Landesbischof Gerhard Ulrich: „Wir brauchen Orte, an denen sich unser Erinnern festmacht“
14. April 2014
Wismar. Auf einer Gedenkveranstaltung der Hansestadt Wismar hat der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Gerhard Ulrich, heute (14. April) in der St.-Georgen-Kirche die Bedeutung einer Erinnerungskultur für die Gesellschaft herausgestellt.
„Der Blick zurück ist unverzichtbar für einen geschärften Sinn in der Gegenwart und für ein verantwortungsvolles Wirken in ihr. Ohne Vergewisserung des ‚Woher‘ keine Gewissheit für das ‚Wohin‘. Zukunft braucht Erinnerung“, sagte Ulrich anlässlich des 69. Jahrestages der Zerstörung des Gotischen Viertels in Wismar. Und: „Wir brauchen Orte, an denen sich unser Erinnern festmacht“
In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945 hatten britische Bomber einen erheblichen Teil des historischen Stadtkerns zerstört. „Da wurden Wunden gerissen, die über Jahrzehnte spürbar und sichtbar geblieben sind und es auch in der Zukunft noch bleiben werden – ungezähltes Leid von Menschen und gleichsam im ‚Baukörper‘ der alten Hansestadt Wismar“, sagt Ulrich. Es sei gut, dass alljährlich am 14. April an die verheerenden Bombenangriffe erinnert würde. Denn: „Menschsein heißt für mich, eine Geschichte zu haben, in Geschichte und Geschichten zu leben“, so der Landesbischof der Nordkirche. Der 14. April sei „ein Tag gegen das Vergessen und Verdrängen!“
„Die Erinnerung an das, was war, an das, was geschehen ist, ist eine zentrale Aufgabe für das kulturelle Gedächtnis eines Volkes und eines Landes – wir können nicht geschichtslos leben, wir dürfen nicht erinnerungslos leben“, mahnte Gerhard Ulrich in seiner Gedenkrede. „Ohne Erinnerung – keine Zukunft. Wer sich nicht erinnert, droht gleichsam zu ersticken in Gegenwart, ihm oder ihr droht akute Atemnot, weil die Kurzatmigkeit des Jetzt lebensgefährlich werden kann. Das Leben duldet keinen Schlussstrich – keinen reinen Tisch… Das Leben braucht vielmehr Vergebung – und die ist nicht zu haben ohne die Erinnerung an das, was war und an das, was geschehen ist – und immer wieder geschieht.“
Hinweis: Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche – www.nordkirche.de) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD – www.velkd.de).