22. August 2021 | St. Petri-Dom Schleswig

„Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“

22. August 2021

Predigt beim ökumenischen Festgottesdienst anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung des Landes Schleswig-Holstein

Liebe Festgemeinde,

nachdem Weihbischof Eberlein zurückgeblickt hat, ist meine Frage:  Wie gehen wir nun in die Zukunft?

Die Herausforderungen und Veränderungen, vor denen wir als Gesellschaft stehen, sind tatsächlich immens:

Wie können wir so leben, dass wir nicht weiter den Klimawandel befeuern? Ohne auf Kosten der Menschen im globalen Süden und nachkommender Generationen zu leben?

Wie kann es gelingen, die unterschiedlichen sozialen, sprachlichen, religiösen und kulturellen Vorstellungen, von denen die Menschen im Land geprägt sind, als bunte Vielfalt zu gestalten? Und Polarisierung und Spaltung entgegenzuwirken?

Welche Wege werden wir finden, um der steigenden Zahl von Kindern, die in unserem reichen Land von Armut betroffen sind, nachhaltig entgegenzuwirken? Um das Versprechen von Chancengleichheit und Teilhabegerechtigkeit einzulösen?

In der Bergpredigt sagt Jesus zunächst:

„Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan.Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“

Dieser St. Petri Dom ist seit fast 900 Jahren ein Ort des Gebets, des Bittens und Hörens und des Anklopfens. Menschen bringen ihre Not und ihr Dankbarkeit vor Gott. Beten heißt innehalten und danken, singen, klagen und sich wundern.

Und wir haben gehört wie Jesus weiterspricht: So wie ihr dafür sorgt, dass eure Kinder das bekommen, was sie elementar brauchen: Brot statt Steine, Fisch statt einer Schlange – so und noch vielmehr sorgt auch Gott für Euch. Darauf könnt ihr Euch verlassen.

Und dann fügt er hinzu:

„Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“

Seit dem Mittelalter wird dieser uralte Gedanke aus Philosophie und Religionen als Goldene Regel bezeichnet. Sie nutzt den eigenen Wunsch nach einem guten Leben, um Empathie und Solidarität und Verantwortung zu stärken. Eine gute Grundlage dafür, um die notwendigen Veränderungen miteinander zu beraten.

Sie ist auch eine gute Basis für den interreligiösen Dialog, den wir auch in Schleswig-Holstein weiterentwickeln möchten – zu unserem Land gehören Moscheen und auch wieder Synagogen. Gemeinsam werden wir nach Gott und unserer Verantwortung fragen. Und wie schön, dass Sie, Rabbi Aasvestad und Fatih Mutlu, einen Gruß sprechen werden.

Heute feiern wir vor allem 75 Jahre Demokratie, die nach dem moralischen und materiellen Zusammenbruch durch die Naziherrschaft erst langsam wachsen musste und gereift ist an der inneren Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit.

Eine demokratische Kultur lebt von dem ständigen Austausch über Vorstellungen vom guten Leben und über das, woran wir glauben. Ich vertraue ich darauf, dass wir als Gesellschaft mit verantwortungsvoller Politik und starker Zivilgesellschaft gute Wege finden können.

Drei Erfahrungen im Land zwischen den Meeren machen mich zuversichtlich:

Seitdem dieser Landstrich besiedelt ist, also weitaus länger als 75 Jahre, haben sich hier Menschen aus verschiedensten Himmelsrichtungen niedergelassen. Hochdeutsch, niederdeutsch, friesisch und dänisch sind hier von Anbeginn zu Hause und heute sind wir stolz auf eine vorbildliche Minderheitenpolitik.

Das sind allerbeste Voraussetzungen, um zukünftig die Sprachenvielfalt zu erweitern und Menschen, die heute ihre Heimat verlassen müssen, heimisch werden zu lassen.

In diesen Tagen sind es die Berichte aus Afghanistan, die uns nicht zur Ruhe kommen lassen und die die Notwendigkeit einer offenen und integrationsbereiten Gesellschaft wieder einmal unterstreichen.

So wie wir es 2015 und in den Folgejahren an vielen Orten erlebt haben. Zu Schleswig-Holstein gehört es einfach dazu, ein Ort der Zuflucht zu sein.

Die zweite Erfahrung bezieht sich auf ein Lebensgefühl hier im Norden unter dem weiten Himmel mit seinem offenen Horizont. Uns Menschen im „echten Norden“ wird ja nachgesagt, dass wir bodenständig und gelassen seien.

Das ist wunderbar, um in Zeiten wachsender Polarisierungen manche Welle der Empörung und Aufgeregtheit zu brechen.

Wer nun auf den abwegigen Gedanken kommen sollte, dass bei so viel Gelassenheit und Bodenständigkeit das innovative Potential auf der Strecke bleiben könnte, kann beruhigt sein.

Denn die dritte Erfahrung ist vielmehr eine Feststellung: Schleswig-Holstein ist bundesweit Spitzenreiter bei der Gewinnung erneuerbarer Energien. Mich stimmt das hoffnungsvoll, weil vom Gelingen der Energiewende auch im Blick auf die globalen Fragen so viel abhängt.

Lasst uns deshalb mit Zuversicht und Gottvertrauen und Tatkraft die Herausforderungen anpacken.

Mich berührt und stärkt immer wieder ein Lied, das 1989 in der DDR etwa 6 Monate vor der friedlichen Revolution geschrieben wurde – ursprünglich für die Hochzeit eines jungen Paares. Doch es verbreitete sich in Windeseile.

Und heute rufe ich Ihnen die letzte Strophe zu:

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt! Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.  

Amen.

 

 

Datum
22.08.2021
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