Synodenbericht der Beauftragten für Geschlechtergerechtigkeit
18. November 2017
Lübeck-Travemünde. In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) wird es künftig mehr Pastorinnen als Pastoren geben. Das prognostizierten heute (18. November) die Beauftragten der Nordkirche für Geschlechtergerechtigkeit, die Juristin Stephanie Meins und Pastor Thomas Schollas, in ihrem Bericht vor der Landessynode.
Gegenwärtig seien in der Nordkirche 735 Pastorinnen und 995 Pastoren im aktiven Dienst. Insbesondere in der Altersgruppe ab 52 seien wesentlich mehr Männer als Frauen vertreten, so Stephanie Meins: „Wenn diese Generationen in den Ruhestand wechseln, wird sich das Geschlechterverhältnis verändern, denn gleichzeitig beginnen prozentual immer mehr Frauen ihren Dienst als Pastorin. Diese Veränderung wird sich wahrscheinlich ab 2030 deutlich bemerkbar machen.“ Derzeit absolvieren 45 Frauen und 32 Männer den kirchlichen Vorbereitungsdienst für das Pfarramt (Vikariat).
Damit stehe auch die Frage nach einem veränderten Berufsbild auf der Tagesordnung, so die Beauftragten. Eine Befragung in der früheren Nordelbischen Kirche habe 2011 ergeben, dass Pastorinnen sich selbst vor allem als „Unterstützerinnen von Suchprozessen“ und „Begleiterinnen auf Lebenswegen“ sehen würden und Schwerpunkte in der Seelsorge und der Verkündigung setzen würden. Teamarbeit habe für junge Pastorinnen wie für junge Pastoren gleichermaßen einen hohen Stellenwert.
„Neben diesem veränderten beruflichen Selbstbild ist zu beachten, dass bei den meisten jungen Menschen mit einem Studienabschluss selbstverständlich ist, dass der Partner beziehungsweise die Partnerin ebenfalls berufstätig ist“, so Stephanie Meins. „Wir tragen immer noch unbewusst Rollenstereotype in uns, die Chancengerechtigkeit verhindern“, fügte Thomas Schollas hinzu.
Die Nordkirche hat im Sommer 2017 zum zweiten Mal ein Mentoring-Programm für Pastorinnen und Pastoren gestartet mit dem Ziel, diese für leitende Ämter zu qualifizieren und insbesondere Frauen für die Übernahme von Leitungsverantwortung zu motivieren. Zudem werden die Beauftragten für Geschlechtergerechtigkeit der Nordkirche in Kooperation mit Gleichstellungsstellen anderer Landeskirchen im Frühjahr 2018 eine Handreichung für professionalisierte Personalauswahl veröffentlichen und den Kirchengemeinderäten der Nordkirche zuleiten. „Wir wollen damit die Transparenz von Auswahlverfahren für Leitungsämter stärken“, sagte Stephanie Meins und fügte hinzu: „Nicht die Frauen müssen sich verändern, sondern die Strukturen.“
Schon jetzt sind in den rund 1.000 Kirchengemeinderäten der Nordkirche mehr Frauen als Männer vertreten. Das ergab die Bilanz der Kirchenwahl vor einem Jahr, nach der fast 54 Prozent (5.595) der mehr als 10.000 Kirchengemeinderatsmitglieder weiblich, gut 46 Prozent (4.820) männlich sind. Von den mehr als 83.000 Ehrenamtlichen im Bereich der Nordkirche sind 58.600 Frauen und Mädchen.
Gegenwärtig sind fast 15.600 der insgesamt rund 21.000 Beschäftigten in der gesamten Nordkirche Frauen. Allerdings gebe es in einigen Bereichen noch ein erhebliches Ungleichgewicht, schilderten die Beauftragten, zum Beispiel in Kindertagesstätten, in denen überwiegend Erzieherinnen arbeiten würden: „Hier wären wesentlich mehr männliche Beschäftigte wünschenswert. Sorgearbeit für andere ist nicht nur Arbeit für Frauen!“