6. Juli 2014 - Festgottesdienst mit Abendmahl zur Beauftragung der PrädikantInnen
06. Juli 2014
Mt 5, 13-17
Gnade und Friede von Gott, der da war, der da ist, der da kommt.
Liebe Festgemeinde!
Es war eine so besondere, eine Sternstunde. Dort auf dem Berg. Jesus, ganz dicht neben den Mühseligen und Beladenen, nimmt ihnen jeden dunklen Gedanken von der Seele. Vor sich das weite Land durchflutet die Menschen Klarheit. Helle Hoffnung. Gott.
Und dann spricht er es ihnen auch noch zu: Ihr seid das Licht der Welt. Einmalig, kostbar. Ohne euch erhellt sich nichts. Ihr seid das Salz der Erde, ohne euch kann man nicht schmecken, wie freundlich Gott ist.
Ob sich das die Menschen wirklich selbst geglaubt haben? Oder besser ihm, der das damals, aber ja auch heute über uns sagt? Angesichts der düsteren Schattenseiten menschlichen Seins. Damals und heute. Gerade dort, in der Nähe dieses Berges, wo just in diesen Tagen Jugendliche brutal getötet wurden, Israelis wie Palästinenser, in diesem zerstörerischen Kampf um Land und Macht und Menschenrecht. Mein Gott, so lange schon.
Ihr seid das Licht der Welt.
Kommt das bei den Menschen trotz allem an? Kommt so ein altes Wort an bei den Menschen heutzutage, die ja auch in friedlichem Land zuhauf mit Ängsten kämpfen? Der Angst etwa, den nächsten unwägbaren Schritt zu tun. Die Angst, das Kind in die Höhe klettern zu lassen. Ach, überhaupt die Angst um die, die wir lieben. Aber ja auch um uns, dass wir uns nicht wehtun. Oder schuldig werden. Oder dass wir uns blamieren nach Strich und Faden. Angst und Scham verhindern so viel Leben! Dabei ist die ursprünglichste Angst des Menschen die, zu fallen. In Ungnade, Leidensschwere und Dunkelheit.
Ihr seid das Licht. Was für ein Gegenprogramm! Eine Verheißung, die mit jeder und jedem hier rechnet!
Und mehr noch: Ihr seid das Salz der Erde. So kostbar. Ja, lebensnotwendig. Ohne Salz ist alles nichts. Der Kreislauf nicht. Die Suppe nicht. Und letztlich auch nicht das Dessert. Salz ist Lebenselixier und schwer zu gewinnen – der Begriff Salär spricht diese Sprache des mühselig Verdienten. „Ihr seid Salz!“ ist also viel mehr als eine Prise Anerkennung. Es ist die totale hingebungsvolle Liebeserklärung Jesu an den Menschen.
Und die hört gar nicht auf! Ihr seid das Licht, ihr bringt Klarheit in die Welt. Mit Worten. Aber auch mit Werken. Gut so! Rauf damit auf den Leuchter, Licht ist ja nicht umsonst die erste wunderbare Erfindung unsers Schöpfers. Wer schon einmal totale Finsternis erlebt hat – und wie sehr einen dies aus der Orientierungskurve haut –, der weiß, wie erleichternd schon ein klitzekleines Sternenpärchen ist. Dann ist da nämlich endlich wieder der Himmel und unter meinen Füßen endlich wieder Boden. So gesehen ist Licht geradezu seelenrettend.
Ihr seid das Licht. Das ist keine Frage. Kein Irrealis. Das ist Indikativ. Ihr habt die Kraft, Angst zu nehmen. Also bitte: Raus damit. Alle miteinander. Weil es in dieser Welt an so vielen Orten düster ist und gewalttätig und verlogen.
Es geht um das Herzstück und – wenn man so will – die Spitze des Evangeliums. Zielt doch die Bergpredigt vom ersten bis zum letzten Wort auf eines hin: dass wir wirklich etwas von der Lebensfreude empfinden, die jedem Menschen zusteht. Ohne zu verleugnen, dass es Menschen dreckig geht. Die Bergpredigt sagt es ja gerade wahrheitsnah: Selig sind, die da Leid tragen… Gottes Wort ist eben wie Licht in der Nacht! Nicht allein am Tage. Selig seid ihr, die ihr hungert und dürstet nach frischem Wasser…
Übrigens: Gott spricht sein Wort schon die ganze Zeit, liebe Festgemeinde. Den ganzen Gottesdienst hindurch. In der Musik eines Felix Mendelssohn Bartholdy, in der neuen Freundschaft mit der Prädikantin neben dir, in der unzerstörbaren Friedenssehnsucht aller hier. Er sagt damit, dass immer die Angst kleiner und die Liebe größer werden wird! Dennoch bleibe ich stets an dir. Da ist kein Wenn und Aber. Keine Relativierung. Kein: unter der Berücksichtigung von. Wir sind hier auf dieser Erde, selig zu werden. Und also – das geht gar nicht anders – sind wir Salz und Licht. Nichts weniger.
Es war, fand ich, eine besondere, eine Sternstunde als wir uns trafen in der Bischofskanzlei, liebe Prädikantinnen und Prädikanten. Als wir gewissermaßen auch auf dem Berg standen und in das weite Land vor uns blickten. So verheißungsvoll offen. Natürlich gab es auch Last im Lebensrucksack und „Mühselig-Beladenes“ in Ihrem Leben. – Dennoch. Es war eine besondere Kraft im Raum, als Sie anfingen zu erzählen, warum Sie die Prädikantenausbildung gemacht haben. Und dass es genau richtig für Sie war! Ganz individuell haben sich bei Ihnen Kreise geschlossen – theologische oder biographische.
Auch weil Sie sich gerufen fühlten – z.T. buchstäblich angerufen von Ihren Pastoren, das doch einfach mal zu probieren. Aber auch, weil Sie heraus gerufen wurden aus dem bisherigen Leben. Es war (auf einmal?) etwas Verheißungsvolles auch für Sie persönlich, als Predigende Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. Mein Gefühl war: Es hat Ihrer aller Leben verändert – es hat so viele, auch unerkannte Begabungen in Ihnen wach gerufen, hat Sie ermutigt, manch‘ lichtes Wort auf den Leuchter zu stellen und sich in der Schärfe und Präzision des klaren Wortes zu üben. Auch wenn es unbequem war. Oder anstößig.
Salz und Licht zu werden, das ist auch ein Lernprozess. Einem, dem man sich aussetzt. Gemeinsam. Und in dem man ganz schön ins Nachdenken kommt über das bisher Gedachte und Erlebte. Um vielleicht ganz neu und anders dahinein Gott zu denken. Jesus Christus zu meinen. Geistvoll zu handeln.
Mein Eindruck war: in Ihnen ist aus tiefster Seele die Klarheit darüber gewachsen, was Sie eigentlich glauben. Und was nicht. Und was Ihnen dabei Leitwort ist und Stern in der Nacht. Immer deutlicher haben Sie gespürt: Ich bin nicht nur heraus gerufen, sondern auch berufen, Menschen mit meiner Sprache (oder Musik) des Glaubens zu erreichen. Ja, zu gewinnen. Mit Rhythm and Blues – in plattdüüsch geiht dat ok bannig fein – kindernah, lebensecht, überzeugt. Ja!, sagen Sie, hier und heute. Aus tiefem Herzen. Wir sind das Salz der Erde. Licht der Welt. Das ist unser Auftrag, seit er, der Gottessohn, Licht war auf dem Berge.
Und was haben die Worte Jesu dort auf dem Berg über zwei Jahrtausende den Menschen für Kraft gegeben! So radikal und eindeutig waren sie, dass man sie belacht, verhöhnt, verfremdet, entschärft hat. Doch vergessen hat man sie nie. Sie sind wie ein Fels im Orkan der Seele und in den Aufbrandungen der Welt. Sie sind aber auch Sand im Getriebe der Zerstörung. Und deshalb haben sie immer Menschen bewegt. Sie furchtlos gemacht. Aufgerüttelt aus Erstarrungen. Haben ihnen bis heute mit ihrem Hunger nach Leben und ihrer Suche nach Gott einen Ort geben. Weil klar ist, was zählt.
Was wirklich zählt, sagt Jesus uns zu, ist Brot, Liebe, Friede und sanfter Tod. Das ist Grund und Ziel zugleich. All dies hält uns, wenn wir neues Land betreten. Und er hält uns, wenn wir etwas verändern und Salz und Licht sein wollen. So, wie wir eben sind – fragend, unsicher, anstößig, vernünftig, unvernünftig, visionär, nicht kompatibel, liebevoll.
Haben wir keine Furcht davor, etwas zu bewegen! Als PrädikantInnen in dieser Welt, die etwas verstehen von den Dunkelheiten, die Menschen durchleiden. Aber auch als PrädikantInnen, die die unerhörte Freiheit geschenkt bekommen haben, laut von der Hoffnung zu reden (respektive zu singen), die in Ihnen ist. Gebe Gott Ihnen die Weitsicht des Berges, die Klarheit im Wort und die innere Gewissheit, dass jeder Anfang gesegnet ist.
Es ist ein schönes Amt, das auf Sie wartet!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahrt unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen