10. April 2020 | Lübeck

Ökumenischer Kreuzweg in Lübeck

10. April 2020 von Kirsten Fehrs

Station 1: St. Jakobi, Jesus vor Pilatus

Videobotschaft

Ich stehe hier vor der St. Jacobikirche in Hamburg – die Schwester zu St. Jakobi Lübeck am Pilgerweg des Nordens. Ökumenisch zutiefst verbunden gehen wir den Kreuzweg heute anders als sonst – und doch gemeinsam: in Gedanken und Gebeten. Corona macht es nötig. Denn Corona hat die Welt verändert. Eine nie gekannte Stille hört man hier in der Innenstadt. Sie spiegelt die Verunsicherung wider, ja den Stillstand, der zugleich so aufgewühlt ist von Gefühlen. Da ist Angst vor dem, was noch kommen wird. Die Ohnmacht von Angehörigen, dass sie ihre alten Eltern nicht besuchen können, gerade jetzt im Pflegeheim. Es steigt die Ungeduld oder gar Wut derer, die den Druck nicht mehr aushalten – in der Familie, im Homeoffice, im Ringen um die Existenz. Aber auch die Sorge um die, die an anderen Orten der Welt leiden – wüten ja im Schatten von Corona die Kriege der Diktatoren weiter und ist ja der Geflüchteten Menschenrecht geraubt.

Corona rückt Leid und Angst und Ohnmacht ganz nah an uns heran. Hautnah erleben wir, wie verwundbar und zerbrechlich unser Leben ist. Was tun wir, höre ich viele fragen, wenn das Sterben zunimmt, womöglich in Einsamkeit?

Einsam ist er dem Sterben nah – so erzählt es das Evangelium. Bedrückend, wie sie Jesus misshandeln, schlagen, ihn verspotten, den König mit der Dornenkrone. Dornen-Corona, geht mir durch den Sinn – sieht doch das Virus tatsächlich aus wie eine Krone mit Dornen. Symbol dafür, was niederdrückt und uns vom Leben trennt.

Und ich schaue auf das Kreuz und weiß: Gott selbst ist es, der da leidet und darin jede Trennung zu uns – und zwischen uns – aufhebt. Denn er ist nahe wie nie. Er ist in unserer Angst. Er ist in unserer Ohnmacht. Er ist in unserer Sehnsucht nach Erlösung. Es ist gut, dass wir still werden – und seine Nähe in uns aufnehmen. Damit wir Kraft bekommen für den Weg vor uns. Wissend: Kein Tod und keine Gewalten – nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes. Amen.

Audiobotschaft

Jedes Mal an Karfreitag beeindruckt mich die Stele von Winni Schaak vor der Jakobikirche in Lübeck. Vielleicht haben Sie sie vor Augen. Spitz und gnadenlos scharfkantig ragt sie in den Himmel. Sie steht nicht zufällig da. Denn die erste Station des Kreuzweges befindet sich direkt daneben, an der Kirchenmauer, vor einem Relief, das Jesus vor Pilatus zeigt. Wir wissen: Es ist die Geschichte, wie sie Jesus, den König verspotten und im eine Krone mit lauter spitzen Dornen aufsetzen. Und ich schaue auf die Stele und denke – so tief geht der Schmerz. Unerbittlich. Niederdrückend. Tödlich.

Und in den vielen Gesprächen, die ich führe, erleben die Menschen diese Zeit genauso: als scharfkantige Zäsur. Rasend schnell hat das Corona-Virus die ganze Welt aus den Angeln gehoben. Mit Tod und Schmerz und Ohnmacht. Und: Stillstand. Aber es ist ein Stillstand voller aufwühlender Gefühle. Da ist Angst vor dem, was noch kommen wird. Die Ohnmacht von Angehörigen, dass sie ihre alten Eltern im Pflegeheim nicht besuchen können, gerade wenn es ihnen nicht gut geht. Es steigt die Ungeduld und Wut derer, die den Druck nicht mehr aushalten – in der Familie, im Homeoffice, im Ringen um die Existenz. Aber auch die Sorge um die, die an anderen Orten der Welt leiden, treibt um – wüten ja im Schatten von Corona die Kriege der Diktatoren weiter und ist doch den Geflüchteten ihr Menschenrecht geraubt.

Corona rückt Leid und Angst und Ohnmacht ganz nah an uns heran. Hautnah erleben wir, wie verwundbar und zerbrechlich unser Leben ist. Was tun wir, höre ich viele fragen, wenn das Sterben zunimmt, womöglich in Einsamkeit?

Einsam ist er dem Sterben nah – so erzählt es das Evangelium. Bedrückend, wie sie Jesus misshandeln, schlagen und ihn verspotten, den König mit der Dornenkrone. Dornen-Corona, geht mir durch den Sinn – sieht doch das Virus tatsächlich aus wie eine Krone mit Dornen. Symbol dafür, was niederdrückt und uns vom Leben trennt.

Und ich schaue auf das Kreuz und weiß: Gott selbst ist es, der leidet. Er ist uns nahe wie nie. Und bedeutet uns: Nichts kann uns trennen. Gott und Mensch nicht – und Mensch und Mensch nicht. Er ist in unserer Angst. Er ist in unserer Ohnmacht. Er ist in unserer Sehnsucht nach Erlösung.

Denn auch das gehört in diese Zeit: erlösende Momente der Zuversicht. Die Neuentdeckung der Nachbarschaft. Und eine tiefe Nachdenklichkeit nach dem Sinn dahinter. Dieses Gefühl, dass eigentlich alles in unserem Leben auf dem Prüfstand steht: unsere Art zu leben, unsere Beziehungen, unsere Art zu reisen und turboschnell zu kommunizieren – nein, still jetzt. Es ist gut, still zu werden und Gottes Nähe in uns aufzunehmen.

Deshalb machen wir uns unverdrossen auch in diesem Jahr wieder gemeinsam auf den Kreuzweg. Anders als sonst. Und doch zutiefst verbunden in Gedanken und Gebeten. Schweigend und hörend, singend und betend nehmen wir Anteil. Denn mit dem Leid Jesu Christi erinnern wir ja immer auch das Leid unserer Mitmenschen heutzutage. In diesem Jahr vielleicht sogar noch inniger, noch achtsamer. Wie immer auch mit den Kindern. Alle Generationen gemeinsam sind wir unterwegs hinzuschauen, nachzudenken, mitzutragen, mitzubeten. So gehen wir heute gemeinsam zum Kreuz. Achtsam und still. Und doch voller Hoffnung. Wissend: Weder Tod noch Gewalten – nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes.
Amen.

Datum
10.04.2020
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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