30. August 2022 | Christuskirche Hamburg-Eimsbüttel

Predigt im Lehrer*innengottesdienst

30. August 2022 von Kirsten Fehrs

Predigt von Bischöfin Kirsten Fehrs zu Markus 4

Im Namen Gottes, der Quelle unseres Lebens, im Namen Jesus Christi, dem Grund unserer Hoffnung und im Namen des Heiligen Geistes, die Kraft, die uns bewegt und erneuert. Amen.

Liebe Schuljahresanfangsgemeinde, liebe Lehrerinnen und Lehrer,

wie schön, dass Sie wieder den Weg hierher in die Christuskirche gefunden haben. Ich habe mich sehr auf Sie gefreut. Es ist einfach etwas ganz Wertvolles, Ihnen und das heißt so vielen engagierten und empathischen, bisweilen auch tapferen Lehrerinnen und Lehrern zu begegnen. Inzwischen habe ich das Gefühl, viele zu kennen. Kein Wunder! Wir feiern diesen Gottesdienst ja sage und schreibe schon zum 10. Mal!

Eine mir sehr lieb gewordene Tradition – und in diesem Jahr liegt mir besonders daran. Inmitten krisenhafter Zeit, die ja nicht nur die Erwachsenen besorgt sein lässt, sondern allemal auch die Kinder und Jugendlichen, da braucht es Kraft und Segen. Mut, zu hoffen. Und den Mut, vom Frieden zu reden, auch wenn der weit entfernt scheint. Halten wir‘s heute also mit dem Vertreter der absoluten Gewaltlosigkeit, mit Mahatma Ghandi. „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“

Dass hierfür die Schulen ein wesentlicher Ort sind, erfahren Sie tagtäglich. Und dass Sie sich ganz persönlich in diesem Sinne einsetzen und so viel Segensreiches bewirken, dafür danke ich Ihnen ausdrücklich. Oft genug ist nicht im Blick, was Sie leisten, gerade auch in der Pandemie geleistet haben. Also sagen wir als Nordkirche stellvertretend für viele: Danke für Ihre Geduld, Kraft, danke für Ihr engagiertes Mitgehen! Danke für alles, was Sie für unsere Gesellschaft tun, für eine Bildung, die die Welt menschlich macht.

Klar gibt es auch dieses Jahr nicht nur geistliche Nahrung, sondern auch Antipasti, Brot, Wein und Gespräch. Herzlich danke ich dem bewährten Team, das den Abend vorbereitet hat, dem Religionslehrer:innenverband und dem PTI. Wie immer so liebevoll! Und ich danke Jakob Neubauer, der uns musikalisch begleitet und sich auf jedes Experiment einlässt. Komm Herr, segne uns, singen wir mit ihm jetzt und feiern im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Predigt zu Markus 4,1-9

Liebe Geschwister,

Gott steh mir bei – so ein verständlicher Ruf des Sängers angesichts all der Themen, die drängen! Gott steh uns bei, das sage ich aber auch im Blick auf uns alle, für unser Leben, Lieben, für unsere Familie und für unsere Aufgaben. Denn nun ist es ja wieder losgegangen, das neue Schuljahr. Vielleicht ja schon fast wieder wie früher, jedenfalls diese Sommermonate noch, wer weiß, wie es wird. Gott steh uns bei.

Ich hoffe, Sie haben sich im Sommer gut erholen können; denn die allermeisten – so war mein Eindruck – waren nach zwei Jahren Pandemie, Krieg und Krisen doch recht erschöpft. Und dann hoffe ich, Sie haben sich auch ein bisschen auf ihre Schüler:innen gefreut. Denn es ist ja etwas sehr Schönes, das eigene, umfassende Wissen zu teilen. Wie der Sämann im Gleichnis, das wir eben gehört haben.

Austeilen, was in Ihnen ist – und zwar reichlich: Geometrie und Lyrik, Notting Hill Gate und gymnastische Übungen am Barren, Tonleitern und Politik, Kants Kritik der reinen Vernunft und Jesu Gleichnisse und Wundergeschichten. Ja, der Sämann ermutigt zur Verschwendung, welch Wort in diesen Zeiten. Verschwendung! Das heißt ja: raus mit allem, was zur Verfügung steht an Saat! Damit‘s wirklich Frucht trägt. Bildung und Wissen, ja klar, aber auch gegenseitige Achtsamkeit und ein sozialer Umgang miteinander. Das wird ja immer wichtiger in diesen spannungsvollen Zeiten – gerade jetzt mit dem Blick auf einen heiß-kalten Herbst.

Und gerade weil derzeit eine Krise die andere zu überlagern scheint: Da braucht es von Ihnen viel Kraft, reichlich Zukunftsmut und, ja, Gegenimpulse, um Erschöpfung und Sorge zu überwinden. Am besten für die Kinder und Jugendlichen gleich mit. Denn nach meinem Eindruck werden sie immer ernster. Irgendwie ist bei ganz vielen die Unbeschwertheit verlorengegangen. Das hat sicherlich mit der Pandemie zu tun, aber auch damit, dass Krieg und Klimakrise den Jugendlichen so nah rücken wie noch nie und sie wirklich ängstigen.

Kein Zufall, dass unter den Jugendlichen ein moralischer Rigorismus zunimmt. Sie nennen sich etwa „Last generation“, die „dachte, wir wären schon viel weiter“. Die sich mit Sekundenkleber auf der Straße „festmachen“ (ja, sogar an den Rahmen eines Rembrandt-Bildes), so dass sie keine Polizei wegtragen kann. Kompromisslos ist dieser Protest und Ausdruck dafür, dass sie keinerlei Geduld mehr haben mit der Generation der Alten und Älteren, die mit den Klimazielen und mit ihren demokratischen Prozessen nicht zu Potte kommen. Und wir müssen ja klar registrieren: Die Jugendlichen sind in unserem Land mit nur zehn Prozent in der Minderheit!

Es gibt viel Grund, sich stark zu machen für sie. Und sie selbst stark zu machen, dass sie sich einsetzen für Gerechtigkeit und Frieden und gegen die, die die Saat des Guten ganz bewusst töten, zertreten, verdorren lassen. Es erschüttert uns doch alle, wie dieser fürchterliche Krieg in der Ukraine jenseits jeder Menschlichkeit Leben zerstört. Kinderseelen vernichtet. Würde mit Füßen tritt. Gott, steh uns bei!

Nein, Adel Tawil kennt keine Bibel, Koran, Tora, buddhistische und hinduistische Weisheit. Aber er kennt die Kernbotschaft aller Religionen, die uns eint: Frieden. Wie Mahatma Gandhi es sagt: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“ Frieden – der scheint aber derzeit weit entfernt. Kinder und Jugendliche erleben diese Fragilität besonders, auch weil dies verstärkt wird durch die ukrainischen Geflüchteten in ihren Klassen (m. W. sind es in Hamburg jetzt über 6.000). Und – auch das ein Thema – durch die Feindseligkeit gegenüber russischen Mitschülern. „Du Russe!“ heißt es dann, als wäre das ein Schimpfwort. Glücklicherweise gibt es hier neben Putin-Anhängern auch viele, viele andere, so wie übrigens in Russland selbst auch. Die klar den Krieg als Völkerrechtsbruch verurteilen, auch wenn es gefährlich ist für sie und ihre Familien. Wissenschaftler, Künstlerinnen, russisch-orthodoxe Priester. So übrigens vergangenen Freitag auch Erzpriester Dionysi Idavain aus Hamburg bei einem ökumenischen Friedensgebet. Sehr beeindruckend.

Solche Zeichen des Friedens brauchen wir! Denn wir erleben eine Zeit, in der es jenseits von Sonntagsreden tatsächlich darum geht, Solidarität mit den Entrechteten und Opfern von Gewalt zu zeigen, auch wenn es uns etwas kosten wird. Wir dürfen – Gott steh uns bei! – gerade jetzt nicht aufhören, von Frieden und Versöhnung zu reden und diesen Weg konsequent zu gehen. Wer soll das denn sonst in dieser Gesellschaft tun mit dieser aufgerüsteten Sprache? Nein, ent-rüstet euch.

Die Schule ist genau der Ort, in dem dies wachsen kann, insbesondere durch Sie, die Sie reichlich Saat werfen. Eben indem Sie mit so viel Herz und hohem persönlichen Einsatz mit den Schüler:innen auch innerlich einen Weg gehen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Und mehr noch: manch aufgewühlte Seele auffangen und trösten. Danke dafür! Amen.

Datum
30.08.2022
Quelle
Kommunikationswerk der Nordkirche
Von
Kirsten Fehrs
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