22. November 2014 - Gottesdienstes zum 50. Jahrestag des Ökumenismus-Dekretes
22. November 2014
Grußwort
Liebe Schwestern und Brüder!
Der heutige Tag ist auch für evangelische Christinnen und Christen ein bedeutsamer. Das Ökumenismus-Dekret Unitatis Redintegratio hat ein neues Kapitel im Verhältnis zu anderen Kirchen aufgeschlagen. Das Konzil verlangte den ökumenischen Dialog von „gleich zu gleich“ (par cum par, UR 9), ordnete für das Theologiestudium Kurse in ökumenischer Theologie an (UR 9), verlangte das Eingeständnis eigener Schuld in der Vergangenheit (UR 7) und äußerte Anerkennung für Leben und Lehre der anderen Kirchen (UR 15; 17; 21-23).
Vieles hat sich seitdem, auch durch diesen wichtigen theologischen Impuls bewegt. Verschiedene Lehrgespräche haben differenzierte Konsense in wesentlichen Fragen herbeigeführt. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre hat deutlich gemacht, dass entscheidende Differenzen im Verständnis der Schrift, die einst zur Spaltung führten, uns heute nicht mehr trennen. Durch unsere Taufe, dem „sakramentalen Band der Einheit“, sind wir bereits gemeinschaftlich verbunden. Mehr noch: Wir sind Glieder des einen Leibes Christi!Wie paradox: Wir leben in unterschiedlichen Kirchen und gehören dennoch zu dem einen Leib Christi!
Liebe Schwestern und Brüder, wir sind dankbar für die Impulse, die das 2. Vatikanische Konzil, insbesondere das Ökumenismus-Dekret, gezeitigt hat. Zugleich freue ich mich, dass wir die Herausforderungen, vor denen wir in Mecklenburg stehen, an der Basis in guter Verbindung und oft gemeinschaftlich angehen:
- In einem Land, in dem sich Konfessionslosigkeit nun schon über Generationen als Normalität vererbt, ist es unsere gemeinsame Herausforderung, Menschen mit dem Evangelium in Kontakt zu bringen und biblisches Wissen als Bildungsgut gesellschaftlich zu verankern. Darum werden mancherorts ökumenische Bibelwochen veranstaltet. Darum setzen wir uns gemeinsam ein für Schulen in konfessioneller Trägerschaft.
- Gemeinsam stehen wir vor der Herausforderung, in sich immer weiter dehnenden Räumen kirchengemeindliches Leben zu gestalten und damit auch unserer gesellschaftlichen Herausforderung gerecht zu werden. Darum bin ich froh, dass es katholische und evangelische Kirchengemeinden in manchen Orten Mecklenburgs gibt, die Sonntag für Sonntag füreinander beten. Ich hoffe, dass es immer mehr Gemeinden werden, die dies tun.
Wir haben es erfahren: Große kommunale bzw. gesellschaftliche Anlässe geben uns die Chance, gemeinsam und phantasievoll das Evangelium von Jesus Christus unter die Leute zu bringen. Die BUGA hier in Schwerin war ein Beispiel dafür, wie gut es ist, die Kräfte zu bündeln. Schenke Gott, dass wir das auch vom Jahr 2017 werden sagen können! Ich bin überzeugt: Es kann uns gelingen, wenn wir den 500. Jahrestag des Beginns der Reformation ganz bewusst und weiten Herzens als Christusfest begehen und feiern. Denn um Christus ging es Martin Luther und anderen Reformatoren vor allem. Welch eine Chance, die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für diesen Jahrestag zu nutzen, um Menschen für Christus, seine Botschaft und sein Heilswirken zu interessieren!
Aber auch für unser direktes Miteinander kann das Jahr 2017 bedeutsam sein. Vatikan und Lutherischer Weltbund haben folgenden Dreischritt vorgeschlagen:
- Advent als Symbol für den Empfang und die Feier der erneuernden Kraft des Evangeliums,
- Passion als Zeit der Buße und des Heilens der Erinnerungen,
- Pfingsten als die Zeit, um sich über die erwartete Einheit der Kirche als Geschenk Gottes zu freuen.
Lassen Sie uns diese Vorschläge bei uns in Mecklenburg im Rahmen unserer Möglichkeiten aufnehmen! Ich lade herzlich dazu ein, darüber ins Gespräch zu kommen. Gegenseitige Besuche, gemeinsame Andachten und Gottesdienste oder auch Pilgerwege können unsere Gemeinschaft geistlich vertiefen. Wir mecklenburgischen Lutheraner haben kein Interesse, uns auf Kosten unserer katholischen Geschwister zu profilieren. Das wäre töricht. Bezeugen wir Christus den Menschen unserer Zeit – auf je eigene Weise und gemeinsam! Papst Franziskus hat recht: Wir brauchen eine missionarische Entschiedenheit, „die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient“.[1]
Möge Gottes Geist uns dazu leiten!