfältig die Aufgaben sind. Deshalb wird es sicherlich nicht so sein, dass jede und jeder immer im richtigen Augenblick das Richtige sagt und Richtige tut. Dafür hat man glücklicherweise einander. Über 200 schon mal. Gemeinsam geht es besser, sich den Ansprüchen und Zumutungen der Gegenwart zu stellen. Denn weil Geistesgegenwart alles andere als bequem ist, sind ja so viele am Abdriften. Manchmal kann man das auch verstehen: Wer kann und wer will denn schon ganz und gar da sein in einer Welt, die an allen Ecken und Enden so viel zu wünschen übrig lässt? In der es tobt und seufzt – mit einem Bürgerkrieg in Syrien, einem Tsunami in Japan und einer Sintflut auf den Philippinen …

 

Die gute Nachricht gehört da hinein. Sie lautet: Der Regenbogen umspannt unser Tun und Denken. Heißt: Gottes Geist stellt sich mit uns gemeinsam der Wirklichkeit. Und er holt uns zurück aus dem Chat der Beliebigkeit. Aus der Flut der flüchtigen Bilder. Er sagt: Hiergeblieben, in dieser Welt, in der es so viel zu tun gibt. Und in der es vor lauter Gegensätzen so viel Gewalt gibt. Er sagt: Aufstehen. Äußert euch. Gegenüber den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft, Kirchen, gegenüber uns als Gesamtgesellschaft – ich bin gespannt, was Ihr an Forderungen gleich vortragen werdet. Äußert euch – und geht dabei ehrlich mit euch selbst um. Denn die Gegensätze auch in jeder und jedem von uns – dass wir klimagerecht sein wollen und uns morgens doch immer der Schweinehund zu fassen kriegt – muss man ernst nehmen. Und man muss sie irgendwie zusammen halten und nicht auflösen in: hier schwarz, dort weiß. Hier die Alten, dort die Jungen. Hier die Klugen, dort die Dummen. Hier die, die im Licht und dort jene, die im Schatten leben. Nach dem Motto: Pech gehabt. Nein, Geistesgegenwart heißt, die Gegensätze ernst nehmen und zusammen halten. Weil nur so die Wirklichkeit eine Ganze wird. Der Regenbogen ist das Zeichen für diesen Zusammenhalt der Gegensätze, in dem er den wirklichen Himmel und die wirkliche Erde zusammenhält. Nur so wird die Sprache des Friedens verstanden. Und all den zerstörenden Spaltungen Einhalt geboten. Das ist mein Traum!

 

„Heute nur gute Nachrichten – Eine andere Welt wird sichtbar!“ Unter dieser Überschrift hat jüngst eine Tageszeitung ausschließlich positive Schlagzeilen kreiert. Sie hat auf fünfzehn Seiten ausschließlich erfolgreiche Initiativen veröffentlicht, die global Zeichen der Veränderung setzen. Entgegen dem Medientrend ist sie voll der guten Nachricht gewesen! Das Ziel: man will sichtbar machen, dass und wie der Geist der Gerechtigkeit und des Friedens (die Tageszeitung sagt dazu: Geist der Solidarität) in dieser Gegenwart bereits wirksam ist! So wurden beispielsweise Menschen porträtiert, die Solarkocher erfunden oder mit ihren Nachbarn eine zinsfreie Bank gegründet haben, Menschen, die sich in Ruanda oder Berlin-Neukölln für Frauenrechte und in Südamerika für die Rechte der Natur engagieren, Menschen, die Internetkampagnen für den Klimaschutz organisieren und vor Ort an AIDS erkrankte Flüchtlinge gesundheitlich versorgen. Kurz: Geistesgegenwart konkret, die tatsächlich die Welt verändert. Eure Projekte sollten in der nächsten Ausgabe stehen. Damit die Worte von Arundhati Roy, einer indischen Schriftstellerin, die jüngst ausgezeichnet wurde, auch weiterhin Gültigkeit haben: „Eine andere Welt ist nicht nur möglich. An stillen Tagen können wir sie bereits atmen hören.“

 

Wir brauchen manchmal Stille. Damit wir langen Atem behalten. In ihm nämlich pulsiert Gottes Atemkraft, ruach, Geist. Pulsiert der Wind der Wende. Wende auch zur Klimagerechtigkeit unserer Kirche. Unter Gottes Regenbogen. Zeichen des Bundes und der Verbindung von Gott-Menschen und der ganzen Schöpfung. Und so stehe ich dankbar vor euch. Halte meinen Atem an, lausche. Und sage: Gut, dass ihr hier seid und es in die Welt laut sagt und weiterhin sagen werdet: Ihr müsst AUFSTEHEN! Wir sind klar zur Wende. Gemeinsam mit Euch.

Denn der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft und farbig wie der Regenbogen, bewahrt eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Datum
16.02.2014
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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