20. Juli 2015 | Hamburg, Islamisches Zentrum

Ein Friedenszeugnis der Religionen für die Welt

20. Juli 2015 von Kirsten Fehrs

Grußwort beim Ramadan-Bankett im Islamischen Zentrum.

Sehr geehrter, lieber Ayatollah Dr. Ramezani,
sehr geehrter, lieber Landesrabbiner Bistritzky,
liebe Freundinnen und Freunde des Interreligiösen Forums Hamburg,
liebe Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Institutionen, Konfessionen und Religionen,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich möchte mich im Namen der Evangelisch-Lutherischen Kirche Norddeutschlands herzlich bedanken für die Einladung zu diesem freudigen Anlass: dem Ende der Fastenzeit bzw. dem Gedenken an den vergangenen Ramadan. Vorgestern haben Sie das große Fest Eid-ul-Fitr gefeiert, mit einem festlichen Gemeinschaftsgebet hier in der Moschee. Und an diesem Abend können wir gemeinsam, Muslime und Nicht-Muslime, an Ihrem Freudenfest Anteil haben.

Passend dazu steht in meinem Losungsbüchlein mit biblischen Versen für den heutigen Tag ein Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja: "Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen." (Jes 25,8)

Das ist eine wunderschöne Losung für ein Fest. Und es ist zugleich eine wegweisende Losung für die ganze Welt. Denn wohin wir sehen, erblicken wir viel Unrecht. Viele Tränen werden auf dieser Erde vergossen, weil Kriege die Länder verwüsten. Weil Menschen verfolgt werden, oft um ihres Glaubens willen. Weil so viele Männer, Frauen und Kinder ihre Heimat verlassen müssen und auf der Flucht sind.

Gerade in solchen Zeiten aber müssen wir der Welt erst Recht das Friedenszeugnis der Religionen bringen. Insbesondere auch deswegen, weil die Friedensfähigkeit der Religionen derzeit vielfach hinterfragt wird, gerade in den Medien - und in Folge dessen auch vielfach in der Bevölkerung! Religionen werden oft nicht als Kraft der Versöhnung und Quelle der Hoffnung, sondern als Ursache des Unfriedens dargestellt. Diese Anfragen müssen wir als religiöse Menschen ernst nehmen, aber auch engagiert und überzeugend darum werben, dass der Missbrauch und die Instrumentalisierung von Religion nicht ihrem Wesen entspricht.

Wir sind als Religionsgemeinschaften, die wir hier in Hamburg gut zusammenwirken, aufgefordert, gemeinsam für das Wohl der Stadt einzutreten. In gutem interreligiösen Miteinander, das sich einer bestimmten Haltung verpflichtet weiß: Nicht auftrumpfend und autoritär, sondern demütig und dienend. In Liebe zum Nächsten und zur Schöpfung Gottes.

Helfen und die Tränen abwischen - ein Beispiel, das mir da sofort einfällt, ist die Arbeit mit Flüchtlingen. In christlichen Gemeinden ebenso wie in muslimischen Gemeinden wird den vielen Menschen geholfen, die gegenwärtig aus anderen Ländern zu uns kommen. Die Zuflucht suchen und vor allem auch Würdigung. Manches Mal gelingt dieses Engagement sogar gemeinsam, und dafür bin ich dankbar.

Ein anderes Beispiel ist die Zusammenarbeit bei der Krankenhausseelsorge. Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, bei der Ausbildung muslimischer Seelsorger und Seelsorgerinnen mitzuhelfen. Denn gerade in den Grenzsituationen unseres Lebens braucht es doch vertraute Rituale und individuelle Worte des Segens, die die Seele erreichen.

Und so ließe sich manches aufzählen, was wir hier in der Stadt gemeinsam tun und um des Friedens willen voranbringen. Sie, lieber Herr Dr. Ramezani, schrieben mir in Ihrer Einladung: "Ich hoffe, dass unsere Bemühungen für mehr Dialog und Verständnis auf Basis von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung vom Schöpfer der Welten angenommen werden." Ich bete mit Ihnen, dass diese Hoffnung Frucht trägt und freue mich, dass ich Ihnen heute die besten Grüße unserer Kirche überbringen kann. Auch ganz persönlich wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben von Herzen für das Fest des Lebens eine gesegnete und erfüllte Zeit.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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