Gedenken, Erinnern, Verantwortung übernehmen

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.© Theresa Lange

26. Januar 2025 von Dieter Schulz

Am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz fordert Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt dazu auf, aus der Erinnerung an das Grauen von Auschwitz, Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft zu übernehmen. Sie warnt vor wachsendem Antisemitismus und ruft zu entschiedener Gegenwehr gegen jede Form von Hass und Gewalt auf.

Am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau hat die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) Kristina Kühnbaum-Schmidt gefordert, aus der Erinnerung an das Grauen von Auschwitz Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft zu übernehmen. „Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau steht für den millionenfachen Mord vor allem an jüdischen Männern, Frauen und Kindern, an Sinti und Roma und anderen Verfolgten. Perfide durchorganisiert wurden sie dort bis aufs Letzte ausgebeutet, ihrer Würde beraubt, misshandelt, gefoltert, ermordet. Mehrfach habe ich selbst die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau besucht und war jedes Mal zutiefst bewegt und erschüttert. Was ich dort gesehen und wovon ich dort gehört habe, geht mir nicht mehr aus Kopf und Herz“, sagte die Leitende Geistliche der Nordkirche.

Erinnerung um unserer Gegenwart und Zukunft willen

Kristina Kühnbaum-Schmidt sieht in der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus eine bleibende Aufgabe. „Die damals verübten Verbrechen dürfen wir niemals vergessen. Und niemals dürfen wir darüber schweigen. Wir müssen uns erinnern und der Opfer gedenken. Und wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie es zu diesen Verbrechen kommen konnte - nicht zuletzt um unserer Gegenwart und Zukunft willen. Denn das gehört zusammen: erinnern, gedenken und heute entschieden Verantwortung übernehmen - Verantwortung dafür, dass allen Menschen unveräußerliche Würde und das Recht auf Leben sowie körperliche Unversehrtheit zukommen“, erklärte die Landesbischöfin. „In der Zeit des Nationalsozialismus haben auch Christen und Christinnen Schuld auf sich geladen: vielfach haben auch sie geschwiegen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verhindert, Ressentiments, Antisemitismus und Judenhass unterstützt oder sich an der Verfolgung und Ermordung ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger sogar beteiligt“, mahnte die Vorsitzende der Kirchenleitung der Nordkirche.  

Besondere Verantwortung und bleibende Aufgabe

„So wurde deutlich, wohin es führt, wenn Grundpfeiler christlicher Ethik wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Mitgefühl und ein klares Eintreten für Entrechtete und zu Unrecht Verfolgte in den Hintergrund treten, wenn sie in der Gesellschaft keine Lobby mehr haben oder verächtlich gemacht werden“, erklärte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und betonte:  „Für uns als Kirche wie für uns als einzelne Christenmenschen wächst daraus heute die besondere Verantwortung und bleibende Aufgabe, dass wir uns der Erinnerung stellen und nicht vergessen. Dass wir unsere Kinder und Kindeskinder wissen lassen, was damals geschah. Damit sie wie wir wissen, wohin Hass, Ausgrenzung und falsche Überlegenheitsgefühle geführt haben und führen können.“

Christlicher Glaube und die Würde des Menschen

Sie warnte eindringlich vor wachsendem Antisemitismus und zunehmenden Gewalttaten in Deutschland. „80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz erleben wir, dass der Antisemitismus in Deutschland wieder wächst und antisemitische Gewalttaten zunehmen. Weil christlicher Glaube und Antisemitismus unvereinbar sind, bleibt es ständige Aufgabe unserer Kirche, Antisemitismus in jeder Form zu widerstehen und entgegenzutreten“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Weil alle Menschen Geschöpfe Gottes sind, mit gleicher Würde und gleichen Rechten, lässt christlicher Glaube für Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, für Ausgrenzung und Extremismus keinen Platz. Deshalb setzen wir uns als Nordkirche ein für Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Und wir treten ein für unsere Demokratie und für Menschenrechte. Wir wenden uns entschieden gegen faschistische Ideologien und völkisches Gedankengut“, betonte die Landesbischöfin.

Landesbischöfin liest bei Gedenkfeier in Ravensbrück aus Erinnerungen von Häftlingen

Abschließend zitierte Kristina Kühnbaum-Schmidt den damaligen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der die NS-Verbrechen aufarbeitete: „Wir können aus der Erde keinen Himmel machen, aber jeder von uns kann etwas tun, dass sie nicht zur Hölle wird.“ Sie betonte: „Gut, wenn wir das nicht vergessen.“ Die Landesbischöfin wird am Montag (27. Januar 2025) in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück an der Partizipativen Lesung am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen und selbst eine Textpassage vorlesen. In diesem Jahr ist die Lesung unter dem Thema „Der Gedanke an den Tod weckt in mir die Lust zum Leben“ den Erinnerungen und Selbstzeugnissen von Häftlingen und Überlebenden an das Kriegsende, die Befreiung und die Rückkehr ins Leben im Jahr 1945 gewidmet. Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück liegt in unmittelbarer Nachbarschaft  des Ortes Fürstenberg/Havel, deren evangelische Kirchengemeinde zu den Kirchengemeinden der Nordkirche auf dem Gebiet des Bundeslandes Brandenburg gehört.

Hintergrund: das KZ Ravensbrück

Das Konzentrationslager Ravensbrück wurde 1939 von der SS in der Nähe des mecklenburgischen Luftkurorts Fürstenberg errichtet und war das größte Frauen-Konzentrationslager auf deutschem Boden. Es diente bis 1945 als Haftstätte für etwa 120.000 Frauen und Kinder, 20.000 Männer und 1.200 Jugendliche aus über 30 Nationen, darunter Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Zehntausende starben an Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinischen Experimenten oder wurden ermordet, unter anderem in einer 1945 errichteten provisorischen Gaskammer.

Angeschlossen waren ein Männerlager (ab 1941) und das „Jugendschutzlager Uckermark“ (ab 1942). Im KZ wurde Zwangsarbeit in der Industrie organisiert, beispielsweise in Werkhallen der Firma Siemens & Halske, die ab 1942 errichtet wurden. Ravensbrück war zudem eine Hinrichtungsstätte, in der viele Opfer durch Erschießungen oder andere Methoden umgebracht wurden.

Am 30. April 1945 wurde das Lager von der Roten Armee befreit. Vorher wurden viele der über 20.000 verbliebenen Häftlinge auf Todesmärsche geschickt, nur etwa 2.000 Kranke blieben zurück. Große Teile des Geländes diente nach Kriegsende bis 1994 der sowjetischen bzw. GUS-Armee als Kaserne. Einzelne Gebäude des ursprünglichen Lagers, wie das Krematorium und der Zellenbau, wurden erhalten und später in die Gedenkstätte integriert.

Heute erinnert die Gedenkstätte an die Verbrechen und das Leid der Häftlinge. Sie wurde 1959 in der damaligen DDR als „Nationale Mahn- und Gedenkstätte“ eröffnet und gehört seit 1993 zur Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Sie bleibt ein zentraler Ort des Erinnerns und Lernens.

 

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