Bischof Abromeit: „Wir brauchen eine radikale Bereitschaft zu teilen“
04. Oktober 2015
Semlow. Mit einem ökumenischen Erntedankgottesdienst wurde heute (4. Oktober) das 25. Landeserntedankfest Mecklenburg Vorpommerns in Semlow bei Ribnitz-Damgarten eröffnet.
An dem Gottesdienst nahmen mehr als 500 Gäste teil, unter ihnen der Landwirtschaftsminister Mecklenburg Vorpommerns, Dr. Till Backhaus (SPD), Rainer Tietböhl, Präsident des Bauernverbands Mecklenburg-Vorpommern, die Vorsitzende der Landfrauen, Dr. Heike Müller, sowie der Bundestagsabgeordnete Matthias Lietz (CDU).
Der Semlower Pastor Jens Haverland und Pfarrer Norbert Tober von der katholischen Gemeinde in Ribnitz-Damgarten gestalteten den Gottesdienst gemeinsam in einer früheren LPG-Halle, die heute Werkhalle des Gutes Recknitztal ist. Die Predigt hielt Dr. Hans-Jürgen Abromeit, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Im Hinblick auf die vielen Flüchtlinge, die derzeit in Deutschland ankommen, sagte er: „Wenn Mitmenschlichkeit unter uns einzieht, wenn sozialer Ausgleich geschieht, dann werden einem Volk Kräfte geschenkt, auch kaum lösbare Aufgaben zu meistern. Die Bereitschaft zum Teilen führt ein Volk, führt die ganze Menschheit zusammen und schenkt neue Kräfte.“ Der Bischof betonte die Verantwortung jedes einzelnen: „Es spielt natürlich eine Rolle, welche Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern herrschen und welche Löhne dort gezahlt werden für Produkte, die wir dann zu einem Spottpreis erwerben können. Wir täuschen uns, wenn wir meinen, wir könnten für ein T-Shirt fünf Euro zahlen und wären dann die Verantwortung los. Die Not in dieser Welt ist so groß, dass nur eine radikale Bereitschaft zum Teilen wirklich helfen kann.“
Dankbar für neu gewachsenes Miteinander auf dem Land
Musikalisch wurde der Gottesdienst von Bläsern der Region unter der Leitung von Landesposaunenwart Martin Huss und der Greifswalder Band „Seeside“ begleitet. Die Halle war geschmückt mit einer Erntekrone der Grimmener Landfrauen und einem fünf Meter hohen Kreuz aus Buchsbaum und Sonnenblumen. Pastor Jens Haverland: „Wir haben bewusst die Werkhalle gewählt, weil wir Erntedank an einem Ort feiern wollten, wo tatsächlich landwirtschaftliche Arbeit stattfindet. Außerdem fasst die Halle so viele Menschen, dass wir hier drinnen alle gemeinsam feiern können – keiner muss draußen bleiben. Dass 25 Jahre nach der Wiedervereinigung solch ein Gottesdienst in einer ehemaligen LPG-Halle stattfindet, steht symbolisch für das wieder neu gewachsene Miteinander hier auf dem Land. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Vertreter von Kirchengemeinde und kommunaler Gemeinde Semlow ließen nach dem Gottesdienst Tauben zum Himmel aufsteigen. Für die Semlower Bürgermeisterin Andrea Eichler erfüllte sich damit ein Traum: „In unserer Vogelparkregion Recknitztal gehören die Tauben für mich einfach dazu. Sie sollen die Freude über 25 Jahre deutsche Einheit und 25 Landeserntedankfeste zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig sind sie ein Zeichen der Hoffnung für die nächsten Jahre.“
Markttreiben, Orgelkonzert, Luther-Musical
Auf ein Vierteljahrhundert Deutsche Einheit wies auch Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister, Dr. Till Backhaus, in seinem Grußwort hin: „Mit dem Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung feiern wir auch 25 Jahre Mecklenburg-Vorpommern und 25 Jahre erfolgreiche Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Das Erntedankfest ist eines der ältesten Feste der Menschheit. An diesem Tag sagen wir Danke für die getane Arbeit auf den Feldern, für reichlich gedeckte Tische und eine reiche Ernte.“
Angeführt von der Erntekrone rollt nach dem Gottesdienst der Festumzug durch Semlow. Danach gibt es einen Markt mit mehr als 60 Ausstellern. In der ehemaligen LPG-Halle spielt die Band „Seeside“. In der Semlower Kirche erklingt die Orgel zu einem Konzert. Im weiteren Verlauf des Tages wird hier ein Luther-Musical aufgeführt. Zum Abschluss des Landeserntedankfestes hält die Stralsunder Pröpstin Helga Ruch in der Kirche eine Abendandacht.