"Der Gott allen Trostes begleite und behüte uns"
12. März 2021
Kurzpredigt im Gedenkgottesdienst anlässlich einem Jahr Corona-Pandemie
Liebe Gemeinde hier in der Nikolaikirche und zu Hause!
Ein ganzes Jahr leben wir jetzt mit Corona. Eine erste Welle am Anfang, die alles in Frage stellte und viele Menschen in Isolation und Verzweiflung führte. Ich erinnere mich noch genau an die eigene schmerzhafte Einsicht: Es geht wirklich um Leben und Tod und jeder kann betroffen sein.
Es folgte ein Sommer der Lockerungen und der neuen Möglichkeiten mit Begegnungen, Urlaub und Singen in Freiluftgottesdiensten. Und dann die bittere Erfahrung, dass eine zweite Welle tatsächlich kam. Und dass sie, obwohl wir sie am liebsten verdrängt hätten, noch heftiger unser Leben beeinträchtigte. Sie forderte noch viel mehr Opfer bis heute.
So leben wir mitten in der Pandemie. Wir leben im Wechsel von Krisenmodus und scheinbarer Normalität. Wir sind gezwungen, unser Leben, unsere Verhaltensweisen und Gewohnheiten und so vieles mehr von Grund auf zu hinterfragen. Zugleich sehnen wir uns nach Normalität, nach Halt und Perspektiven.
Ich bin dankbar für Ihre vier eindrucksvollen Statements aus Ihren Arbeits- und Lebensbezügen. Für Ihr Engagement und Ihre Ermutigung.
Wir haben dann Worte des Apostels Paulus gehört, die er an Menschen in Not, in großer „Bedrängnis“ richtet. Und er lobt darin den Gott allen Trostes, von dem wir getröstet werden in der Trauer um die Toten, in Einsamkeit und Überforderung. Und nicht nur das: Diese Erfahrung von Trost öffnet unsere Herzen, Augen und Ohren für die Not anderer und lässt andere Menschen durch uns Trost erfahren.
Worte und Gesten, die von Herzen kommen, trösten.
Gemeinsam Schweres auszuhalten tröstet.
Und manchmal, wenn die Worte fehlen, auch miteinander schweigen. Eine innere von Gott geschenkte Kraft tröstet - und hält uns aufrecht. Die Gewissheit, nicht allein zu sein, auch in der schwersten Zeit, tröstet.
Wie viele Kerzen wurden im Gedenken an andere Menschen entzündet. Wie viele Kirchen wurden aufgesucht als Orte des Gebets und des Trostes. Und wie viele Menschen haben sich in Trauer und Not im Gebet an Gott gewandt.
Tröstlich sind für mich auch alle Zeichen der Verbundenheit über Telefon und Briefe, neue Formen der Nachbarschaftshilfe und Gottesdienste und Musik als digitale Angebote.
Tröstlich ist auch, dass in Politik, Verwaltung und Gesundheitswesen unermüdlich daran gearbeitet wurde und wird, die bedrohlichen Folgen der Pandemie in Grenzen zu halten. Und dass darüber auch gestritten werden darf.
Dazu kommen alle, die in Wirtschaft und Gesellschaft Verantwortung tragen und alles versuchen, um die lange Durststrecke zu überstehen. Und diejenigen, die für die Ältesten in unserer Gesellschaft da sind und diejenigen, die für die Jüngsten in Kita, Schule und Familie da sind.
Es gibt so viele Menschen, die unter Beachtung der Einschränkungen in großer Verantwortlichkeit Spielräume für das Menschliche gewahrt haben:
Heimleiterinnen haben in der Altenpflege und in der Behindertenhilfe Kommunikation ermöglicht, so gut es ging.
Restaurantchefs versorgten Obdachlose mit warmen Mahlzeiten.
Andere haben Initiativen ins Leben gerufen, um auf die Not der Kulturstätten und des Einzelhandels aufmerksam zu machen.
Mit diesem Gottesdienst setzen wir ein Zeichen der Verbundenheit und der Hoffnung. Wir stärken uns auf dem langen Weg durch die Pandemie und trauern um all diejenigen, die nicht mehr bei uns sind. Der Gott allen Trostes begleite und behüte uns.
Amen.