9. Januar 2022 um 10.00 Uhr | Christkirche/Rendsburg

„Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei."

Der Blick in den Altarraum der Christkirche in Rendsburg
Der Blick in den Altarraum der Christkirche in Rendsburg

21. Januar 2022 von Gothart Magaard

Predigt zum Festgottesdienst aus Anlass der Neugründung der Ev.-luth. Kirchengemeinde Rendsburg und der Einführung des neuen Kirchengemeinderates (KGR) am 1. Sonntag nach Epiphanias (Predigttext: Römer 12,1-8)

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch!

                                                                                                                      Liebe Rendsburger Festgemeinde!

Am Anfang des neuen Jahres ein Festgottesdienst anlässlich der Gründung der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Rendsburg. Und dies unter dem Jesajawort:  „Denn siehe, ich will Neues schaffen. Jetzt wächst es auf!“

Eine ermutigendere Verheißung anlässlich eines so besonderen Tages kann man sich kaum wünschen. Jesaja ruft uns zu: Gott will Gutes, Neues entstehen und wachsen lassen – auch auf dem Weg Ihrer neuen Gemeinde.

Diesen Zuspruch hören wir aber auch am Beginn dieses neuen Jahres. Angesichts all der Fragen, die wir uns beim Jahreswechsel persönlich stellen und auch gesellschaftlich.

Am Beginn eines Jahres, das wie ein unbeschriebenes Blatt vor uns liegt. Und angesichts der Sorgen, die wir uns gleichwohl machen wegen der unerwartet starken Bedrohung durch das Virus. Angesichts der Spannungen und Konflikte im Ringen um eine angemessene Haltung – jeder und jede für sich und alle gemeinsam.

So hören wir den Zuspruch: Gott will Gutes, Neues entstehen und wachsen lassen! Das gilt für unser Miteinander in Stadt und Land, aber auch im Blick auf die Herausforderungen in der Welt und die Krisenherde in Kasachstan, in Belarus oder im Nahen Osten.

Heute feiern wir diesen Gottesdienst im Licht des Epiphaniasfestes. In dem Licht, das von der Krippe her zu uns leuchtet und uns auf unserem Weg in das neue Jahr begleitet. Die drei Weisen aus dem Morgenland sahen den hellen Stern am Himmel.

Er war für sie ein ganz besonderes Zeichen. So ließen sie alles stehen und liegen und machten sich auf den Weg, ohne zu wissen, wohin der Weg sie führen würde. Bis heute sind die drei ein Bild dafür, dass Menschen sich auf den Weg machen und dabei eine Kraft spüren, die sie durch Unsicherheiten trägt.

Für die christlichen Gemeinden war und ist es immer wieder eine große Herausforderung, sich über ihren Weg als Kirche Jesu Christi zu verständigen. In seinem Briefes an die Gemeinde in Rom formuliert es Paulus im 12. Kapitel, unserem heutigen Predigttext, so: „Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Paulus ermahnt hier nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern unter Hinweis auf  die Barmherzigkeit Gottes, die in Jesus Christus sichtbar geworden ist. Es ist eine Ermutigung! Auf dieser Barmherzigkeit soll das Leben der Gemeinde gegründet sein.

Sie lässt Menschen die Kraft finden, sich mit Hingabe zu engagieren – so würde ich seine Worte zusammenfassen. Mit Hingabe im Beruf, in der Familie, im Stadtteil und in der Kirchengemeinde. Dieses Engagement im Alltag nennt Paulus „vernünftigen Gottesdienst“.    

Durch uns soll die Barmherzigkeit Gottes in der Welt erfahrbar und spürbar werden. Nicht nur im Gottesdienst am Sonntagmorgen.  Vernünftiger Gottesdienst, das ist unser Gottesdienst im Alltag der Welt,  außerhalb der Kirchenmauern – von Montag bis Sonnabend.

Zugleich warnt Paulus vor blindem Aktionismus und schreibt:  „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und das Wohlgefällige und Vollkommene.“  

Liebe Gemeinde, es ist eine gute christliche Tradition, sich von Zeit zu Zeit über den Weg zu vergewissern und nach dem zu fragen, was unser Auftrag als Christenmenschen in dieser Zeit ist. 

Und so haben Sie sich vor drei Jahren „bedächtig und gründlich“ (R. Neubert-Stegemann)  auf den Weg gemacht unter der Frage: Wie kann sich das kirchliche Leben hier in der Region gut weiterentwickeln, sodass Menschen aller Generationen und verschiedener Milieus gut angesprochen werden?

Mit einem kooperativen Miteinander hatten Sie schon gute Erfahrungen gemacht: Die Popularmusik-Stelle in gemeinsamer Trägerschaft. Jugendarbeit und Gemeindebrief wurden gemeinsam gestaltet. Die Pastorinnen und Pastoren vertraten sich gegenseitig. Aber aufgrund unterschiedlicher Traditionen und Schwerpunkte in den Gemeinden und mancher Konflikte war der Weg nicht leicht und die Frage im Raum:

Würde man das  Projekt Fusion wirklich gemeinsam schaffen? Jede Gemeinde ist in sich schon eine Art  großer Organismus, den es zu berücksichtigen galt. Zugleich war es Ihnen ein besonderes Anliegen, bei zurückgehenden Pfarrstellen, Gemeindegliederzahlen und Finanzen eine gute Zukunftsperspektive zu entwickeln.

Und so haben sich die Kirchengemeinderäte zueinander auf den Weg gemacht, um auszuloten, was sie verbindet, wo es Unterschiedliches gibt und wie man zukünftig zusammen arbeiten könnte.

Im Jahr 2019 wurde ein Kooperations-Ausschuss gebildet mit sechs Themengruppen, um über die künftige Zusammenarbeit zu beraten. Es war ein langer, intensiver Weg, auf dem Sie miteinander Vieles diskutiert und geklärt haben.  

Der Weg war auch deshalb nicht einfach, weil sich im Jahr 2020 durch die Pandemie ganz andere Fragen nach vorne schoben. Gemeinsames Arbeiten in Präsenz war für viele Wochen nicht möglich. Trotzdem haben Sie Wege gesucht, um zueinander zu kommen.

Nachdem die Kirchengemeinde Büdelsdorf erklärte, gerne weiter kooperieren zu wollen, aber nicht fusionieren zu wollen, beschlossen die drei Rendsburger Gemeinden St. Jürgen, Christkirchengemeinde und St. Marien, sich zu einer Rendsburger Gemeinde zusammenzutun. Um die vorhandenen Kräfte besser zu bündeln und ein attraktives und lebendiges kirchliches Leben in der Stadt gemeinsam zu gestalten.

Nach der Entpflichtung der ausscheidenden Kirchengemeinderäte und der heutigen Verpflichtung der bleibenden Kirchengemeinderäte wird sichtbar, was im Beratungsprozess nach und nach entwickelt wurde: Begegnung, Austausch und gemeinsame Wahrnehmung der Verantwortung durch die  Vertreterinnen und Vertreter der drei Gemeinden, um gute Entscheidungen zu treffen. Sie haben miteinander gelernt, in neuen Zusammensetzungen Perspektiven für die Arbeit zu entwickeln. Und alles wurde immer offen in die Kirchengemeinderäte kommuniziert.

Alle, die sich für das Voranbringen des Prozesses eingesetzt haben, haben dabei viele Kraft und Zeit investiert. Für dieses große Engagement der Mitglieder der Kirchengemeinderäte und aller Beteiligter möchte auch ich Ihnen heute herzlich danken. Wie komplex, herausfordernd und  anstrengend, aber auch verheißungsvoll ein solcher Weg ist, habe ich auch von vergleichbaren Fusionsprozessen in Heide, Husum oder Schleswig gehört.  

Die Evangelisch-Lutherische  Kirchengemeinde Rendsburg bleibt eine Kirche vor Ort und wird weiter verlässlich für die Menschen da sein. Und ihre Lebendigkeit hängt ab von dem Geist, der sie bestimmt und von den ganz unterschiedlichen Begabungen der Menschen.

Dazu gibt Paulus im Römerbrief wichtige Hinweise, wenn er schreibt: 

„ Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. Dennwie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben,  so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.“

Paulus ermutigt und mahnt zugleich: jeder und jede hat besondere Gaben und die Gemeinschaft lebt vom Zusammenspiel der unterschiedlichen Kräfte. Dafür vergleicht er die Gemeinde mit dem menschlichen Organismus.

An kleinen Kindern sehen wir, wie nach und nach der aufrechte Gang, die Sprache und immer mehr körperliche und geistige Fähigkeiten gelernt werden  und Begabungen eine Persönlichkeit ausmachen. So ist es auch in den Gemeinden: das Miteinander muss eingeübt werden.

Die Gemeinde Jesu Christi lebt ihrerseits davon, dass die Gaben maßvoll eingesetzt werden – in einer anderen Übersetzung heißt es: „Seid auf Besonnenheit bedacht.“

Fast liebevoll beschreibt Paulus die Gaben: Verkündigung orientiere sich am Glauben. Wer ermahnen  und trösten kann, der wende sich aufmerksam dem anderen zu. Wer finanziell unterstützen kann, der tue es mit „lauterem Sinn“. Wer leitende Aufgaben übernimmt, leiste es mit persönlichem Einsatz. Mit der Barmherzigkeit zum Schluss schließt Paulus an den Anfang an: „Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er es mit Freude.“

Sicher: Im Hintergrund bei Paulus steht kein Fusionsprozess, sondern eher das Gegenteil: Streit, Polarisierung, unfruchtbare Konfliktbearbeitung und Überheblichkeit. Deshalb betont er die Besonnenheit.

Die Gemeinde als ein komplexer Organismus, dieses Bild lässt sich aber auch sehr gut auf eine Fusion beziehen: Gemeinde größer denken, Begabungen und Kräfte teilen und für einander zur Verfügung stellen. In aller Vielfalt und Unterschiedlichkeit in Christus miteinander verbunden.

Denn das Licht der Liebe Gottes wird da sichtbar, wo Menschen ihre Unterschiedlichkeit und Vielfalt als von Gott geschenkte Gaben verstehen, mit denen sie die Gemeinde bereichern können.

Auch wenn es gelingt, dass Menschen sich gegenseitig zur Seite stehen und niemand übersehen wird.

Wenn es gelingt, Meinungsverschiedenheiten auszuhalten und Unterschiede zu akzeptieren.

Und wenn es in der Pandemie gelingt, diejenigen zu schützen und nicht allein zu lassen, die besonders gefährdet sind.

So können wir heute zuversichtlich dem Neuen entgegensehen, so wie es Jesaja verheißt. Es wächst auf! Im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit und die von ihm geschenkten Gaben bitten wir  um Gottes Segen für diese neue Kirchengemeinde. Und für alle Menschen, die in diesem Organismus leben, sich engagieren und Freud und Leid teilen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinn in Christus Jesus.

 

Amen.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite