5. Oktober 2014 - Erntedank - Festgottesdienst zur Wiedereinweihung der neuen Orgel
05. Oktober 2014
2. Chronik 5
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt! Amen
Nun danket alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen ! Alles, was recht ist, liebe Festgemeinde, dieser Aufforderung wird heute hier in der Christuskirche gründlich nachgekommen! Wer täte es auch gerade heute nicht gern? Am Erntedanktag? Wohltönend begleitet von dem neuen Klang Ihrer neuen Orgel, Frucht gemeinsamer Bemühungen und nun geweiht und gesegnet! Wer empfände es gerade heute nicht, dass die Musik des Lebens mit all ihren Registern etwas Wunderbares hat? So viel Grund haben wir zu danken. Also aufgeatmet und gesungen: Lobet den Herrn! Dankbarkeit ist heute die Grundmelodie.
Danken ist eine Melodie. Heute besonders, aber nicht nur. Sie ist überhaupt ein menschliches Grundbedürfnis. Nicht nur von uns Christen. Oder in einem musikalischen Festgottesdienst. Nein, Dankbarkeit ist ein tiefes inniges Gefühl, das sich öfter Luft machen möchte. Weil es z.B. geboren wird im Moment überstandener Krise. Oder im Moment des Glücks, das einen heiß durchfährt. “Thank you for everything, god!” „Grazie!“ „Dank dafür, dass wir vor größerem Unheil bewahrt wurden.“ „Danke, Gott, für meine tolle Familie, sagen Nils und Opa.“ All diese Sätze habe ich in den Gästebüchern unserer Kirchen gefunden; ich komme ja ziemlich herum. „Danke“ ist darin mit Abstand das häufigste Wort. Menschen allen Alters und aller Nationalität danken in allen Sprachen – für Bewahrung und Schutz, für Nähe, Trost und das Licht, für Orgeln und für den Organisten, der „heute allein für mich geübt hat“, sie danken für die Stille, für „de warme Kark“, dafür, dass „ich nun endlich einen geliebten Schatz fürs Leben gefunden habe“. Und es kann einen regelrecht anrühren zu lesen, wenn ein Mädchen dem Gästebuch anvertraut: „Lieber Christoph, ich vermisse dich. Aber ich freue mich, dass du im Himmel Freude hast. Ich habe eine Kerze für dich angezündet. Ich habe dich sehr doll lieb und ich bin fast acht. Tschüss und grüß da oben alle ganz doll von mir.“
All diese Worte lassen ganze Lebensgeschichten ahnen, liebe Gemeinde. Sie zeigen, dass sich die Menschen über die Zeiten hin mit ihren Sorgen und ihrem Glück anvertrauen möchten. Dass sie auf Wunder hoffen und auf ein gesundes Kind, dass sie vor Gott bringen wollen, was sie bewegt: Freude, Staunen, Liebe, Trauer, die oft tiefen Zweifel, die Angst, das Sterben und - gerade doch jetzt! - Friedenssehnsucht für diese Welt. Und dann eben immer wieder der Dank. All dies ausschnitthaft festgehalten, Tag für Tag, Jahr für Jahr, wie eine Chronik, die von vielen geschrieben viele Stimmen vereint zu einem Choral des Lebens.
Im 2. Chronikbuch, vier Jahrhunderte vor Christus geschrieben, können wir das ganz ähnlich nachlesen. Ich lese den Predigttext:
Also wurde alle Arbeit vollbracht, die Salomo am Hause des Herrn tat. Und Salomo versammelte alle Ältesten Israels,… und es brachten die Priester die Lade des Bundes des Herrn in den Chorraum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim. Und alle Leviten, die Sänger waren – angetan mit feiner Leinwand – standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es nur einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken den Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: „Danket dem Herrn, er ist gütig und seine Barmherzigkeit währt ewig!“, da wurde das Haus des Herrn erfüllt mit einer Wolke, so dass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten, denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.
Zum Festgottesdienst der Tempelweihe – Gott, welch erhabener Bau! – ziehen unzählige Leviten fein gewandet ein. Sie singen in allen Sprachen ihr Kyrie und Gloria, und Credo dazu, begleitet von Musik, allein 120 (!) Trompeten, mein Gott, alles geht drunter und drüber vor lauter Glück! Es singt, trompt und rasselt überall.
Und mit einem Mal ist da ein besonderer Moment, der über sich selbst hinauszuweisen scheint. Ein Klang, der alles, was da durcheinander geht, zusammen bringt. Ein Klang, der die Menschen innehalten lässt und sie verändert. So als wäre es nur eine Trompete und nur eine Stimme, die mit ihrer Schönheit alles durchdringt und ansetzt zum Dankeschoral. Und genau in diesem Moment des Unisono - wo sich tatsächlich einmal alle einig sind! - da erscheint der Geist Gottes in der Wolke. So unantastbar heilig ist dies, dass selbst die Priester nicht mehr hinzutreten können. Da ist nur noch Raum für ihn, Gott in der Wolke und Gott in diesem einen, unfassbar schönen, alles tragenden Ton….
Danket dem Herrn, mit Psalter und Harfen! So steht es in der Chronik damals und so schreibt es die Pinneberger Festschrift heute fort. Denn immer wieder ist es die Musik der Königin Orgel, die die Menschen allen Alters zutiefst berührt. Kürzlich begegnete ich nach einem Gottesdienst einem etwa 17-jährigen Mädchen. Noch nie in ihrem Leben wäre sie in einer Kirche gewesen, sagte sie. Und sie sei so begeistert. Nicht von der Predigt, sondern von diesem Raum, von diesem Klang, dieser großen Musik. Noch nie hätte sie so etwas gehört. Sie habe richtig Tränen in den Augen gehabt. Ihr war, als würde jemand mit ihr reden, der sie mag und versteht.
Ich wünschte, sie wäre auch heute hier. So feinsinnig und zugleich imposant ist der Klang der Orgel! Und so viele haben daran mitgetan. Haben Spenden gesammelt, für dieses Instrument geworben. Jahrelang. Sie haben alle Hindernisse glücklich aus dem Weg geräumt, alle Verzögerungen geduldig ertragen. Was liegt näher als zu danken? Danke, sage ich für alle von ganzem Herzen, für die neu klingenden Trompeten, Zungen, Pfeifen und Mixturen. 1842 Pfeifen, das ist mindestens so beeindruckend wie die 120 Trompeten der Leviten. Dank denen, die das ermöglich haben durch Einsatz und Patenschaft und Geld, dank denen, die das zustande gebracht haben durch ihre fachkundige Begleitung und Beratung, dank denen, die mit ihrer Kunst das Instrument zum Klingen bringen, dank den Sänger und Sängerinnen und der wunderbaren Chormusik - und vor allem: Dank dem, dem die Orgel zum Lobe gespielt wird.
Denn solche Musik gibt Gott die Ehre. Sie gibt dem Unsagbaren Ausdruck. Sie klagt und heilt und lobt und befremdet wie das Heilige selbst. Musik ist eben kein schmückendes Beiwerk zum Wort, oder gar zur Predigt oder zu den „Priestern“. Sie ist selbst eine eigene Sprache des Evangeliums. Und so vermag die Musik oft für Menschen die eine Stimme zu sein, die die aufgewühlte Seele erreicht mit Gottes Wort und seinem Trost. Sie vermag die eine Stimme zu sein mit klarem Ton, die uns auf einer Ebene berührt, wo das Sehnen ist und das Hoffen. Musik vergewissert einen mit eigenem, feinem Klang, dass wir eingebunden sind in ein größeres Ganzes, das Sinn gibt und Ziel. Und liebe Gemeinde, diese Sprache des Glaubens können wir nun mit allen Registern verkünden, die diese Orgel wieder zu bieten hat, einschließlich des Registers der Lebensfreude.
Und es war, als hörte man nur eine Stimme loben und danken den Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: „Danket dem Herrn, er ist gütig“, da erfüllte die Herrlichkeit des Herrn das Haus Gottes.
Musik belebt, ja erfüllt Räume. Auch innere Räume. Und mit ihr nimmt - manchmal ganz unvermutet – auch Gott in uns Menschen Platz. So beschreibt es wunderschön dieser alte Text aus der Chronik. Und genau an dieser Stelle hat Johann Sebastian Bach in seiner Bibel einen Satz notiert, der auf den Punkt bringt, worauf es überhaupt ankommt: „In jeder andächtigen Musike ist Gott in seiner Gnaden Gegenwart.“
"Andächtige Musike" kann einen so ruhig machen. So klar. So friedensleis. Es ist, als würden Angst und Bestürzung über die Schrecken der Welt in dem Maße weichen, wie der Ton Gottes Raum gewinnt. In dieser Kirche. Aber auch in uns selbst. Es ist dies die andere Wirklichkeit, die die Welt durchdringt. Eine Wirklichkeit, die in uns Zuversicht weckt nach Licht und Glück und Friedensnähe. Eben die Wirklichkeit Jesu Christi, der uns liebt und mit dem Evangelium eben sagt. „Du bist meine Lilie, mein Augenstern, also sorge dich nicht! Wieso sollte ich dich nicht mit Gnade anschauen?!“
Deshalb eine neue Orgel. Sie soll uns zum Singen bringen. Damit wir Gottes Gnadenton in uns hineinholen. Um Kraft zu bekommen, wenn Sorge uns drückt.
Deshalb eine Orgel. Wir sollen singen. Gottes Ton hinaus bringen in die tobende Welt. Damit all die Belasteten, Getriebenen und Verfolgten unserer Zeit hören von der Gnade, die niemals aufhört. Damit sie hoffen: Seine Gnade bleibt. In Dunkelheit und im Schmerz und in der Liebe.
„Gracias, lieber Gott“, schreibt Maria ins Gästebuch, „ich habe alles gut überstanden.“ Gracias. Aus den vielen Worten, die gesprochen und in den Chroniken der Moderne geschrieben sind, verdichtet sich's in diesem einen Wort. Heute, am Erntedanktag. So wie die vielen Pfeifen, Zimbeln und Zungen sich fanden in dem einen Ton: Gracias - danke, und gratias, die Gnade – Dank und Gnade sind eins.
So danke ich dir, o Gott,
für deiner Gnaden Gegenwart
immer schon da
und jeden Moment neu.
Jeden Morgen, den du werden lässt,
will ich loben und dir danken
– dies zuallererst –
zuallererst will ich loben, nicht klagen,
bevor der Alltag seinen Reigen spielt.
Und die Angst und das Verzagen
mögen vergehen durch deinen Segen
kann ich doch – so reich ist die Ernte des Lebens! –
beim Loben und Danken
einfach nicht vergessen,
was du mir Gutes getan hast.
Gerade heut.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Vor dieser Predigt stand die
Einweihungshandlung der Orgel durch die Bischöfin
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen
Dankbar feiern wir – so dankbar, alle miteinander, vielstimmig und das gemeinsam. Dankbar, dass wir sie nun endlich gleich hören - und nicht mehr nur schön ansehen: Die romantische Orgel, gebaut von Albert Baumhoer. Es ist geschafft! Das ist ein bewegender und herrlich feierlicher Moment. So viele Jahre, seit 2008, wurde sie erdacht, geplant, ersehnt, erhofft – und gleich erklingt sie. Und es erfüllt Sie, liebe Christusgemeinde, und ich glaube, insbesondere Sie, lieber Orgelbauverein und lieber Herr Polzin und lieber Herr Schöbel, mit Stolz und Freude. Zu Recht. Haben doch so viele daran mitgetan! Mit Ideenreichtum und anderem Vermögen. Danke sage ich dafür. Danke Ihnen allen, die Sie mit Finanzen, Fachkenntnis, Geduld, und Herz diese Baumhoerorgel wieder zu einer Königin gemacht haben. Sie soll Gott zur Ehre, und sie soll der Gemeinde zur Freude und zum Trost erklingen.
So wie es im Kolosserbrief im 3. Kapitel steht: Lasst das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit: mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus, und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kol 3,16f)
Und so beten wir: Lebendiger Gott, unser Herz ist voller Dankbarkeit für diese Orgel. Ein segensreiches Zusammenwirken von so vielen! Wir bitten dich: Sei mit deiner Andacht gegenwärtig in der Musik; sie ist ein so großes Geschenk! Gib uns durch sie eine Stimme für unser Kyrie und unser Gloria, heute aber besonders für den Dank – mit allen Registern. Dir zur Ehre. Damit wir leben, wie Christus es will: in Gemeinschaft, versöhnt in einem Klang. Durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder. Amen
Im Hören auf Gottes Wort und unter seinem Segen
sei nun diese Orgel dem Dienst Gottes geweiht.
Als Stimme des Lobes und als Ort der Nähe Gottes zu uns.
Im Namen des Vaters und des Sohnesund des Heiligen Geistes. Amen
Erstes Lied gemeinsam mit der Orgel:
321, Nun danket alle Gott