17. Juli 2016 | St. Marienkirche Lübeck

Musik ist eine Sprache des Glaubens

17. Juli 2016 von Kirsten Fehrs

8. Sonntag nach Trinitatis, Schlussveranstaltung des Dreiklang Nordkirchen-Chorfestes

Der Friede Gottes sei mit uns allen. Amen

Mit Schütz begann‘s - hier – erinnern Sie sich noch?

Dieser feierliche Auftakt mit lauter Kirchenmusiker/innen, Schein und Schütz mitsamt der Kunst der Pause… Willkommen, liebe Schwestern und Brüder, wieder hier in der St. Marienkirche, die nicht nur erhaben ist in ihrer Schönheit, sondern auch den Vorteil hat, dass es in ihr nicht regnen kann.

Willkommen zum gemeinsamen Tschüß-Singen. Singen mit Segen.

Singen und Segen – drei Tage. Was für ein Programm! So viele Noten. Erfüllende Momente. Begegnungen. Arbeit auch bei all dem Vergnügen. Eine sagenhafte Stimmung – und eben: ein Wochenende mit so vielen Segensmomenten, voller Himmel auf dieser Erde, da ist Luft nach Meer!

Danke, liebe Lübecker für eure Gastfreundschaft! Lübeck ist wirklich eine Hansestadt der Musik, in der man allerorten die Stimme erhebt, in den Kirchen und auf den Marktplätzen. Wie gut. Christen und Christinnen sind auf dem Marktplatz der Welt. Inmitten beunruhigender Zeiten.

So kommen wir zusammen. Auf ein Wort.
Und manchen Klang.
Singt Gott, lobsinget seinem Namen

„Singt Gott, lobsinget seinem Namen“, Nr. 3, S.8

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Ich habe so viele begeisterte Menschen getroffen. Singen gehört. So viele junge Menschen, die nicht nur neue, sondern auch alte Musik zu einem Erlebnis gemacht haben. Leuchtende Augen, tiefe Gefühle, viele Geschichten. Etwa, dass gestern im Dom die Leute gar nicht mehr aufhören mochten zu singen, schwelgend in Tönen, nicht weiter beunruhigt, als auch der Küster irgendwann nach Hause ging …

Und – schauen wir einander an: Begeisterung verändert doch deutlich zum Positiven. Ist Singen ja bekanntlich heilsam. Immerhin haben Sie je nach Inbrunst drei Tage unzählige Gesichtsmuskeln betätigt und den Kreislauf in Wallung gebracht. Auch im Gehirn wurde stundenlang das Belohnungszentrum aktiviert (verringert die Stressanfälligkeit!) und ein Hormon produziert, das die soziale Bindungsfähigkeit fördert. Verträglicher sind wir also nach den drei Tagen auch noch geworden!

Scherz beiseite: es ist ja schon eine heilsame Kraft in solch einer Musik der Gemeinschaft, die Lebensfreude atmet und die Toleranz der vielen Töne. Popular neben Bach, Evensong neben Synagogalmusik, Gospel und Max Reger, in aller Vielfalt haben wir singend er-innert, - buchstäblich mit jedem Atemzug! - , wie grundgütig Gott uns segnet und „wie er uns aufwecken will aus der Nacht.“

Aufgewacht! Es gibt so viel zu singen und zu sagen – vom Himmel, auf dieser Erde. Deshalb ist es auch nur konsequent und freut mich sehr, dass wir gleich gemeinsam die Predigt singen. Himmel, Erde, Luft und Meer – wie sollte das Schöpfungslob feierlicher geglaubt werden als mit Musik? Musik ist eine Sprache des Glaubens. Und sie ist immer eine Uraufführung. Sie drückt aus, was uns bewegt. Und sie bewegt in uns, was wir nicht (mehr) sagen können.

Himmel, Erde, Luft und Meer – diesmal sind´s diese vier Elemente im Dreiklang der Nordkirche, danke lieber Karl Bernhardin Kropf für diese Komposition. Da begegnen sich alte Musik und neues Wunder, Posaunen und Sopräne, Jauchzen und stille Pracht.

Eben: Himmel! Wir haben in unseren Liedern so viel Zuversicht und visionäre Kraft, das, was heilsam sein könnte in dieser Gesellschaft mit – wie ich finde – viel zu vielen missachtenden Tönen und hektischen Taktungen. So viel Tröstliches liegt in unseren Liedern angesichts von bitterer Gewalt. Ihnen, die in Istanbul ins Herz getroffen und ihnen, die gefeiert haben und ermordet wurden in Nizza, ihnen gilt heute unser Lied, das Schmerz und Hoffnung zusammenhält.

Tiefe und Höhe, Erde und Himmel sind gebunden. Wer singt, schaut dahin, von der Erde hin zum Himmel. Richtet sich auf. Das geht ja gar nicht anders. Kein Mensch kann singen, wenn er sich beugt. Und dann, aufgerichtet, ahnt man auf einmal eine andere Dimension. Eine, in der das Sehnen wohnt und die Herzhaut bebt. Musik rührt an diese Dimension, die einen bis hin zu den tiefsten Erschütterungen „versteht“ und in der sich – manchmal ganz unerwartet - Horizonte auftun, hinter denen es weiter geht. Eben Gnadensonne und Himmelsweite. Und deshalb ist Singen viel mehr als das Reden in Tönen. Singen ist eine Hoffnungssprache, die die Welt braucht. Auf-richtig, voller Ehrlichkeit. Tiefe. Im Glauben, dass es gut werden wird. Die Welt braucht das Friedenssehnen der Singenden.

Singen, wir alle wissen es, kommt aus dem Herzen. Und deshalb lässt es nicht unberührt. Und untätig. Wer singt, atmet den Geist Gottes. Und deshalb vertieft sich im Singen die Gewissheit, dass wir geborgen sind bei einem, der größer ist als Raum und Zeit.

Es war wunderschön, dies in der Gemeinschaft zu erleben. Luft und Ton und Himmel und Erde zu teilen. Doch dazu braucht es Menschen, die den Gesang der Einzelnen zu einem Gesamtklang zu formen verstehen. Danke sage ich allen Chorleiter*innen und Dirigenten, die in Ateliers und Workshops so liebevoll ermutigt haben, über manch Mauer zu springen. Und dann, wenn‘s mal schieflag mit der Ligatur, ein Bild zu zeichnen, wie es schöner klingen könnte. Das können sie nämlich, die Kantoren. Erklären, was man machen kann, damit der Choral nicht klingt wie das Gleichnis vom verlorenen Ton. Sondern er sei durchgehalten, der Ton, denn – so sagte es einmal einer meiner Chorleiter: „Ihr wisst, ich mag es nicht, wenn ihr atmet ...“ 

Alles, was Odem hat, lobe den Herrn, singt dazu der Psalm. Der letzte, der 150. Mit ihm lässt sich‘s gut beginnen mit dem Abschied, nach Hause, zurück in die Chöre und Kantoreien. Halleluja, schwingt es, lobt Gott mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen! Lobet ihn mit Pauken und Reigen, Saiten und Pfeifen und hellen Zimbeln.
Ist alles passiert. Und soll weiter so gehen: Alles, was Odem hat, lobe den Herrn! „Soli Deo Gloria“ – allein Gott zur Ehre! Ich danke Ihnen von Herzen dafür, dass Sie der Sprache der Hoffnung Klang verleihen. Von Sylt bis Pasewalk.

Und denen, die sich dieses Fest mal ausgedacht und mit einem klasse Team organisiert haben, danke ich an dieser Stelle besonders, den Landeskirchenmusikdirektoren Frank Dittmer und Hans-Jürgen Wulf.  

Danke, sage ich, fürs Cantate Domino,
liebe Sänger, Dirigentin und Kantoren,
die Initiatoren
sowieso,
die Sie alle solch´ Musik
spielen, genießen,
ja, in Töne gießen
was in der Seele vibriert
(und was manchmal auch auf dem Notenblatt notiert J),
von Bach, Reger und Mendelssohn –
so viele Töne!
Und dann auch noch schöne!
Ich danke sehr und bin gerührt
vom Posaunen- und vom Nachtprogramm –
begeisternd, oder?
Jugend, Dreiklang und  Tenöre,
Hoch soll es leben –
Das Fest der Chöre!

Mögen Sie alle die Stimme weiter erheben – zum Lobe Gottes in dieser Welt, vom Himmel zur Erde, Luft zu Meer, klar und frei, lebenslaut und friedensstiftend, gerade jetzt! - Dazu segne Sie und euch Gott.
Amen.

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