Interreligiöse Begegnung verändert jeden
22. März 2016
Grußwort für Shmuel (Sammy) Jossifoff beim Kleinen Senatsempfang anlässlich der Verleihung ´Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes in Bronze` an Shmuel Jossifoff
Sehr geehrter, lieber erster Bürgermeister,
sehr geehrte liebe Brüder und Schwestern des interreligiösen Dialogs,
liebe Gäste und vor allem heute:
Lieber Sammy, liebe Frau Jossifoff,
selten habe ich mich so gefreut, Vorsitzende des Interreligiösen Forums zu sein, wie heute.
Weil es mir hemmungslos Gelegenheit bietet, im Namen von uns allen Dir, lieber Sammy, zu danken: Danke für deine Freundschaft, die wir von Herzen erwidern. Danke für deine Präsenz, Klarheit und deine gewinnende Hartnäckigkeit. Deinen Witz auch. Und danke natürlich für eine lange gemeinsame Wegstrecke im interreligiösen Forum. Als einer der Gründer, was sage ich: Entdecker des interreligiösen Dialogs hast du das Forum in Hamburg entscheidend geprägt. Du warst der „opener“ für viele, daran teilzunehmen – ja, sich dieser Toleranzübung ganz bewusst auszusetzen. Denn aus eigenstem Erleben weißt du und aus gemeinsamer Erfahrung wissen wir, wie die interreligiöse Begegnung jeden verändert – Vorurteile weichen der Freundschaft zum Unterschied. Und diese Atmosphäre der Erlaubnis hat bei uns in Hamburg immer viel mit dir zu tun gehabt. Denn du hast eine dir eigene Großherzigkeit, die auch und gerade die religiöse Dimension der Menschen einschließt. Mit dem großen jüdischen Philosophen Martin Buber ließe sich dieser Erlaubnisraum so beschreiben: “Alle Menschen haben Zugang zu Gott, aber jeder einen anderen. Gottes Allumfassung stellt sich in der unendlichen Vielheit der Wege dar, die zu ihm führen, und von denen jeder einem Menschen offen ist.“
Soweit Buber. Und nun wieder Jossifoff: Aus diesem tiefen Sinn für die Offenheit des Religiösen, die genau in dieser Freiheit den Menschen Orientierung gibt und Ziel, daraus lebst du. So jedenfalls habe ich dich immer erlebt. Es ist eben nicht gleich-gültig, was wir als gläubige Menschen tun. In dieser Welt, die allerorten nach Versöhnung ruft - und die die Weite des Herzens mehr denn je braucht. Und deshalb - ich zitiere dich – ist es „wichtig, dass auch von politischer Seite und von allen demokratischen Parteien die Notwendigkeit interreligiöser Verständigung wahrgenommen, gefördert und weiterhin unterstützt wird. Gerade in der aktuellen Integrationsdebatte brauchen wir den Dialog“, so Sammy Jossifoff schon 2008. Ich möchte hinzufügen: Gerade angesichts der Wahlergebnisse vom vorvergangen Sonntag müssen wir diesen Konsens bewahren.
Danke dir, lieber Sammy, für deine klare, aktuelle Sprache. Zu jedermann und jeder Frau. Danke dir für deine Geradlinigkeit. deinen Mut. Es gab mit dir auch hitzige Debatten. Gut so. Reibung erzeugt Wärme. Auch wenn Leidenschaft, wie Oliver Petersen uns non-buddhistischen Teilnehmern dann immer gern nahebringen wollte, nicht wirklich immer das beste Argument ist. Doch ohne Leidenschaft geht´s halt in den wirklich tiefen Dingen des Lebens genauso wie den letzten Dingen des Glaubens oft nicht. Entscheidend deshalb, dass es – auch durch dich, lieber Sammy – immer wieder gelingt und gelang, das verbindende Wort zu finden, den gemeinsamen Gedanken, das, was das Herz wieder weit macht. Wissend dass solche, die in ihrer Herzensenge anderen Angst machen, nicht unseres sind. Ihrer gibt es derzeit wahrlich genug. Leider. An erster Stelle zu nennen der brutale Terror – just heute in Brüssel, was für eine Erschütterung! Aber es gilt weiterhin: Wir lassen uns nicht gegeneinander aufhetzen. Wir steigen nicht ein in die Agenda der religiösen Fanatiker! Es braucht, so wie du es immer getan hast, lieber Sammy, weiterhin unbeirrbar unser aller Widerwort gegen Hass und Gewalt, gegen antisemitische Hetzrede und Islamphobie, gegen Kirchenbeschimpfung und menschenverachtende Verbalattacken. Rauf auf die Podien und gestritten!, sage ich.
Und dies zugleich mit kluger Besonnenheit. So wie es der Talmud, der natürlich heute nicht fehlen darf, in wie immer weiser Art ins Bild setzt. Fragt er nämlich: Warum ist das ganze Ohr hart, das Ohrläppchen aber weich? Damit der Mensch, wenn er unständige Reden hört, das Ohrläppchen in das Ohr hineinbiegen kann….
Heißt: Es geht um Be-Sinnung, nicht etwa ums Weghören! Einen Moment des Innehaltens, um dem spontanen Ohrenrauschen der Wut Einhalt zu gebieten. Wir brauchen in diesen Zeiten mehr denn je gewissermaßen die Ausbildung des siebten Sinnes, der uns friedenslaut streiten lässt. Weil es eben immer auch um das Größere geht, den Schalom, die Hoffnung des Guten, das über das Böse hinausweist und es überwindet.
Deshalb, lieber Sammy, braucht es Menschen wie dich in unserem Land und unserer Stadt. Und deshalb ist es völlig in Ordnung mit dieser Medaille…. Denn du hast uns über Jahrzehnte mitgenommen auf einen neuen Weg, der auch ein Pfad des Lernens ist. „Interreligiös“ muss man nämlich auch können. Wollen. Klären. Manchmal auch aushalten. Mit dem herzlichen Willen richtig zu verstehen. Du kannst das. Mit deiner Geschichte im Gepäck. So hast du enorm viel erreicht. 25 Jahre hast du vorangetrieben, geredet, Podien aufgemischt, nachgehakt, bist das Gesicht für die jüdische Partnerschaft gewesen, hast treu an der Seite derer gestanden, die missverstanden waren oder öffentlich angegriffen.
Danke für all das. Danke für deine Freundschaft und danke für deine Zuversicht des Schalom.
Der Segen des Einzigen soll dich und deine Frau bewahren. Dass ihr weiter Kraft behaltet das Leben zu lieben und - bitte - uns auch.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.