Ballettmeister Ralf Dörnen predigt zum Reformationstag
31. Oktober 2020
Seine Sprache sei eigentlich der Tanz, meinte Ralf Dörnen, nachdem er an das Redepult im Greifwalder Dom St. Nikolai getreten war. Der langjährige Ballettmeister und künftige Intendant des Theaters Vorpommern hielt am heutigen Reformationstag die Predigt.
Traditionell predigt im Greifswalder Dom an diesem Feiertag ein Nichttheologe. Dabei ist Ralf Dörnen familiär "vorbelastet": War doch sein Großvater Pastor in der ostfriesischen Gemeinde Marienhafe,"streng lutherisch".
"Ihr könnt nur zusammen tanzen, wenn ihr das auch wollt“
Ralf Dörnen stellte die Idee des "Ensembles", also des Gemeinsamen in den Mittelpunkt seiner Predigt. Gerade in Zeiten der Coronakrise gelte: "Man kann nicht für sich alleine agieren, man muss die anderen mitbedenken."Ein Satz seines Tanzlehrers Truman Finney habe ihn geprägt: "Ihr könnt nur zusammen tanzen, wenn ihr das auch wollt." Für die Gesellschaft bedeute das "Ihr könnt nur zusammen leben, wenn ihr das auch wollt". Dies laufe dem Zeitgeist und der Werbung entgegen, die das Individuum erhöhten. Der ehemalige Tänzer sagte in Anspielung auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump: "Es gilt eben nicht ‚Ich zuerst‘. Sondern man muss sich auch selbst zurücknehmen können und die anderen immer mit bedenken."
Einschneidend sei für ihn ein Erlebnis mit dem Choreographen John Neumeier gewesen, in dessen Ballett Hamburg Ralf Dörnen in den 1980er Jahren tanzte. Als die Tänzer es nach mehreren Versuchen nicht schafften, in einer Formation im Quadrat zu tanzen, sagte dieser: "Wie könnt ihr erwarten, dass Frieden in der Welt herrscht, wenn ihr nicht mal im Quadrat zusammenlaufen könnt?". Erst sehr viel später sei ihm die Weisheit dieser Worte aufgegangen: "Man kann nur etwas erreichen, wenn man seine Individualität zurücknimmt und aufeinander achtgibt."
Demütig sein
Der künftige Intendant des Theaters Vorpommern warb für die Geisteshaltung der "Demut": "Demut meint nicht Unterwürfigkeit", sagte der 60 Jährige, "Demut meint, sich selbst nicht wichtiger zu nehmen als die Aufgabe, die man gerade erfüllt. Das bedeutet nicht, weniger von sich, sondern weniger an sich zu denken."