4. Juli 2014 - Grußwort zur Eröffnung des Ökumenischen Jugendzentrums
04. Juli 2014
Applaus! Applaus zu diesem ersten Ökumenischen Heaven-Jugendzentrum! Ich freue mich, die Eröffnung mit euch zu feiern! Wunderbar diese Weite, die Sprachen- und Kulturenvielfalt, das Stimmengewirr von so vielen jungen Gästen aus etlichen Nationen – das ist junge Ökumene! Lebendig. Kreativ. Sensitiv. Applaus für diesen Raum der Begegnung, der zugleich Auftakt ist für das neue „Netzwerk junge Ökumene in der Nordkirche“. Gut, dass es das jetzt gibt. Denn es macht uns darauf aufmerksam, dass und wo wir etwas bewegen müssen. Weltweit. Auf dieser Erde, die wir alle bewohnen. Sie ist „oikos“, aus dem Griechischen: das Haus aller. Gleich, woher wir kommen. Und welcher Konfession oder Religion wir angehören. Ein Zuhause, in dem Menschenrecht lebt und Friedensliebe!
Aber das fällt ja bekanntlich nicht vom Himmel. Wir brauchen Wege. Worte. Verstehen. Neu Hinschauen. Eben: Ökumene – Weltwärts. Über die Grenzen hinweg.
Und so sucht ein ökumenisches Netzwerk wie dieses die Weite des Himmels. Damit er auf Erden einzieht. Es fragt: „Und was glaubst du?“ Es sucht eine Sprache für klare Verhältnisse. Für Partnerschaft. Für zärtliche Gefühle. Und für die Ehrlichkeit.
Für Feindschaft ist da kein Platz.
Für Intoleranz kein Verständnis.
Für die Faust kein Grund.
Gut so, und es singt in mir weiter:
„Ist meine Hand eine Faust,
machst du sie wieder auf.
Und legst die Deine in meine.
Du flüsterst Sätze mit Bedacht
Durch all den Lärm
Als ob sie mein Sextant und Kompass wär`n.
Applaus, Applaus,
für deine Worte.
Mein Herz geht auf,
Wenn du lachst.
Für deine Art mich zu begeistern.
Hör niemals damit auf!
Ich wünsch mir so sehr,
du hörst niemals damit auf.
Ihr kennt das Lied sicher – es ist von Sportfreunde Stiller. Echte Sportfreunde, die echte Liebeslieder schreiben können. Fußballbegeistert sind sie, immer schon und natürlich gerade jetzt, bei dieser WM! Und erst recht nach diesem tollen Spiel der Deutschen eben!
Sportfreunde Stiller sehen bei aller Begeisterung aber auch die, die die Faust ballen. Sie schauen in dieses sozial zerrissene WM-Land Brasilien und sagen trotz allem Sportsgeist: So viel Geld geht leider nicht in die dringend benötigten Schulen, Krankenhäuser, bezahlbare Wohnungen. Sondern es fließt in die Taschen von Baukonzernen, milliardenschwer.
Ist die Hand eine Faust,
machst du sie wieder auf,
und legst die deine in die meine.
Ganz wie hier: „Heaven ökumenisch“ ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Eine Freundschaft nämlich, die sich einfühlt in den anderen am anderen Ende der Welt. Freundschaft, die auch die Wut versteht. Und die Enttäuschung. Die Benachteiligung. Die weiß, dass im Moment Menschen um ihr Überleben kämpfen. Echte Freunde tragen auch in schweren Zeiten, wenn der Himmel auf Erden sich einfach nicht einstellen will.
Ist meine Erde eine Scheibe,
machst du sie wieder rund – heißt es weiter.
Zeigst mir auf leise Art und Weise
was Weitsicht heißt.
Will ich mal wieder mit dem Kopf durch die Wand,
legst du mir Helm und Hammer in die Hand.
Mag sein, auch zwischen euch hier wird dieses Festival der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Zwischen euch, die ihr vielleicht auch manchmal mit den Wänden um euch herum hadert. Es ist die Freundschaft der Gleichen, die ähnliches empfinden. Aber auch die Freundschaft der Ungleichen, die sich nie gesucht, und doch gefunden haben. Die Freundschaft zwischen Dorfbewohner und Flüchtling, alt und fremd, jung und Lehrer, zwischen Inder, Afrikanerin, Letten und Eutinern. Zwischen evangelischer Pastorin und Benediktinermönch. Eben eine Freundschaft, in der der Unterschied nicht trennt. Auch der religiöse und konfessionelle Unterschied nicht!
Und auf einmal sind wir einander nicht mehr Fremdlinge und auch nicht mehr nur Gäste auf der Erde. Sondern ausnahmslos alle willkommen geheißen als Kinder Gottes auf dieser Erde. Als Gemeinschaft, die sich trägt und heilsam ist für all die Entrechteten und Gehandicapten. Indem sie das Böse durch das Gute und überhaupt Trennendes überwindet. Das ist die Vision unserer Kirche der Zukunft!
Und ich schaue mich um und sehe das Gegenteil: dass die Welt so zerrissen ist, getrennt durch Zäune und Mauern, in der die reichen Nationen für sich bleiben und die armen sich selbst überlassen.
Ich schaue mich um und sehe, wie auch ihr, dass eine Diktatur in Syrien nun schon drei Jahre wütet. Ich sehe die Verfolgten in den Flüchtlingslagern, so viele Christen darunter.
Dahinein sagt die Vision: Die Kirche der Zukunft träumt von einer besseren Welt, in der kein Mensch dazu gezwungen wird, seine Heimat zu verlassen.
Und ich schaue mich um und sehe – so wie ihr –, dass Bomber fliegen und Kriegsschiffe drohen, dass Panzer rollen und Menschen erschossen werden. Beängstigend, dass dies wieder und wieder passiert, so nah auch an uns, in der Ukraine. Und ich merke, dass mir dies sehr nachgeht. In diesem Jahr 2014, in dem wir des Ausbruches des Ersten und des Zweiten Weltkrieges gedenken. Und ich denke an die Bilder, die jetzt täglich zu sehen sind: wie die Jungen mit 17, 18, 19 Jahren, begeistert in den Krieg zogen, mit – Applaus. Auch dem der Kirchen. Mein Gott.
Meine Vision bleibt die Versöhnung, die nur geschehen kann, wenn die Fäuste geöffnet werden und die Waffen schweigen, wenn Gegner miteinander reden oder sogar gemeinsam beten, so wie es die Präsidenten Israels und Palästinas es im letzten Monat in Rom getan haben, gemeinsam mit Papst Franziskus. Gerade jetzt, wo es dort so eskaliert, dürfen wir nicht nur zuschauen, sondern müssen uns einbinden in das Netzwerk der Friedensbeharrlichen! Und dies gemeinsam mit den muslimischen Geschwistern, die derzeit im Monat Ramadan fasten (noch ungefähr eine Stunde) und für den Frieden beten.
Wir alle brauchen das Gebet, das sich traut. Einen Glauben, der Taten kennt. Das Lied, das nicht verstummt. Weil es eine Vision gibt! Für die man brennt, weil sie so richtig ist oder so wunderschön. Was wären wir ohne Leidenschaft für die andere Wirklichkeit. Also auch andersherum: Die Vision vom Reich Gottes braucht uns, damit sie lebendig bleibt. Immer wieder.
Und ich sehe euch an: Ja, ihr könnt viel bewegen. Aufbauen. Aufrichten. Als lebendige Steine, die das Haus Gottes in der Welt bauen. Unbeirrbar. Als Steine, so wie ihr seid – fragend, gewitzt, vernünftig, unvernünftig, sehnsüchtig, träumerisch, nicht kompatibel. Oder ganz Lego…Ihr könnt lebendige Steine sein, die etwas bewegen in dieser Welt. Gewissermaßen Rolling Stones im Namen des Herrn.
So soll die Arbeit hier in diesem Ökumenischen Zentrum gesegnet sein. Denn wir wissen: Es gibt keinen Grund, der gelegt ist, außer Jesus Christus. Diese Zusage steht. Das hält, wenn es gilt, die Türen zu öffnen, auch innere. Christus hält uns, wenn wir fragen, suchen, ringen, aufbauen. Er ist wie ein wahrer Freund an unserer Seite – der in unsere Herzen die Sehnsucht senkt, dass uns endlich, endlich eine gemeinsame Sprache eint.
In diesem seinem Haus.
Applaus, Applaus,
für seine Worte.
Mein Herz geht auf!
Und ich bin sicher, liebe Freundinnen und Freunde,
er hört niemals damit auf.
Niemals.
Applaus, Applaus!