Ansprache zu Matthäus 18,10-14

Andacht zur Einweihung des Trinitatis-Quartiers

13. Juni 2025 von Kirsten Fehrs

Liebe Trinitatis-Quartier-Festgemeinde,

was für ein großartiger Moment! Dankbarkeit – sie erfüllt uns alle. Das Trinitatis-Quartier steht! Ein bisschen kommt mir das heute vor wie ein Dejà vu. Die Musik, die Kirche, Baustaub, und natürlich Sie, die Gäste und Mitfeiernden, lieber Andreas Dressel, liebe Mitglieder der Bürgerschaft, liebes Bauwerk – mir kommt es vor, als sei die Grundsteinlegung gerade erst gestern gewesen.

Und dazu nun neue Gäste, Senatorin Pein, der Posaunenchor, Pilgerreisende, ein neues Kapitel beginnt. Das Trintitatis-Quartier öffnet seine Türen, tatsächlich. Und wir feiern Einweihung! Nach zwei Jahren intensivster Arbeit. Ein aufregendes Projekt, das darauf zielt, Vergangenes und Zukünftiges miteinander auf sagenhaft innovative und mutige Weise zu verweben, ist Wirklichkeit geworden.

Achtzig Jahre nach dem Ende des Krieges schließt sich damit endlich eine der großen Kriegswunden dieser Stadt. Da wo Bomben die Altonaer Altstadt, bis auf diese Kirche hier, in Trümmer legten. Da wo jahrzehntelang eine Brache war, zieht nun neues Leben ein. Ein neues Dorf in der Stadt. Ein Lebensort, ein Lernort, ein Arbeitsort. Dank auch eines Denkmalschutzes, der gemeinsame Sache gemacht hat mit moderner, grüner Architektur des Bauwerks.

Es ist so viel Raum da – in Gemeindehaus, in Sozialwohnungen, einer Kindertagesstätte, Wohnungen nach dem Ansatz „Housing First“, einer Pilgerherberge und einem Café, Bau-Wagen und Seelsorge für alle. Es ist so viel Raum da – auch emotional. Verspricht doch jeder Zentimeter Herzensweite für ein Miteinander der Verschiedenen, diverser geht nicht.

Wie nötig ist das heutzutage, so ein Ort, an dem das Wir wachsen kann! Haben wir es doch in dieser Gesellschaft derzeit mit so viel Zertrennung und Gewalt zu tun, mit so viel Menschenverachtung und Angst, mit so viel Vereinzelung und Vorurteilen, auch in unserem Land mit einer erkennbar verletzbaren Demokratie.

Ein Hoffnungsort also, dieses Trintiatis-Quartier. Ein Ort, an dem Menschen sich begegnen können, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Damit keiner verloren gehe. Kein Kind. Keine Pilgerin. Kein Schaf. Keine Obdachlose. Kein Armer. Keine Nachbarin. Kein Mensch. Niemand soll verloren gehen.

Sie alle, die Sie hier sind und hier leben, und die Sie Grußworte zu uns sprechen werden, haben Anteil an diesem Hoffnungsort. Und empfinden, glaube ich, einen gewissen Werkstolz. Völlig zu Recht. Ist das Trinitatis-Quartier doch tatsächlich ein Gemeinschaftsprojekt der Willigen – angefangen von Herrn Reich und dem Kirchenkreis, über Bezirk, Senat, Kirchengemeinde, Diakonie, Stadtteilentwicklung, Bau- und Kitawerk – und wen ich jetzt vergessen habe, verzeihe mir. Und alle gemeinsam strahlen diese Botschaft aus: Zusammen Wir!

Danke dafür. Denn darin liegt so viel Engagement und Mut, aber klar: auch Mühe. Allemal die Mühen der Ebene. Nervereien und Kritiker, alles wird es gegeben haben. Mein tiefer Dank und mein großer Respekt gilt Ihnen und euch klugen, kompetenten, engagierten Menschen, die Sie sich immer wieder aufeinander zubewegt und so gut zusammengearbeitet haben. Sie haben, das konnte man eben beim Rundgang live und in Farbe erleben, gemeinsam hier etwas richtig Gutes auf die Beine gestellt!

Und siehe, es ist sogar sehr gut. Biblisch gut. Wir haben es gehört: Kein einziger von den Kleinsten, von den Schutzlosen und Schwachen, von den Einsamen und Bedürftigen soll verloren gehen. Was heißt: Platz zum Spielen. Ein Dach überm Kopf. Hilfe beim Leben und Überleben. Kaffee und Kuchen und ein gutes Wort. Mittenmang unter Familien und Nachbarn. Ein Ort, an dem dies alles möglich wird, hat etwas Himmlisches, denn die Engel der Verlorenen, sagt Jesus, stehen im Himmel stets unmittelbar vor meinem himmlischen Vater. Direktanschluss. Es sind also die Kleinsten, die oft Verachteten, die Nichtverstandenen, Verletzbaren, auf die Gott ein besonders aufmerksames und liebevolles Auge richtet.

Das ist der Geist, der hier wirkt. Ein so starkes und klares Signal ist das gegen den Zeitgeist, der Teile der Welt und auch uns zu vergiften droht, dieser Ungeist, der allein auf das Recht des Stärkeren setzt, auf Kampf und Krieg, auf Herrschaft und Gewinnmaximierung, auf Selbstoptimierung und Erfolg.

Dagegen: Gott zeigt Freude und Wertschätzung. Aufrichtige Freude über den einen Menschen, der zurück ins Leben findet. Das ist wichtig. Das Allerwichtigste. Das ist die steingewordene Hoffnungsbotschaft dieses neuen Quartiers.

Wobei zugleich, das war immer schon so, die 99 anderen Schafe fragen: Und wir? Wo bleiben wir? Wo ist unsere schöne Wiese hin? Und die Bäume? Und die Ruhe? Und was anfangen mit den neuen Nachbarn, die man sich nicht aussuchen konnte?

Ich setze darauf, dass sich die 99 Schafe irgendwann mit Gott freuen werden. Weil in einem neuen Wir alle Hundert gemeinsam froh werden.

Ich bin sicher: Es wird hier Nachbarschaft wachsen und blühen. Hier werden Menschen die Häuser mit Leben füllen, die sich umeinander kümmern, die hier gerne arbeiten, die einander zuhören, die miteinander singen, nachdenken und feiern. Die Brot und Liebe miteinander teilen, ihre Sorgen um die Rente und die Not mit den pubertierenden Kindern, ihre Träume vom Frieden und ihre Hoffnung auf eine gerechte Welt. Es soll hier ein Lebensort entstehen, an dem sich Menschen gegenseitig Sicherheit geben in unsicheren Zeiten, die gemeinsam etwas zum Guten bewegen, die Hoffnung säen und ein starkes Wir ernten. Alle gemeinsam. Zusammen Wir.

So möge es sein, das neue Trinitatis-Quartier. Ein Segen für die Menschen. Ein Segen für Altona. Ein Segen für die Stadt. Amen.

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