2. Juli 2015 | Hamburg

Eine Lebensliebe, die alles Menschliche einschließt

02. Juli 2015 von Kirsten Fehrs

Grußwort zur Gründung der ASBH-Stiftung beim Senatsempfang im Hamburger Rathaus

Großes Vergnügen hatte ich, als ich ziemlich genau vor einem Jahr zum Sommerfest der ASBH eingeladen war - erstmals als Schirmherrin. Buchstäblich ein Vergnügen, denn da war eine solche Fröhlichkeit im Raum, eine so gelöste Atmosphäre, gewitzte Musik, tanzende Rollis, ein durch und durch sonniges Fest, das etwas Besonderes ausstrahlte: Freiheit. Freiheit zu sein, die oder der man ist. Gegenseitig gewährte Freiheit auch - wenn ich es biblisch ausdrücken würde, käme die Jahreslosung gerade recht: Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat, zum Lobe Gottes, und also zur Freude aller!

Und so ist es mir heute ein Vergnügen, wieder dabei zu sein und den nächsten großen Schritt dieser segensreichen Selbsthilfe-Arbeit als Schirmherrin begleiten zu dürfen. Denn die Arbeitsgemeinschaft ebenso wie die neue Stiftung ist eine großartige Initiative - und sowohl unsere Kirche als auch ich persönlich unterstützen sie mit großer Überzeugung. Denn sie lebt praktische Nächstenliebe. Sie ist geboren aus einer hinreißend positiven Idee und getragen von Menschen, die einfach nicht aufgeben, diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Und die immer wieder neue Formen suchen, damit das gelingen kann. Und so entstehen Stiftungen wie diese, die völlig zu Recht mit einem Senatsempfang gewürdigt werden - vielen Dank dafür, liebe Frau Prüfer-Storcks!

Und vielen Dank Ihnen allen, liebe Frau Blume-Werry, dass Sie gemeinsam mit Vorstand, Eltern und wem nicht alles ihre hoffnungsfrohe Hartnäckigkeit behalten haben, damit wir heute diese Stiftung aus der Taufe heben können. Denn was das heißt, da erst einmal hinzukommen ahnen vielleicht die meisten: lange planen, verwerfen, einander ermutigen, sich ärgern, sich nicht mehr ärgern, träumen, wachen und feststellen, dass tatsächlich wahr geworden ist, wofür so viele sich engagiert haben. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!

Heute ist sicher ganz vielen Menschen hier feierlich ums Herz - eine Mischung aus Dankbarkeit und Zuversicht, Freude und Stolz. Und das braucht alles Raum: der Blick nach vorn auf das, was künftig alles noch möglich ist und passieren wird, und ebenso der Blick zurück, was schon geschafft wurde. Seit mehr als 30 Jahren hilft die ASBH auf vielen Feldern - Glückwunsch kann man da nur sagen. Und: Glück und Segen für Ihre Stiftung der Zukunft.

Sie soll Gutes ermöglichen für die, die sonst nur so schwer einen Raum in unserer Gesellschaft haben: Familien mit schwerstbehinderten Kindern. Denn diese Kinder im Besonderen brauchen Platz. Und zwar Platz in einer Gesellschaft, bei der auf dem Weg zur viel beschworenen und gewünschten Caring Community noch deutlich Luft nach oben ist. Caring Community als Stichwort ist hier wichtig. Denn eine Gesellschaft ist so klug, wie sie achtsam ist. Sorgsam also, oder um "caring" genauer zu übersetzen: liebevoll gegenüber all denen, die nicht so schnell, so unversehrt, so vermögend in jeder Hinsicht sind; die manchmal schwer zu tragen haben an Handicaps, aber auch am fehlenden Feingefühl ihrer Umwelt, die sie vorschnell zu Bedürftigen und Betreuungsfällen erklärt. Mittragen, was zu tragen, und verändern, was nicht mehr zu ertragen ist - dazu braucht es Stiftungen wie diese und gemeinsames Engagement!

Denn (Sie,) die Menschen mit Spina Bifida und Hydrocephalus, finden diesen Platz voller Liebe gemeinhin oft nur zuhause. Bei den Familien und Partnern. Doch natürlich wollen Sie auch ein lebendiges Leben! Mit Abwechslung, Spiel, neuen Begegnungen und Freunden, eine gewisse Normalität eben. Die ASBH bietet ihnen das, zum Beispiel auf den Sommer- und Wochenendfreizeiten für Erwachsene und Kinder. Oder mit der praktischen Hilfe und der Entlastung für Familien durch junge Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten. So gewinnen gerade belastete Eltern Raum für Erholung und Besinnung.

Die Stiftung nun wird an dieser Arbeit selbst vielleicht gar nicht viel verändern, aber sie will sie sicherstellen. Nachhaltig. Uns so wünsche ich der ASBH Hamburg Stiftung, dass sie ausstrahlen möge, über den Kreis der Betroffenen hinaus! Denn hier wird über "Inklusion" nicht nur geredet, sondern Inklusion wird gelebt, hautnah und jeden Tag.

Nehmt einander an... Es geht um die Liebe zum Leben, nichts weniger. Eine Lebensliebe, die alles Menschliche einschließt und es liebt, wie es ist. Mit seinen Versehrtheiten, sicher. Aber besonders doch auch mit der Lebenslust! Mit der Fähigkeit, sich einem Moment des Glücks hinzugeben.

Genauso verstehe ich den Auftrag der neuen Stiftung. Es geht um Lebensfreude, um ein möglichst erfülltes und glückliches Leben. Um Freiraum - auch für die Eltern und Partner, die im Alltag rund um die Uhr gefordert sind und wenig Zeit für sich haben. Und es geht um Austausch der Familien untereinander, um fachliche Beratung und darum neue Wege zu wagen.

Dafür wünsche ich Ihnen, liebe Frau Dr. Blume-Werry und allen anderen im Vorstand weiterhin eine gute Hand - und weiterhin frohe Gelassenheit. Ideen auch und tatenfreudige Senatorinnen. Danke Ihnen allen, die sich in der und für die ASBH und ihre Stiftung stark gemacht haben. Gott segne Sie in Ihrer Arbeit und gebe Ihnen und vor allem den Kindern und Familien Kraft und Hoffnung. Das wünsche ich Ihnen von Herzen und danke für die Aufmerksamkeit.

Der Herr segne eure Hände und alles,
was ihr damit vollbringt,
damit sie zart und behutsam sind,
dass ihnen innewohne die Kraft
zu helfen, zu trösten und zu segnen.

Der Herr segne euren Blick,
dass er das Kleine und Unscheinbare nicht übersieht,
und er segne eurer Hören,
dass ihr sensibel bleibt auch für die lautlose Not.

Der Herr segne eure Worte,
dass sie nicht verletzen, sondern aufrichten,
weil sie heilsam sind und ehrlich.

Gott segne euer Herz,
dass es Wärme schenken und bergen kann.
So bewahre Gott euch und behüte euch.

Frei nach einem Gebet aus Lateinamerika, in: Dietrich Steinwede, Segen auf deinem Weg, S. 86.

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