6. Oktober 2013 - Landeserntedankfest 2013 - Ein Schatz im Himmel
06. Oktober 2013
Matthäus 6, 19 – 24 Jesus Christus spricht: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“
Liebe Gemeinde,
Erntedank – das heißt: Das Wesentliche können wir uns nicht selber geben. Wir verdanken uns und alles, was wir haben, Gott. Und: wir haben ja etwas zu danken. Ganz dem heutigen Motto entsprechend, das sich die Stadt Loitz für dieses 23. Landeserntedankfest ausgesucht hat: „Hier wächst was!“. Es ist ja wahr: Die Bedingungen sind nicht immer leicht, aber Gott will uns trotzdem etwas schenken. Und wie man dieses Jahr beispielhaft in Loitz sieht, können wir mit dem, was Gott hat wachsen lassen, eine Menge gestalten. Es gilt nicht zu jammern, sondern das Beste aus der Situation zu machen. Ganz wichtige Hinweise, wie man das Beste aus dem Leben macht, gibt uns das Bibelwort, das uns heute als Predigttext vorgelegt ist. Es sind verschiedene Jesusworte, die der Evangelist Matthäus zu diesem Abschnitt aus der Bergpredigt Jesu zusammengestellt hat. Zunächst knüpft Jesus an eine allgemein-menschliche Erfahrung an.
Am Blick kann man die Menschen erkennen. Es gibt Menschen, die blicken finster und verbittert. In ihrer Nähe möchte niemand gerne sein. Andere haben einen klaren und freundlichen Blick und in ihrer Umgebung ist jeder gern. Jesus sagt uns heute, wie wir Menschen mit einer angenehmen Ausstrahlung werden. Es liegt daran, wo wir unseren Schatz haben. Unser Schatz ist eben das, wovon wir leuchtende Augen bekommen.
Das haben Sie doch bestimmt auch schon erlebt. Jemand erzählt von etwas, was ihm absolut wichtig ist, etwas, das ihm ganz viel bedeutet. Da bekommt er auf einmal beim Reden leuchtende Augen. Und wir spüren ihm ab – dieser Mensch ist begeistert. Wovon bekommen Sie leuchtende Augen?
Dieses Jahr habe ich durchaus Landwirte getroffen, die leuchtende Augen bekommen haben, als sie davon sprachen, wie viel sie 2013 geerntet haben. Am Anfang hat es lange gedauert, bis es warm wurde. Der Winter schien überhaupt nicht aufhören zu wollen, aber dann waren die Witterungsbedingungen im Frühjahr und Sommer wunderbar. Ein überdurchschnittlicher Ertrag konnte eingefahren werden. So zeigt sich uns die Erntesituation im Jahr 2013: Es gibt unendlich viel, wofür wir dankbar sein können.
Warum sind wir es aber oft nicht? Warum begegnen uns manches Mal Menschen mit einem scheelen Blick, denen die Unzufriedenheit aus dem Gesicht springt? Was macht den Unterschied zwischen Menschen mit einem bitteren oder mit einem hellen, klaren Blick aus? Es ist die Grundhaltung, mit der wir durch das Leben gehen. Wer meint, er müsste sich in seinem Leben das Wichtigste mit seiner Hände Arbeit verdienen, der lebt ein ganzes Leben im Krampf. Wer aber weiß: Das Wichtigste im Leben kann man nicht machen, der lebt aus dem Geschenk. Ich kann es doch nicht machen, dass ich geliebt werde. Es liegt nur sehr begrenzt in meiner Hand, ob da Menschen sind, die mich durchs Leben begleiten. Das Wichtigste im Leben ist nicht, was wir haben, sondern ob da Hände sind, die uns geleiten. Und selbst wenn wir z.B. eine schwere Kindheit gehabt haben, können wir die Erfahrung machen, dass Gott diese Lücke ausfüllt. Vielleicht schenkt er uns dann besonders viel Liebe oder gibt uns durch die Hände anderer Menschen, das was wir von den eigenen Eltern entbehrten.
In unserem ganzen Leben sind wir nicht allein, sondern wir werden geleitet und begleitet durch Gott. Der helle, klare Blick kann sich schon einstellen, wenn wir spüren, wir sind in unserem Leben nicht nur auf uns gestellt, sondern da war eine andere Hand, die hat uns geführt und bewahrt. Letztlich ist unser Leben nicht unsere Leistung, sondern Geschenk Gottes. Wir sind mit unserem Leben von Gott abhängig. Der erste Landesbischof (auch wenn er damals diesen Titel noch nicht getragen hat) der Bayrischen Landeskirche, Hermann Bezzel, hat es so gesagt: „Frömmigkeit ist der Entschluss, die Abhängigkeit von Gott als Glück zu bezeichnen.“ Wirklich Fromme, das heißt auf Gott ausgerichtete Menschen, keine frömmlerischen, gehen deswegen mit einem hellen und klaren Blick durch das Leben. Solche Menschen, die Gott in allen Dingen erwarten und ahnen, die haben „Schätze im Himmel“.
Dort, im Himmel, sollen wir Schätze sammeln, sagt uns das andere Jesuswort, das uns heute vorgelegt worden ist. Denn die Schätze, die wir dort deponieren, sind unzerstörbar und unverlierbar. Schaffst du dir auf Erden in materiellen Dingen Reichtum, so musst du damit rechnen, dass er dir wieder verlorengeht. Gibst du Geld für schicke Kleidung aus, so weißt du nicht nur, dass sie bald wieder unmodisch ist, sondern dass sie eben auch der Abnutzung und dem Verfall ausgesetzt ist. Auch wenn es in der Antike schwieriger war als heute, Dinge aufzubewahren und die Menschen häufig die Erfahrung gemacht haben, dass das Ungeziefer ihnen ihre Vorräte ungenießbar gemacht und ihre Kleidung zerfressen hat, so kennen wir diese Erfahrung auch noch heute. Autos, die Statussymbole unserer heutigen Zeit, sind dem Rost ausgeliefert. Handys und Smartphones haben eine geringe Halbwertzeit. Dann müssen sie ersetzt werden, weil schon wieder etwas Neues da ist. Furchtbar ist die Erfahrung: Diebe haben sich meines Eigentums bemächtigt. Währungsreformen, Enteignungen und Geldentwertungen, der Verlust von Aktienvermögen, alles das zeigt uns: Jeder Reichtum auf dieser Erde ist vergänglich. Alles, was wir hier auf Erden sammeln können, kann uns auch wieder genommen werden.
Darum ist es klug, nicht auf vergängliche, sondern auf ewige Schätze zu setzen. Allerdings gilt es hier ein Missverständnis auszuschließen. Jesus redet hier nicht dem völligen Verzicht auf Eigentum das Wort. Eigentum zu haben und es zu nutzen, ist nicht schon Schätze sammeln. Christen sind keine Schwärmer! Wir brauchen Eigentum und Besitz, um zu leben. Aber einen irdischen Schatz zu haben bedeutet: Etwas besitzen um des Besitzens willen. Dann bindet Geld Kräfte, statt sie frei zu setzen. Einen irdischen Schatz zu haben bedeutet häufig, dass meine Kräfte für seinen Erhalt oder seine Vermehrung aufgebraucht werden. Ein Schatz im Himmel setzt Kräfte frei für andere und anderes.
Darum unterscheidet Jesus hier die Schätze auf Erden von den Schätzen im Himmel. Sage mir, was dich bewegt, und ich sage dir, was das Zentrum deines Lebens ist. Das Zentrum unseres Lebens ist nämlich dort, wo wir unser Herz deponiert haben. Martin Luther hat deswegen im Großen Katechismus gesagt: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott!“. Gott ist das, was dir im Leben eine Mitte gibt. Deswegen soll auch nur der wahre Gott, wie er sich uns in Jesus Christus gezeigt hat, im Zentrum deines Lebens stehen. Das ist der wahre Schatz im Himmel. Er setzt Liebe frei und lässt uns Kräfte entwickeln. Deswegen ist die entscheidende Frage: Wie sammelt man Schätze im Himmel? Wie wird Gott die Mitte deines Lebens? Im Sinne unseres Predigtwortes können wir darauf, auf diese Frage, drei kurze Antworten geben:
1. Rechne mit Gott in deinem Leben! Es ist der Ausdruck einer sehr vordergründigen Realitätssicht, wenn ich meine, es gäbe nur das, was ich mit meinen äußerlichen Augen erblicken kann. Wir müssen sozusagen erst einmal einen Schritt zurücktreten, unser Leben betrachten und dann werden wir feststellen: Es gibt in unserem Leben eine andere Wirklichkeit, die fügt Dinge zusammen und lässt Ereignisse eintreten, die wir nicht in unseren Händen haben. Und wenn du das nicht glauben kannst, weil du Gott in deinem Leben bisher nicht gespürt hast. Dann fange an und sprich ein leises Gebet: Gott, öffne meine Augen, dass ich dich in meinem Leben entdecke.
2. Vertraue dem Wort Jesu! Jesus ist nicht nur ein schöner Redner. Er findet nicht nur kluge Worte. Er lädt nicht nur dazu ein, an seine Worte zu glauben, sondern an ihn. Jesus lädt dazu ein, das eigene Leben an sein Leben zu binden. Glaube im christlichen Sinne ist immer Glaube an Jesus Christus. Der Glaubende spürt, in mir lebt eine andere Kraft. Jesus Christus lebt in mir.
3. Lass die nicht im Stich, die deine Hilfe brauchen! Der Schatz im Himmel hat nicht nur etwas mit Gott und mir zu tun, sondern auch mit meinem Verhältnis zu meinen Mitmenschen. Wir leben in großen Zusammenhängen. Wir gehören als Menschen zueinander. Vielleicht ist es heute dein Nachbar oder deine Nachbarin, das Mitglied deiner Familie oder sonst irgendjemand, der deine Hilfe braucht. Wenn Sie die Nachrichten verfolgen, dann haben Sie von der Not der Lampedusa-Flüchtlinge und all der anderen Menschen, die ihre Heimat verlassen und nach Europa streben gehört. Vor wenigen Tagen, am Tag der Deutschen Einheit, beherrschte eine schreckliche Meldung die Nachrichtensendungen. Hunderte von toten Menschen wurden an die Strände Europas gespült, als sie versucht haben, die Festung Europa zu erreichen. Diese Menschen verlassen ihre Heimat nicht aus Langeweile oder Reiselust. Sie finden einfach dort nicht mehr das Notwendige, um leben zu können. Liebe Erntedankfestgemeinde hier in Loitz: Wir können doch an dieser schrecklichen Tatsache nicht einfach vorübergehen. Da leben Menschen in Afrika, denen das Notwendige zum Leben fehlt. Dann hören sie, dass Europa gute Ernten einfährt. Sie wissen: hier muss niemand hungern. Und dann machen sie sich auf einen weiten Weg. Wir hörten, dass die, die am Tag der Deutschen Einheit zu Tode gekommen sind aus Somalia, Eritrea und Libyen gekommen sind. Das zeigt uns: Europa steht nicht für sich. Wir in Deutschland sind nicht einfach allein. Sondern wir Menschen stehen in einer großen Menschheitsfamilie und haben auch Verantwortung für die anderen. Und ich sage es hier auf diesem Landeserntedankfest laut heraus: So kann es nicht weitergehen. Wir müssen den Politikerinnen und den Politikern im Ohr liegen. Natürlich müssen wir zuerst versuchen, die Verhältnisse in Afrika helfend zu verbessern. Aber wir müssen auch Platz finden für die, die über das Mittelmeer zu uns streben. Ja, Papst Franziskus hat recht, wenn er sagt: „Das ist eine Schande, dass wir diese Menschen einfach zu Hunderten an den Grenzen Europas ertrinken lassen.“ Wir haben doch gute Ernten und können noch Vielen davon Anteil geben. Wir werden in Zukunft auch Facharbeiter und andere Arbeitskräfte brauchen, die mit uns gemeinsam unser Land aufbauen. Eine geregelte Zuwanderung ist deswegen für Deutschland und Europa nicht schädlich, sondern das Gebot der Stunde.
Liebe Gemeinde, wer glaubt, wer so lebt, hat einen Schatz im Himmel! Dieser Schatz wird ihm nie wieder weggenommen. Wer einen Schatz im Himmel hat, der hat leuchtende Augen und einen klaren Blick. Erntedank heißt: das Wichtigste, was wir zum Leben brauchen, hat uns Gott geschenkt. Wir dürfen es genießen und mit denen teilen, die es nötig haben. Lasst uns in diesem Sinne das Landeserntedankfest 2013 feiern. Amen.