29. Mai 2023 | St. Jürgen zu Lübeck

#Lifeline-Gottesdienst

29. Mai 2023 von Kirsten Fehrs

Pfingstmontag, Predigt zu Apostelgeschichte 2

Applaus, Applaus, liebe Geschwister. Für diese grandiose Musik – und für dieses wunderbare #Liveline-Team, das uns ja in schwieriger Zeit immer wieder so viel Kraft und Trost gibt. Applaus! Auch für die Gemeinschaft zwischen uns über Bildschirmgrenzen hinweg.

Mir ist nach Applaus heute an Pfingsten. Weil wir das Wunder feiern, dass in total kritischer Zeit vor 2.000 Jahren die Kirche der Hoffnung das Licht der Welt erblickte. Und zwar der ganzen Welt. Menschen aller Kulturen und Sprachen haben sich plötzlich und unerwartet – verstanden! Universal haben sich die Grenzen zwischen Galiläern und Arabern, Parthern und Medern buchstäblich in Luft, in Geistwind aufgelöst. Völkerverständigung in Windeseile. Liebessturm statt Hasswüten. Großartig.

Was für eine Friedensvision ist das in dieser Zeit! Wo um Grenzen wieder so grausam Krieg geführt wird, wo Not und Flucht herrschen. Und Hunderttausende einen sinnlosen Tod sterben. Es ist doch längst genug! Genug der brutalen Gewalt und der geballten Fäuste. Genug der im Geist begrenzten Diktatoren dieser Welt, die sich selbst zum Gott über Leben und Tod erheben.

Pfingsten, liebe Geschwister, hält gegen und mischt auf. Es erzählt die Geschichte, wie Menschen frei werden und aufatmen und ihre Herzen weit werden. Ergriffen von geistreichem Liebesmut, der der Dummheit des Hasses den Marsch bläst.

Sie erzählt von der Hoffnung der Sehnsüchtigen, die der Macht des Wortes noch etwas zutrauen. Die deshalb Grenzen überwinden, weil sie die Gemeinschaft wollen! Und genauso beginnt die Pfingstgeschichte: Sie waren alle an einem Ort beisammen. Zuallererst musst du zusammen kommen wollen, damit sich etwas bewegt. Als Friedensbewegung von unten – Applaus!

Obwohl – ganz am Anfang, in Jerusalem, war ihnen überhaupt nicht nach Applaus. Verzagt und Jesus-seelenallein sitzen die Anhänger da in ihrem kleinen dunklen Haus. Stickig ist es, es riecht nach Schweiß und Traurigkeit. Petrus tut zwar sein Bestes und predigt, was das Zeug hält. Doch – kein Applaus – im Gegenteil. Ratlos „sprachen sie einer zum anderen: Was hat das alles zu bedeuten? Die Ungewissheit der Zukunft nagt an ihrem eh schon abgestandenen Hoffnungsmut. Als wäre damals schon heute gewesen.

Ich jedenfalls merke, wie viele sich echt Sorgen machen, um ihre Kinder in all den Krisen, um ihre betagten Eltern, die Flüchtlinge in unserem Land. Was ist der Ton scharf geworden! Von der buchstäblich aufgeheizten Klimadebatte ganz zu schweigen ...

Aber dann! Plötzlich fegt ein Wind durch die Tür, wirbelt alle durch- und zueinander. Endlich Luft. Und Licht! Ja, der Geist der Wahrheit! Klar doch! Auf einmal erkennen die Jünger:innen: Christus ist nicht im Himmel, abgetaucht in irgendeiner Cloud. Er ist unter ihnen. Denn so vieles ist ja in ihnen lebendig. In ihrem Glauben, ihren Erinnerungen! Hier im Herzen sind seine Worte. Seine Wärme. Wie heilsam hat er sie doch alle berührt. Mit seinen Händen und mit seinem Frieden.

Brannte nicht unser Herz? fragen sie einander. Von dieser Liebe, die niemals aufhört? Und so erzählen sie es sich gegenseitig, predigen quasi, aufgeregt, alle gleichzeitig, begeistert, alle können etwas beitragen. Applaus!

Endlich findet ihre Sehnsucht eine Sprache. Kein flaches Geplapper, nein, Worte mit Tiefe, die verstehen, was Menschen bewegt. Eine Sprache für unwürdige Verhältnisse. Zärtliche Gefühle. Und für die Ehrlichkeit. Für Feindschaft ist da kein Platz. Für Intoleranz kein Verständnis. Für die Faust kein Grund.

So genau singt es mein Pfingstlied von den „Sportfreunden Stiller“, wisst ihr, das Lied, das dem Sommermärchen Fußball WM 2006 seine besondere Note gegeben hat. Weil in diesem Lied nicht die Mächtigen siegen, sondern die Liebenden.

„Ist meine Hand eine Faust, machst du sie wieder auf,
Und legst die deine in meine.
Du flüsterst Sätze mit Bedacht durch all den Lärm
Als ob sie mein Sextant und Kompass wär’n.
Applaus, Applaus […]
Für deine Art mich zu begeistern.
Hör niemals damit auf […]“[1]

Nein, tut es nicht. Pfingsten ist vielmehr der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Zwischen uns und – zwischen Gott und uns. Ziemlich beste Freunde halt, die sich lieb haben, und die sich einander deshalb auch zumuten können. Die es schaffen, Fäuste zu öffnen, weil sie die Wut verstehen. All die Enttäuschungen im Leben. Die Mitgefühl mit allen haben, die jetzt gerade an so vielen Orten der Welt um ihr Überleben kämpfen. Menschenfreundinnen eben.

„Ist meine Erde eine Scheibe, machst du sie wieder rund“ singt es mein Pfingstlied weiter.
„Zeigst mir auf leise Art und Weise, was Weitsicht heißt.
Will ich mal wieder mit dem Kopf durch die Wand,
Legst du mir Helm und Hammer in die Hand.“

Pfingsten ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – der Ungleichen. Zwischen uns Menschen, die stets mit ihren Grenzen und Wänden um sie herum hadern, und Gott mit seiner unendlichen Größe. Größe, die den Horizont weit macht. So weit, liebe Geschwister, dass man sich mit dem Unterschied neugierig befreunden will, und er gerade nicht trennt. Auch der religiöse Unterschied übrigens nicht.

Bis gestern war ich für unsere Kirche in Brüssel, Hauptstadt der EU. Ihr glaubt nicht, wie viele sich dort hingebungsvoll mit der „Europäische Union“ als Friedensbewegung identifizieren. Sich durch komplizierte Gesetzestexte wühlen, mit Details Kompromisse suchen und glücklich sind, wenn es ihnen gelingt. Weil sie wissen, dass weltweit die reichen Nationen auf Kosten der Armen leben, die die Klimakatastrophe ausbaden müssen.

Weil sie wissen, dass katastrophal viele Menschenrechtsverletzungen weltweit geschehen. In jeder Minute. Weil sie so entsetzt sind, dass Kinder an EU-Außengrenzen „pushbacked“ werden und aufs offene Meer ausgesetzt.

Die Abgeordneten sind sicherlich nicht alle religiös, aber es eint sie genau diese pfingstliche Vision einer offenen Gesellschaft, die der Humanität die Türen öffnet. Weil eben jeder Mensch auf dieser Erde ein Recht hat auf Heimat, Brot und Würde.

Applaus. Für alle Menschenfreunde, die um Gottes Willen den Mut haben, begeistert verschieden und tapfer versöhnt zu sein. Die daran glauben und alles dafür tun, dass Fäuste sich öffnen und Waffen schweigen, dass Gegner Wege finden zu reden, weil sie sie finden wollen.

Und weil dies gerade in der Ukraine derzeit so weit entfernt ist, ist’s umso mehr ein Grund, den Frieden zu erflehen, zu denken, für ihn zu beten. Und zwar wir alle. In allen Sprachen.

Wir brauchen das Gebet, das sich traut, liebe Geschwister. Sports- und Menschenfreunde, so wie ihr hier bei #Liveline, die sich der Kraft Gottes und seinem Wort anvertrauen: Applaus, Applaus

Für deine Worte. […]
Für deine Art mich zu begeistern.
Hör niemals damit auf!“

Nein, er hört nicht auf. Gottes Geist bleibt unter uns, um zusammenzuhalten, was auseinanderbrechen will. Uns zu halten, wenn es uns innerlich zerreißt. Und in unsere Herzen die Sehnsucht zu senken, dass Liebe wirklich die Welt verändert. Applaus! Und Amen.

 

 


[1] Aus: Peter Stephan Brugger, Ruediger Linhof, Florian Weber: Applaus, Applaus!

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