26. September 2020 | Hauptkirche St. Petri

Gottesdienst zur Überreichung der Erntekrone an die Stadt

26. September 2020 von Kirsten Fehrs

Predigt zum 2. Timotheus 1, 7

Liebe Erntedankgemeinde, Ihre Majestäten, liebe Landfrauen!

Danke, Gott, danke – das ist der Text heute. Auch und gerade in diesen merkwürdigen Corona-Zeiten, die unser Leben und Planen seit einigen Monaten komplett auf den Kopf stellen. Kein Kirchwerder-Umzug, gute Güte – das hätte doch keiner geglaubt, oder? Und ich war im vergangenen Jahr so gern mit dabei – gemeinsam mit unserem Ersten Bürgermeister, wie schön, dass Sie heute die Erntekrone in Empfang nehmen!

So vieles ist in diesem Jahr anders  – aber Erntedank, das Fest bleibt. Gleich was uns verunsichern oder bedrohen mag. „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ So sagt es Gott in einem der ersten Kapitel der Bibel, gleich nach der Sintflut, und setzt damit den entscheidenden Grundton unseres Glaubens. Gott rettet aus großer Not und Krise. Zugegeben, diese Sintflut hatte er selbst geschickt, weil das Trachten der Menschen von Grund auf Böse war, so heißt es. Aber nun, nun soll das Leben dennoch wieder neu anfangen. Heißt also: Gott besinnt sich. Er sieht nämlich all die geretteten Menschen und Tiere in der Arche, wie sie zutiefst dankbar sind zu leben – und kommt ins Nachdenken. Und so wird Gott tatsächlich ein anderer – wird vom strafenden zum rettenden Gott. Von nun an und allezeit.

Von allem Anfang an also ist das Danken geprägt von Nachdenklichkeit. Wer denkt, dankt auch – schlicht, weil einem oft erst im Nachdenken bewusst wird, wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir gesund sind oder die Kraft haben, eine Krankheit zu bewältigen, wie wenig selbstverständlich es ist, dass das Kind lacht und der Apfel wächst, dass Chöre singen und die Ernte mit Erntehelfern eingeholt werden kann. Gerade doch in diesem Jahr.

Alles, alles nicht selbstverständlich.

So ist bei diesem Erntedank 2020 diese Nachdenklichkeit besonders zu spüren. Denn lange ist es her, dass wir in unseren Breiten so gemeinschaftlich erlebt haben, wie verletzlich unser Leben ist. Die Pandemie mit plötzlich erkrankten Menschen, mit so vielen Einschränkungen und Folgen – sie hat plastisch vor Augen geführt, was wir zwar immer wussten, was wir aber nicht so recht auf die Tagesordnung gesetzt haben: Wie verwundbar unser Leben ist und wie vermessen oft unser Planen. Wie sehr auch unser Wachstum am Segen hängt und nicht allein an unsrer Hände Arbeit. Alles nicht selbstverständlich. Und deshalb ist es so wichtig, aus der Dankbarkeit ein Fest zu machen! Auch weil wir damit der Zuversicht die Tür öffnen. Niemals soll sie aufhören, am Tag nicht und in der Nacht auch nicht.

Als am 10. März der Lockdown begann und allerorten eine tiefe Verunsicherung herrschte – keiner ja wusste, und weiß, was genau dieses Virus bewirkt, und wie lange es dauert und wie man richtig handelt – da stand im Losungsbuch ein gelostes Bibelwort, das ganz genau die Situation getroffen hat, und das zufällig morgen auch Predigttext ist: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, Liebe und Besonnenheit.

Das ist´s, auf den Punkt gebracht.

Erstens: Sich nicht von der Angst beherrschen lassen, sondern Kraft entfalten, sie zu bewältigen. Und diese Kraft haben wir – es ist doch beeindruckend, wie es in den letzten Monaten gelungen ist, in einer Gemeinschaftsleistung diese Krise zu bestehen. Und ich bin ehrlich froh, in einer Stadt wie Hamburg zu leben, in der die Politiker*innen so besonnen handeln.

Dann die Liebe: Sie ist die größte und gegenüber dem Nächsten mit Abstand die beste. Schließlich die Besonnenheit, die uns dafür aufmerksam hält, wie wir den Nächsten lieben können: Nämlich indem wir ihn vor uns mit dem Schnutenpulli schützen. Besonnenheit also, die uns nachdenklich danken lässt, ein besonnenes Feiern sozusagen. Das ist im Moment in Hamburg auch ziemlich dran….

Deshalb ja ist dieses Erntedankfest mit Ihnen, den Landfrauen, ein immer so feierliches und schönes, weil man im wohltuenden Sinne geerdet wird. Auf das wesentliche heruntergebrochen. Runtergeholt auf den Teppich sozusagen. Man kommt zur Besinnung, und merkt: Wir sind abhängig von der Natur, waren es immer. Nicht umgekehrt. Aber die Schöpfung leidet. Gestern erst haben wieder bundesweit die jungen Leute von Fridays for future gemahnt: Wir haben keine zweite Erde! Liebt sie mit Besonnenheit! Die Ausstellung hier in St. Petri zu den globalen Auswirkungen des Klimawandels zeigt ebenfalls eindrücklich, wie unser Handeln hier zu Fluchtbewegungen dort führt, zu Kriegen um Wasser und zu Vertreibung. Die Welt hungert nach Gerechtigkeit, auch des Klimas.

Denn die Erde ist verletzt und verwundet. Und gerade deswegen umso schützenswerter. Und so ist es unbedingt mit Dank zu würdigen, wenn unsere Landwirte sich eben nicht allein als Lebensmittelproduzenten verstehen, sondern auch als Landschaftspfleger. Wissend wie schwierig die Fragen etwa um Düngemittel und Nitrate sind. Deshalb gerade sind unsere Landwirte auf faire Preise und Bedingungen für die regionale Landwirtschaft angewiesen. Wir alle, liebe Gemeinde, Landwirte, Obstbauern, Politiker, Verbraucherinnen – wir alle haben hier Verantwortung zu übernehmen.

Denn wir alle werden doch gerade beschenkt! Weil es – hier und dort schwankend im Ertrag – aber dennoch gute Obst- und Getreideernte gegeben hat in diesem Jahr. Und weil man satt werden kann. Nicht nur vom Ertrag der Ernte. Man kann auch satt werden vom Erfolg der Arbeit, vom Lebenssinn, von der Kraft, die einem geschenkt wird, von der Liebe.

Und deshalb feiern wir. Jetzt. Erntedank ist´s und Zeit, die Arbeit ruhen zu lassen und nicht gleich dem nächsten Erfolg nachzujagen. Wir feiern und setzen damit dem Leben die Krone auf – ganz wörtlich. Weil es eben so unendlich kostbar und wertvoll ist. Jedes einzelne Leben.

Kostbar auch, dafür danke ich, dass wir sie gemeinsam feiern, diese Hoffnung auf Leben, die niemals aufhört. Möge Gott Sie und Ihre Lieben mit seinem Segen begleiten.

Und mit seinem Frieden höher als alle Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

 

 

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