31. August 2014 - Kirche zu Zinnowitz (Usedom)

31. August 2014 - Predigt im Festgottesdienst anlässlich des 50. Jubiläums der Greifswalder Diakoninnengemeinschaft

31. August 2014 von Hans-Jürgen Abromeit

Lukas 5, 1- 11

Menschenfischerinnen werden

Lukas 5, 1-11:

Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, um das Wort Gottes zu hören, da stand er am See Genezareth und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen. Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, so dass sie fast sanken. Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch. Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten, ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen. Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.

Liebe Diakoninnen, liebe Gemeinde,

wer Jesus und seinem Wort begegnet, dessen Leben ändert sich. So ist es schon in dieser Fischergeschichte vom See Genezareth. Mitten im Alltag ruft Jesus Menschen von ihrem Tagewerk weg und macht sie zu Menschenfischern. Dann heißt es von Ihnen: „Und sie verließen alles und folgten ihm nach.“ Wegen dieses Endes dieser Geschichte hat die Greifswalder Diakoninnengemeinschaft ihre Brosche als ihr Kennzeichen bekommen. Die Brosche mit dem geöffneten Netz, in dem sich auch zwei Fische finden, ist das Kennzeichen, das der Diakoninnengemeinschaft ihr Motto gibt. Ob als Kinderdiakonin, Gemeindediakonin, Verwaltungsdiakonin oder Wirtschaftsdiakonin, bei ihrer Einsegnung haben Sie diesen Auftrag mit auf den Weg bekommen, Menschen für Jesus Christus zu gewinnen.

Und das ist eine tolle Geschichte, die Sie als Diakoninnen natürlich oft gelesen, gehört und ausgelegt bekommen haben. Trotzdem möchte ich versuchen, Ihnen heute auch einige neue Akzente vorzulegen. Pommern, das „Land am Meer“, ist ja eben seit jeher eine Küstenregion, heute stark geprägt vom Tourismus. Ursprünglich aber bestimmt von der Fischerei und den Seefahrern. Die Menschen hier haben eine natürliche Nähe zu den Fischergeschichten der Bibel. Häufig finden wir sie in den Kirchen und auf den Altären unserer pommerschen Kirche. Ich denke nur an die Kirchen in Greifswald-Wieck, an Lubmin, Prerow, an die Kapelle in Vitt, wo Kosegarten seine berühmten Uferpredigten gehalten hat. Die Verbindung zum Wasser und zum Fischen ist für Pommern so prägend, dass sogar der alte Namen genau daher rührt: Pommern, das Land am Meer.

Vielleicht könnte sich deswegen die Geschichte, die wir eben als Bibellesung gehört haben, auch hier zugetragen haben. Fischer gehen ihrer ganz normalen Arbeit nach. Sie bleiben die ganze Nacht auf dem See oder – wie es auch heißt – auf dem Galiläischen Meer, aber diesmal haben sie Pech. Die Netze bleiben leer. Das ist eine allgemein menschliche Erfahrung. Wer arbeitet, ob in der Landwirtschaft, in der Fischerei oder mit Menschen, der macht die Erfahrung, dass manchmal unser Mühen auch vergeblich ist. Das ist der Hintergrund unserer Erzählung. Es geht darum, dass Jesus mitten im Alltag Menschen vor Gott stellt. Schließlich erleben diese Menschen etwas Außerordentliches. Sie machen eine Gotteserfahrung. Am Ende hat Jesus ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt und sie zu „Menschenfischern“ gemacht.

Petrus hatte Jesus schon in der Synagoge predigen gehört. Er hatte erlebt, wie Jesus Menschen geheilt hatte. Auch die Schwiegermutter des Petrus war durch Jesus von einem schlimmen Fieber genesen. Dadurch hatte Petrus Vertrauen zu Jesus gefasst. Aber sein Leben wurde erst durch diese alltägliche Begegnung verändert.

1. Jesus begegnet uns im Alltag

Es gibt eben diese ergebnislosen Tage und Nächte. Da hast du dich gemüht, du hast dich eingesetzt, aber es hat alles nichts gebracht. Genauso war es auch Petrus, Jakobus und Johannes gegangen. Sie verstanden ihr Fischerhandwerk. Und so fragten sie sich, warum sie diesmal nichts gefangen hatten. Sie waren zur richtigen Zeit auf den See gefahren. Sie waren an der richtigen Stelle gewesen, dort, wo sich normalerweise der Muscht, der größte und ertragreichste Fisch des Sees aufhielt. Sie hatten die richtigen Netze benutzt. Und trotzdem hatten sie diesmal nichts gefangen. Oft bin ich an diesem See Genezareth gewesen. Ich liebe ihn. Er gehört für mich mit zu den schönsten Gegenden der Welt. Ich halte es deswegen auch nicht für einen Zufall, dass Jesus sich diese Weltgegend ausgesucht hat, um mit seinem öffentlichen Wirken zu beginnen.

Vor 20 Jahren traf ich am Ufer des Sees Genezareth bei einer archäologischen Ausgrabung, die viele Archäologen für die Heimat von Petrus, seinem Bruder Andreas und von Philippus halten, einen alten Mann. Er stellte sich vor: „I‘m Mendel Nun, I‘m a retired fisherman.“ „Ich bin Mendel Nun, ich bin ein pensionierter Fischer“. 50 Jahre lang hatte er als Fischer gearbeitet und dabei auch alles erforscht, was es am See Genezareth über die Fischerei zu wissen gibt; über die Orte, an denen es sich lohnt, das Netz auszuwerfen; über die Zeiten, an denen es allein Sinn macht, zu fischen.

Alle Fischarten und ihre Verhaltensweisen kannte er in- und auswendig. Und er erklärte mir, dass ein Fischernetz nicht gleich einem Fischernetz ist. Am See Genezareth wird das so genannte „Spiegelnetz“ eingesetzt. Es ist ein dreiwandiges Netz, in dem sich die Fische verfangen. Man nutzt es bis heute, vor allem für das Fischen des so genannten Petrusfisches, den die Einheimischen Muscht nennen. Es ist ein bis zu 40 cm großer wohlschmeckender Fisch, der besonders im Norden des Sees Genezareth vorkommt. Nachts wird das Netz abgelassen. Es steht dann wie eine Mauer im See. Das Fischerboot begibt sich auf die Seite zwischen Netz und Ufer. Die Fischer machen dann Lärm. Sie schlagen mit dem Ruder auf das Wasser, trampeln auf dem Boden des Bootes. (Wehe, wenn du dann als Camper am Ufer übernachtest! Dann stehst du senkrecht in deinem Bett.) Dadurch werden die Fische aufgeschreckt und verfangen sich in dem Netz. Ein guter Fang kann schon einmal 50 bis100 kg ergeben. Fischveteranen erzählen von Fängen mit einer halben Tonne Gewicht. Am nächsten Morgen werden dann die Netze gesäubert. Mit der Hand wird Fisch für Fisch aus dem Netz geholt.

Aber diesmal haben Petrus und die anderen Fischer nichts gefangen. Trotzdem muss das Netz gereinigt werden. Missmutig stehen sie am Ufer und entfernen den Unrat aus dem Netz. Wie gern hätten sie stattdessen Fische aus dem Netz geholt. Die ganze Nacht hatten sie sich um die Ohren geschlagen. Sie hatten all ihr Wissen angewandt, aber diesmal hatten sie nichts gefangen.

Da kommen viele Menschen heran. Jesus hatte in Kapernaum gelehrt und gepredigt und der Zulauf wird immer größer. Schon war die Menge so groß, dass man ihn nicht mehr verstehen konnte. Da geht Jesus mit dieser riesigen Menschenmenge bis zum Hafen und sieht dort die beiden Fischerboote. So ein Fischerboot kann man gut als eine Kanzel benutzen, wenn die Menschen im Hafen sitzen und stehen und der Prediger mit dem Boot etwas herausfährt. Jesus bittet nun einen der Fischer, eben diesen Simon, wir kennen ihn besser unter seinem späteren Namen Petrus, ein wenig vom Land wegzufahren. Dann predigt er den am Ufer Stehenden und Sitzenden vom Boot aus. Die Zeit vergeht. Es wird heiß. Es ist genug gepredigt. Da sagt Jesus zu Petrus: „Fahre hinaus und werft eure Netze zum Fang aus!“ Jeder der Fischer greift sich an den Kopf, denn sie wissen nur zu gut, die Tageszeit zum Fischen ist vorüber. Und so geht es auch Simon. Er sagt: „Herr, das ist nun alles falsch. Die ganze Nacht haben wir gefischt und gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es bist, tun wir dir den Gefallen und werfen die Netze noch einmal aus.“

Und dann ist es kaum zu glauben. Sie fangen eine große Menge Fische. Die Netze beginnen schon zu zerreißen. Die Fischer können sie gar nicht alleine ins Boot ziehen. Sie rufen ihre Gefährten herbei. Und sie ziehen gemeinsam und nur gemeinsam schaffen sie es. Und beide Boote sind voller Fische.

Mein pensionierter Fischer sagte dazu: „Das alles ist eine wahre Fischergeschichte. Selbst, wo sie etwas übertrieben scheinen könnte, ähnelt sie stark den Erzählungen von Fischereiveteranen am See Genezareth, die sich auch heute noch an ganz außerordentliche gefangene Mengen von Muscht (Petrusfisch) bei nur einem Zug des Spiegelnetzes erinnern.“ (Vgl. Die Fischer am See Genezareth, S. 35. 41.)

Mitten in den Mühen des Alltags greift Gott in das Leben seiner Menschen ein. Nur, weil sie – wider alle Erfahrung – auf seine Aufforderung gehört haben, machen sie einen großen Fang. Erst wenn das Wort Gottes auch in unsern Alltag hineinkommt, verändert es unser Leben. Petrus hatte Jesus schon in der Synagoge gehört und das alles irgendwie gut gefunden, was Jesus verkündigte. Aber erst als er diese einschneidende Erfahrung „auf dein Wort hin“ macht, verändert es sein Leben. Sonntags oder als Helfer in der Not in besonderen Situationen, da rechnen wir mit Gott. So an die Ränder des Lebens scheint Gott zu gehören. Das ist aber ein Irrtum. Erst, wenn Gott etwas mit unseren täglichen Verrichtungen zu tun hat, dann hat er mit unserem ganzen Leben, dann hat er mit uns wirklich zu tun.

Liebe Diakoninnen, hat nicht Helga Krummacher euch immer wieder ermuntert, im Alltag die Bibel zu lesen, damit Ihr Leben und Gottes Wort zusammenkommen und Sie Erfahrungen mit Gott im Alltag machen können?

 

2. Den Abstand zu Gott empfinden

Nun hören wir von einer ganz erstaunlichen Reaktion. Was weiter erzählt wird, ist nicht etwa die riesige Freude über den Fang, der Jubel über eine Unmenge Fische, vielleicht von einer Feier gleich am Stand nach dem Motto: „So, nun lasst uns darauf erst einmal einen trinken“ (denn die Fischer waren schon harte Männer!). Nein, sie haben Angst vor dem, was sie dort erlebt haben. Sie merken: Der, der uns diesen Auftrag gegeben hat, der muss ein ganz besonderer Mensch sein. Darum sagt Petrus: „‘Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.‘ Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren“ (V. 8 b. 9 a).

Zunächst erschrecken die Menschen, wenn sie merken, dass sie auf die eine oder andere Weise hier mit Gott zu tun haben. Sie wundern sich. Sie stellen sich in Beziehung zu diesem Gott und fragen sich, ob sie so, wie sie sind, Gott entsprechen können. Wer Gott begegnet, merkt, dass wir ihm gegenüber ganz klein sind. Der Schweizer Theologe Karl Barth, einer der bekanntesten Theologen des letzten Jahrhunderts, hat dieses Dilemma in den Satz gefasst: „Wir sollen von Gott reden und können es doch nicht. Gott ist im Himmel und wir sind auf der Erde!“

So lautet die Antwort Jesu: „Fürchte dich nicht, von nun an wirst du Menschen fangen!“ Damit ruft er Menschen in seine Nachfolge und stellt sie an eine konkrete Aufgabe.

Liebe Gemeinde, liebe Diakoninnen,

wer dem lebendigen Gott begegnet, der wird in seinem Leben tief erschüttert1. Ich weiß das von einigen der Diakoninnen, die hier sitzen, dass das auch in ihrem Leben so gewesen ist. So ist die Geschichte vom Fischzug des Petrus ein Lehrstück über den Glauben und wie Menschen sich für ihn gewinnen lassen. Das beginnt mit Hören und dem Ernstnehmen von Gottes Wort. Es setzt sich fort im Zweifeln und Staunen. Zunächst mögen wir ungläubig sein über das, was wir hören. Wir kriegen auch nicht alles mehr so richtig zusammen. Jesus lässt uns staunen und reißt uns heraus aus unserem gewohnten Alltag. Es läuft alles darauf hinaus, am Ende Jesus Christus nachzufolgen.

Hören, Erschrecken, Staunen, Zweifeln, Nachfolgen: Manchmal erreicht uns das Wort Gottes, wenn das Leben gerade so schön in einer geordneten Bahn zu verlaufen scheint. Dann haben wir Angst vor den Konsequenzen, die vielleicht mit der Nachfolge verbunden sind und wünschen uns, dass jemand überdeutlich zu uns sagt: „Fürchtet euch nicht!“ Genau so redet Jesus seine Leute an, lädt sie ein, ihm zu folgen und dabei andere mitzunehmen.

3. Jesus sucht Menschenfischer

Jesus geht strategisch vor. Er sucht Menschen, die Fischen können, die die Erfolgschancen einzuschätzen wissen und die gleichzeitig bereit sind, sich von Gott überraschen zu lassen.

Vorpommern hat kirchlich gesehen ein besonders hartes Pflaster. Es scheint so, als ob die Menschen sich gegen eine Beeinflussung durch Gottes Wort verschlossen haben. Nie hat es in Vorpommern eine Erweckung gegeben. Es gibt in dieser Hinsicht viele Geschichten über den Unterschied zwischen Vorpommern und Hinterpommern. Die Menschen Vorpommerns scheinen sich seit Jahrhunderten in starkem Maße dem Worte Gottes gegenüber zu verschließen. Der verstorbene Oberkonsistorialrat Siegfried Plath pflegte manchmal scherzhaft zu sagen: „Die Vorpommern sind doch nur oberflächlich christianisierte Seeräuber.“ Da empfinde ich es als ein Wunder, dass ich heute auf so viele Menschen treffe, die eine Sehnsucht nach Tiefgang in ihrem Leben haben und auf einmal auch nach Gott fragen - trotz 40 Jahren atheistischer Propaganda und 25 Jahren materialistischer Ablenkung. Diese Menschen sind ansprechbar auf die Einladung zum Glauben an Jesus Christus. Aber sie wollen nicht in einer kirchlichen Sprache angesprochen werden, sondern so, dass sie es verstehen.

Liebe Diakoninnen, das ist und bleibt eure Aufgabe, Menschen zu fangen. Es ist die Aufgabe der gesamten Arbeit in unseren Gemeinden, Menschen in die Nachfolge Jesu Christi zu rufen. Vielleicht haben wir Probleme mit diesem Ausdruck, „Menschen zu fangen“. Denn die Menschen wollen natürlich nicht gefangen werden. Vielleicht sind sie gerade noch bereit, sich gewinnen zu lassen. Es kommt dann ganz darauf an, dass sie innerlich überzeugt werden. Es ist ganz wichtig: Ich kann und darf niemanden Jesus aufschwatzen, sondern ich kann nur in Respekt vor seiner Person von der erschütternden Heiligkeit Jesu erzählen.

Dabei gilt es auch immer wieder neue Wege zu gehen. Sich von Gewohntem zu verabschieden, tut dann weh. Doch nur so können wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen. Auch das Seminar für Kirchlichen Dienst (SKD) steht in einem stetigen Wandel. Ich weiß, wie schwierig es für Sie als Diakoninnen ist, die alle eine starke christliche Prägung mit aus dem Seminar in ihr Leben genommen haben, heute festzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler, die heute am SKD studieren, vielleicht nur zu 10 bis 20 % überhaupt Christen sind. Da beginnt die Aufgabe, Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen, schon in der Arbeit des Seminars selbst.

Um im Bild unseres Predigttextes zu bleiben, heißt das: Menschen haben sich durch schmerzliche Erfahrungen nicht entmutigen lassen. Sie sind noch einmal aufs Meer hinausgefahren, sie lassen sich in die Nachfolge Jesu rufen und vertrauen seinem Wort. Am Ende stehen sie nicht mit leeren Händen da. Das Netz ist im Lauf der Zeit voll geworden.

Aber damals wie heute gilt: Ohne meinen persönlichen Entschluss, auf den Ruf Jesu zu antworten, wird nichts in Bewegung kommen. Manchmal hören wir den Ruf Jesu nicht. Oder wir verwechseln seine Stimme mit anderen Stimmen, die so reichlich an unser Ohr dringen. Vielleicht nehmen wir sie auch in der Hektik des Alltags nicht wahr oder werden durch die Macht der Gewohnheit daran gehindert. Dennoch ist es so: Irgendwann stehen wir vor der persönlichen Frage, ob wir Jesus Christus mit unserem Leben nachfolgen wollen. Dafür werden wir die gewohnten Wege verlassen müssen. Das ist nicht einfach, geht auch nicht glatt und schon gar nicht ohne Zweifel ab.

Dafür ist Petrus ein Beispiel. Er war einer der eifrigsten für die Sache Jesu und als es darauf ankam, hat er sich dann doch nicht zu Jesus bekannt. So geht es vielleicht uns allen manchmal. Wie für Petrus, so gilt auch uns die Zusage: Auf diesen Fels will ich meine Kirche bauen. Jesus kann auch uns, selbst, wenn wir versagen, gebrauchen. Deswegen ruft er uns. Er will ganz normale Menschen in seinen Dienst nehmen. Er nimmt uns so an, wie wir sind, mit all unseren Schwächen, aber auch unsern Gaben. Diese Gaben, liebe Diakoninnen, nimmt er in seinen Dienst. So, wie er es auch bei euch gemacht hat. Da hat die eine Jahr für Jahr Kindern die großen Geschichten aus der Bibel erzählt und so Menschen für Gott gewonnen. Die andere konnte gut mit Senioren. Und die Kirchengemeinde war froh, dass die Arbeit mit den vielen alten Menschen in ihren treuen Händen lag. Die Dritte hat Erwachsene in Gruppen und Bildungsangeboten begleitet und sie dabei zum Glauben eingeladen. Andere haben Verwaltungsaufgaben übernommen oder wirtschaftliche Verantwortung getragen und so geholfen, dass die Kirche in Wort und Tat den Glauben bezeugen kann. So hat Jesus Christus mit einer jeden von Ihnen seine eigene Geschichte. Er hat Sie zu Menschenfischerinnen gemacht. Und über das Leben von Menschenfischern kann man ja manches sagen. Es ist oft nicht leicht, sein Leben lang diesem Ruf zu folgen. Aber eins kann man nicht sagen, dass es jemals langweilig geworden sei. Das Leben nach dem Ruf Jesu ist ein Abenteuer!

Liebe Gemeinde, lassen Sie das Wort Gottes an sich heran. Wer darauf hört, wird gewiss auch manches Mal zweifeln. Am Ende aber werden wir alle schauen, wie Gott aus geringen Anfängen etwas Großes gemacht hat, nicht nur bei den Fischern am See Genezareth, nicht nur bei den Diakoninnen, die jetzt schon 50 Jahre in der Gemeinschaft diesen Weg gehen. Sie haben erfahren: Dieser Weg aus dem Alltag heraus in den Dienst Gottes, geht nur über die Nachfolge. Ohne Hingabe an die Aufgabe, die Jesus uns stellt, können wir unsere Arbeit nicht tun. Liebe Diakoninnen, im Namen unserer Kirche danke ich Ihnen von Herzen, dass Sie sich auf diesen besonderen Dienst auf den Ruf Jesu hin eingelassen haben und eine ganz besondere Dienstgemeinschaft miteinander bilden. An vielen Orten haben Sie unserer evangelischen Kirche geholfen, ihr geistliches Profil auszubilden. In oft schwierigen Zeiten haben Sie den menschenfreundlichen Gott bekannt gemacht. Schön, dass Sie sich auf dieses Abenteuer eingelassen haben. Die Freude, die die Gemeinschaft schenkt, und das Wissen, an Gottes Werk mitzutun, stärken uns, auf diesem Weg der Nachfolge weiter zu gehen. Amen.

1 Dieses Erzählmuster finden wir bei dem Evangelisten Lukas immer wieder. Schon bei der Geburt Jesu fährt die Angst den Hirten durch die Knochen und der Engel sagt zu ihnen: „Fürchtet euch nicht!“ Die Hirten lassen genau wie die Fischer alles stehen und liegen und machen sich auf den Weg, um Jesus zu finden. Auch bei den Erscheinungen des Auferstandenen haben die Menschen zunächst Angst. Sie fürchten sich. Erst als die Engel ihnen gut zureden und als ihnen dann Jesus selbst begegnet, verliert sich ihre Angst und sie werden befähigt, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.

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