2. Juli 2017 | Wismar

Frei wie der Wind

02. Juli 2017

Freiluftgottesdienst zum Reformationsfest vor dem Nordkirchenschiff, Predigt zu Mt 14,22-33

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,
wie steht es um unsere Freiheit? Thomas Hobbes, ein alter englischer Philosoph hielt uns Menschen für wenig frei:

„Meine Mutter hat Zwillinge geboren, mich und meine Angst.“

In der Tat, wie könnten wir uns frei fühlen, solange Ängste uns beuteln! Es gibt ja manches, was uns mit Recht Sorgen machen kann:

- Hunger,
- Unterdrückung,
- Anschläge,
- Erderwärmung,
- Armut im Alter . . .

Sorgen und Ängste scheinen unvermeidlich zu uns zu gehören.
Wie steht es um unsere Freiheit? Simone Weil, eine französische Pädagogin, war überzeugt:
„Nichts auf der Welt kann das Gefühl des Menschen verhindern, für die Freiheit geboren zu sein.“

Ja, wir tragen Sehnsucht nach Freiheit in uns. Und manchmal haben wir Freiheit beglückend erfahren
- als die Armeezeit zu Ende war und niemand mehr mir einen unsinnigen Befehl geben konnte,
- als die Mauer zum Einsturz gebracht wurde – ohne Gewalt, und die Welt stand uns mit einem Mal offen,
- als dir jemand seine ganze Liebe schenkte und es war, als wüchsen dir Flügel.

Aber was sind wir denn nun: Für die Freiheit geboren oder unfreie Zwillinge der Angst? Vielleicht beides? Was kann uns helfen, freier zu leben?

Das heutige Evangelium hat uns eine seelische Geschichte zwischen Christus und den Seinen erzählt, eine Seelengeschichte auch zwischen Christus und uns! Das ganze Drama von Alltag, Ängsten und Beunruhigung, von Zutrauen, Zweifel und Haltfinden – die ganze Bandbreite der Beziehung zu Gott entfaltet sich in dieser kurzen Geschichte.

Alltag:
Jesus zieht sich zurück, um zu beten. Er schickt die Jünger ins Boot. Erfahrene Fischer, die sie sind, machen sie sich auf den Weg. Aber irgendwann bringt der Wellengang das Boot in Not.

Es ist gut, eine Aufgabe zu haben, zu wissen, wofür man da sein will – in der Familie, im Beruf oder auch in der Gemeinde. Was aber, wenn die Wellen auch den Erfahrenen unheimlich werden?

Angst und Beunruhigung:
Die mit den Wellen kämpfen, sehen plötzlich eine Erscheinung. Eine Begegnung, die nicht klar einzuordnen ist – gespenstisch? Oder göttlich? Wer könnte das schon unzweifelhaft deuten in unübersichtlichen Situationen?!

Wenn sich in den Herausforderungen unserer Tage unverhofft ein Silberstreif am Horizont abzeichnet – ist es ein Trugbild oder tatsächlich die ersehnte Rettung?
Erst das deutende Wort bringt Klarheit: Seid getrost, ich bin’s, (Christus); fürchtet euch nicht!

Und dann der Wagemut eines Glaubens, der alles für möglich hält:
Auf dem Wasser gehen!
Erfahren, dass es trägt!
Weil Christus dabei ist!
Nicht aus Übermut, sondern weil mit Jesus Undenkbares möglich ist!

Gewiss, Wasser hat keine Balken. Man kann darin untergehen.
Dennoch: Niemand begrenze uns den Möglichkeitssinn unseres Glaubens!
Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen,
mit Christus die Grenzen des Möglichen erweitern.
Ängste müssen unser Leben nicht beherrschen.
Ein mutiges Leben ist möglich – im Vertrauen auf Gott.

Dass Petrus wie Jesus – zumindest für einige Momente – auf dem Wasser gehen kann, ist Symbol:
Sein Vertrauen zu Christus trägt.
Petrus bekommt Anteil an der Vollmacht des Christus.
Petrus steht für alle, die ihr Vertrauen auf Gott setzen.
Es ist mehr möglich, als man für gewöhnlich meint.

Entscheidend ist die lebendige Verbindung, der Blickkontakt:
Petrus kann auf dem Wasser gehen – solange er Christus im Blick hat. Erst als er auf den starken Wind schaut, beginnt er zu sinken.

Mit Christus in lebendiger Verbindung sein:
Ob im persönlichen Leben oder in unserem Beruf oder als Gemeinde und Kirche – im Vertrauen auf Gott liegt der Schlüssel, alle Herausforderungen zu meistern. Wer auf Sturm und Wellen schaut, beginnt zu sinken. Wer auf Christus traut, findet Halt. So einfach, so schwer ist das.

Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich.
Es gehört zu den Erfahrungen unseres Lebens: Auch scheinbar ausweglose Situationen können gemeistert werden. Der Sturm lässt nach. Die Seele kommt zur Ruhe, manchmal verbunden mit vertiefter Erkenntnis: Du bist wahrhaft Gottes Sohn. Gott ist offenbar mit dabei, mitten im Schiff unseres Lebens.

Schwestern und Brüder, auch wenn Sorgen nicht einfach verschwinden – die Herrschaft der Angst ist gebrochen. Ängste müssen uns nicht mehr lähmen. Gott ist mit dabei auf der Fahrt unseres Lebens. Ein mutiges Leben ist möglich – ein Leben, das bereit ist, sich einzusetzen, sich zu beteiligen, sich einzumischen, damit die Verhältnisse nicht bleiben, wie sie sind:

Die Verzagtheit sagt: Was kann ich schon ausrichten angesichts der Probleme der Welt? Der freie Mut hält dagegen: Tu, was in deiner Kraft steht! Je mehr  so handeln, desto menschlicher wird das Gesicht der Erde. Und sei es, dass Du das Leben eines Menschen erleichterst – es wird ein Segen sein, auch für Dich!  

Die Verzagtheit sagt: Was kann ich schon tun gegen Hassparolen und gestreute Gerüchte?  Der freie Mut hält dagegen: Halte die Wahrheit hoch, und widersprich  dem üblen Gerede – auch im Bekannten- und Kollegenkreis! So werden dumpfe Parolen an Kraft verlieren. Das wird gut sein für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Die Verzagtheit sagt: Was kann ich schon tun gegen den Klimawandel? Der freie Mut hält dagegen: Lebe achtsam und schonend mit der Schöpfung! Auch Du kannst Teil der Lösung sein.

Die Verzagtheit sagt: Eigentlich wünschte ich mir den Halt des Glaubens für mein Leben. Aber was, wenn ich enttäuscht werde? Der freie Mut hält dagegen: Wage das Vertrauen, und Du wirst Erfahrungen machen, die Dich weiterbringen! Du wirst eine Gemeinschaft finden, die Dich stärkt und trägt. Wer Gott sucht, wird ihn eines Tages finden.

Die Verzagtheit sagt: Was wird aus der Kirche nur werden? Der freie Mut hält dagegen: Das lass Gottes Sorge sein! Er führt seine Sache durch die Zeit und schenkt neue Aufbrüche. Doch Du lebe Deinen Glauben, dass andere etwas davon spüren! Und wenn sie Dich zu fragen beginnen, erzähle freimütig, wovon du lebst.

Zur Freiheit sind wir geboren, Schwestern und Brüder. In der Beziehung zu Gott können wir es erleben: Das Vertrauen zu Gott ist stärker als die Angst. Das trägt auch in diesen Zeiten.
Amen.

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