11. Oktober 2020 | Kirche am Markt Hamburg – Niendorf

Gottesdienst zur Beauftragung und Segnung

11. Oktober 2020 von Kirsten Fehrs

18. Sonntag nach Trinitatis, Predigt zu Römer 10, 13-17

Liebe Festgemeinde, liebe Prädikantinnen und Prädikannten,

dieser Paulus, das war ein Prediger, sage ich Ihnen! Einer der´s mit der Logik des Logos hatte, der Nägel auf Köpfe traf. Nicht nur kluge Worte, sondern – das ist das Entscheidende – auch kluge Fragen stellt er in den Raum. Die Leute sollen selber denken, das ist die Freiheit aller Christenmenschen! Und also: Wie sollen sie, die Heiden in Rom und all die vielen Säkularen in Hamburg, Lübeck, Lauenburg, wie sollen sie an Gott glauben, von dem sie nichts gehört haben? Und wie sollten sie von ihm hören, ohne die, die von ihm erzählen und predigen?

Paulus trifft wie so oft den Nerv der Zeit. Bestes Beispiel in der Pandemie: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Dieses Wort aus dem 2. Timotheusbrief wurde das Hoffnungswort in der Krise, wurde von Agnostikerinnen im Literarischen Quartett und bei Markus Lanz von Bürgermeistern zitiert, von Menschen also, zu deren täglichen Lektüre die Bibel wohl eher nicht gehört.

Das predigende Wort hat große Kraft, weil es eben mehr ist als eine intellektuelle Etüde. Es rutscht quasi vom Kopf ins Herz. Denn solch Worte senden nicht zuvorderst, sie verstehen etwas von den Sehnsüchten der Menschen. Von ihrer Sehnsucht danach, heil zu sein und nicht so verletzlich. Sie verstehen die Menschen damals in Rom, aber auch heute in Glinde und Bramfeld, im Flüchtlingslager und im Krankenhaus. Sie verstehen inneren Kampf und bitteren Streit, die Suche nach Geborgenheit und Halt inmitten der Krise. Ob Gott uns gerade straft oder liebt? Das ist die häufigste Frage während der Pandemie-Krise. Und: Existiert er überhaupt? Und wenn ja, ist er gerade im Moment mal unbekannt verzogen? Genau, sagt Paulus, wie sollten die Menschen von ihm hören, wenn keiner über ihn spricht? Über den Glauben und die Liebe und die Hoffnung, die er in uns weckt? Diese Kraft, die einem hilft über Mauern zu springen.

Aber, liebe Gemeinde: Zum Glück gibt´s Prädikant*innen! Diese Brückenbauer zwischen alltäglicher Erfahrung und Gottes Dienst an uns. Sagt schon ihr Name: Prädicare kommt nämlich gerade nicht vom lateinischen Prädicere, von „Vorsagen“. Gar von oben herab.  Durch ein Machtwort. Sondern ganz anders: Prädicare heißt „ausrufen“ und „loben“. Ist also eine „Äußerung“ – ganz geradeaus, eine eigene Sprache für das, was einen innerlich bewegt, was einen glauben lässt und nicht selten auch zweifeln. Es ist dieses nachdenkliche Frommsein, das Herz und Mund in Übereinstimmung bringt – auch weil man verknallt ist in Gott. 

Für dieses Ausrufen berufen zu sein, ist für Sie alle so wichtig, liebe Prädikant*innen, ist elementar. Im Gespräch mit Ihnen im Februar ist mir bewusst geworden, wieviel Ihnen diese Berufung und dieser Tag heute bedeutet. Auch weil es teilweise ein langer innerer Prozess war, hier zu stehen. Manche von Ihnen haben schon ein Leben lang gespürt: Da ist mehr zwischen Himmel und Erde, als in Worte zu fassen ist. Dem will ich auf den Grund gehen. Oder da ist ein Traum, der endlich erfüllt sein will. Oder es war plötzlich da, ein Schlüsselerlebnis, und es war auf einmal glasklar: Das ist es! Prädicare – das ist meins. So oder so: Ich glaube, diese Ausbildung hat Ihrer aller Leben verändert. Es hat viele, auch unerkannte Begabungen in Ihnen wach gerufen, hat Sie Ihre persönlichen Krisen reflektieren lassen, hat Sie ermutigt, sich in der Präzision des klaren Wortes zu üben. Auch wenn es unbequem war. Aufrüttelnd.

Denn Prädikant*in-Werden ist ja viel mehr als Kopfarbeit – es ist Herzenssache. Eine besondere Qualität, die im gemeinsamen Priestertum aller Glaubenden lebendig wird. Wie lautet doch das Programm der Ausbildung so schön: Gott beruft nicht die Qualifizierten. Er qualifiziert die Berufenen. Und also, schauen wir mal genauer hin. So heißt es in einer weisen Aufzählung von leider Unbekannt so wunderbar: „Jakob war ein Betrüger. Petrus war impulsiv. David hatte eine Affäre. Noah betrank sich. Jonah lief von Gott weg. Paulus war ein Verfolger. Miriam war eine Tratschtante. Martha machte sich immer schon zu viele Sorgen. Gideon war unsicher. Thomas war ein Zweifler. Sarah war ungeduldig. Moses stotterte. Zachäus war klein. Abraham war alt. Und Lazarus tot. Gott beruft nicht die Qualifizierten. Er qualifiziert die Berufenen!“

So hat die Ausbildung selbst ihr Geschenk angerichtet…supermegatoll. Sie waren eine aufeinander herzlich bezogene Gemeinschaft, die getragen, getröstet, sich geneckt und herausgefordert hat. Eine Gemeinschaft, in der das Predigen auch ein Gesprächsangebot der Gegenseitigkeit war.

Denn Glauben ist und bleibt ein Gespräch, ein Wechselspiel von logischen Fragen und suchenden Antworten. Glauben ist keine Belehrung oder Bevormundung. Glaube ist Freude und Freiheit, Einladung und Gespräch. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass es Ihnen weiterhin gelingt, das kostbare Wort Gottes lebensnah und friedensleis in Sprachen zu fassen. Dass es Ihnen weiter Freude macht, Gottes Wort zu loben, hinzusingen, zu erringen, herauszulieben – unsere verwundete Welt braucht das jetzt! Unsere Welt braucht das Erbarmen. Inmitten von Verlustangst, Herzenshärte und Feindseligkeit sollen die Suchenden die hoffnungsfrohe Erinnerung hören, dass jeder Mensch das Recht hat sich zu verändern. So wie Sie es je für sich erlebt und getan haben. Denn wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen. Und neu beginnen, ganz neu. Da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns.

Es ist ein wunderschönes Amt, das auf Sie wartet – gehen Sie hinein, gesegnet und begleitet von seinem Frieden, höher als alle Vernunft, er bewahre unser aller Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

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