Bischof Tilman Jeremias: „Christliche Einheit wächst aus gelebtem Vertrauen und Begegnung“
16. Oktober 2025
Mehr als 40 orthodoxe Geistliche folgten der Einladung der Nordkirche zum traditionellen Chrysostomos-Empfang in Hamburg. Im Mittelpunkt standen das Konzil von Nizäa und die Bedeutung kirchlicher Gemeinschaft in Zeiten von Krieg und Polarisierung.
Mehr als 40 Geistliche orthodoxer Kirchen sind heute (16. Oktober 2025) der Einladung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) zum traditionellen Chrysostomos-Empfang gefolgt. Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Tilman Jeremias, begrüßte die Gäste zu einer Andacht und einem anschließenden Empfang mit Vortrag im Ökumenischen Forum Hafencity.
Gemeinsame Wurzeln im Glauben stärken
„Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder auf unsere gemeinsamen Wurzeln im Glauben besinnen“, sagte Bischof Jeremias. „So können wir als Kirchen einen Beitrag zu Frieden und Verständigung leisten – und zwar nicht nur durch theologische Gespräche, sondern durch echtes Vertrauen und Begegnung. In einer Zeit, in der Spaltung und Polarisierung zunehmen, brauchen wir Orte, an denen Einheit wächst, weil wir Christus gemeinsam suchen und bezeugen.“ Der Chrysostomos-Empfang findet bereits seit mehr als zehn Jahren regelmäßig statt. Eingeladen sind orthodoxe Geistliche, die im Gebiet der Nordkirche tätig sind, sowie Verantwortungsträgerinnen und -träger aus den Gemeinden. Namensgeber ist der Kirchenvater Johannes Chrysostomos, dessen Gedenktag im Herbst begangen wird und der sowohl in der Ost- als auch in der Westkirche verehrt wird.
Im Zeichen des Konzils von Nizäa
Thematisch stand der diesjährige Empfang im Zeichen des 1700-jährigen Jubiläums des Konzils von Nizäa. Kaiser Konstantin hatte im Jahr 325 n. Chr. Bischöfe aus der ganzen damals bekannten Welt eingeladen, um die Grundlagen des christlichen Glaubens zu beraten und zu formulieren. Die dort beschlossenen Glaubensaussagen – insbesondere das Bekenntnis zur Gottheit Christi – prägen bis heute die Theologie aller großen Kirchen. Besonders die orthodoxen Kirchen feiern dieses Jubiläum weltweit. Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland hat eigens zu diesem Anlass eine Ikone anfertigen lassen, die seit Jahresbeginn durch Deutschland reist. Ihre einzige Station im Gebiet der Nordkirche waren Ende September die griechisch- und serbisch-orthodoxen Gemeinden in Hamburg.
Orthodoxe Kirchen wachsen stark im Norden
In Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern feiern griechisch-, russisch- und serbisch-orthodoxe Gemeinden regelmäßig ihre Gottesdienste – unter anderem in Hamburg, Lübeck, Kiel und Schwerin. Besonders die rumänisch- und bulgarisch-orthodoxen Gemeinden verzeichnen derzeit ein starkes Wachstum. Daneben sind auch orientalisch-orthodoxe Kirchen im Bereich der Nordkirche präsent – darunter die äthiopisch-orthodoxe, koptische, armenische und syrisch-orthodoxe Kirche. Viele dieser Gemeinden bestehen aus Menschen, die aufgrund von Krieg und Verfolgung aus dem Nahen Osten und aus Ost- und Südosteuropa nach Norddeutschland gekommen sind. Insgesamt stellen die orthodoxen Kirchen inzwischen die drittgrößte Kirchenfamilie in Norddeutschland dar.
Ökumenische Zusammenarbeit mit Zukunft
Die Zusammenarbeit mit den orthodoxen Kirchen wird innerhalb der Nordkirche vom Orthodoxieausschuss gestaltet und koordiniert. Geleitet wird dieser von der Ökumenebeauftragten der Nordkirche, Annette Reimers-Avenarius, die auch den diesjährigen Empfang mitgestaltete.