4. April 2021 | Übertragung aus der Evangelischen Johanneskirche Eltville-Erbach (Rheingau-Taunus-Kreis)

ZDF-Fernsehgottesdienst am Ostersonntag: Ostern hoffnungstrotzig das Leben feiern

01. April 2021 von Kirsten Fehrs

Predigt zu Matthäus 28, 1-10

Liebe Ostergemeinde!

Ja, er ist auferstanden. Wahrhaftig auferstanden. Und ruft Viktoria! Jetzt und hier, 2021. Jesus bringt Leben. Ungestüm und kein bisschen schüchtern, sondern klar und gerade dürfen wir es glauben, hoffen, lieben. Es lebe das Leben.

Denn es wird – wir haben es eben im Evangelium gehört – der Stein mit Macht vom Grab gewälzt. Gott selbst greift ein, mit einem Erdbeben. Aber eben nicht mit einem Beben der Zerstörung. Nein, hier wird – umgekehrt – die Zerstörung erschüttert. Es bebt das Grab; es zittert der Tod. Und schon sieht man einen blitzgewitzten Engel, der – welch Ironie – den weggewälzten Grabstein zu seinem Thron umfunktioniert. Die Soldaten fallen ob dieser Frechheit in Ohnmacht und sind dem Tode näher als dem Leben. Großartig, dieses Evangelium. All diese Dramatik veranschaulicht grandios das Lachen und die Lebenskraft, die Gott dem Tod entgegenschleudert.

Es lebe das Leben! Gerade jetzt, wo wir so befasst sind mit Inzidenz, Tod und Erschöpfung. Es ist Ostern! Es lebe das Leben voll mitreißender Energie. Wissen wir noch, wie sich das anfühlt? Unbeschwerte Lebendigkeit? Deshalb: Wir feiern Ostern, gerade jetzt. Leben, das dem Tod trotzt – und dem Virus, der Angst, der Gewalt, allem, was das Leben schwer macht.

Ostern, liebe Gemeinde, ist der Mut zu glauben, was (noch) nicht zu sehen ist: Dass Schmerz und Tränen vorübergehen, das glaube ich. Dass jedes Menschenkind, klein oder groß, eine unendliche Würde besitzt, von keinem ist sie anzutasten, das glaube ich. Dass es ein Leben nach dem Tode gibt und wir einst getragen werden von dieser in jene Welt, ganz leicht wie eine Feder, das glaube ich gewiss. Ostern will uns im Glauben beflügeln, dass wir mitten am Tage zur Auferstehung aufstehen. Also Haltung zeigen. Jetzt. Es sind so viele innerlich an der Grenze. Sie, wir brauchen es, dass wir füreinander einstehen, einander sehen und aufrichten – hoffnungsmutig und energisch. Eben: vom Leben gezeichnet!

Vom österlichen Leben gezeichnet heißt dann auch genau: Der Vergeblichkeit die Stirn bieten. Und nicht aufgeben, wenn andere sagen: Es hat ja doch keinen Sinn. Die drei Hoffnungsgeschichten, die wir eben hörten, zeugen davon. Mit aller Kraft. Sie sind so sehnsüchtig. Getrieben von einer Hingabe, ja, einer Hartnäckigkeit, wie nur Liebe sie hervorbringt. Gib keinen verloren, sagt diese Hingabe. Nicht deinen Enkel, nicht einen deiner Träume und auch keine deiner Schülerinnen, gerade jetzt nicht, wo sie es so schwer haben. Für mich wird hier konkret, was manchmal so formelhaft klingt, wenn es heißt: Christus hat den Bann des Todes gebrochen. Fortan, heißt das, finden wir uns nicht ab und warten gerade nicht auf die nächste Niederlage. Nein, wir hoffen und lieben der Überraschung entgegen, dem Unglaublichen! Hoffnungstrotzig – auch und erst recht in dieser Krisenzeit, von der wir nicht wissen, wie lange wir sie zu bestehen haben.

So sehnsüchtig, mit liebender Hingabe gehen auch die Frauen ans Grab. Mit einem Gang zum Grab, liebe Geschwister, beginnt die größte Geschichte der Menschheit. Nicht mit Freude schöner Götterfunken. Da braucht es schon einen Engel, der ihnen sagt: „Fürchtet euch nicht!“ Und Jesus selbst, der es ihnen noch einmal sagt: „Fürchtet euch nicht.“ Und als die Frauen niederknien und seine Füße umfassen, ihr Jesus buchstäblich endlich wieder berührbar wird, da weicht die Unerbittlichkeit des Todes und lässt einer leisen Zärtlichkeit ihr Recht. Kein entschiedenes „Weg, ihr Trauergeister!“, nein, die Hoffnung von innen findet auf leisen Sohlen zurück ins Leben.

Diese Zartheit hat tiefen Sinn. Sie ist auch so wahrhaftig. Denn das österliche Leben überspringt nicht den Tod und ignoriert ihn, sondern geht durch ihn hindurch. Ich werde vom Leben berührt – und weiß doch vom Tod. Und dasetzt sie dann ein, die große Freude. Als die Angst vor dem Leben vergeht! „Und die Frauen gingen eilends weg vom Grab mit großer Freude“, heißt es. Eilends, um dieses alles sprengende Wunder schnell weiterzuerzählen.

Denn sie soll überall ankommen, diese Zuversicht, die der Vergeblichkeit die Stirn bietet. Gerade jetzt, wo nach einem Jahr Pandemie unsere Kräfte schwinden und die Zahlen ein drittes Mal gestiegen sind. Also sind wir hier vernünftig und mit Abstand und Hygienekonzept – aber wir feiern Ostern! Weil uns Christenmenschen etwas ins Herz gelegt ist, das über Verzweiflung, Angst und Tod hinausweist. Davon zu erzählen ist so nötig im Moment. Alle sehnen sich nach mutiger Hoffnung, die einem Aussicht gibt.

Sie muss und soll ankommen, in allen Straßen und Häusern und an den Zäunen der Welt. Ich wünsche mir, dass Ostern wird auch für sie, die in diesem Moment um einen lieben Menschen zittern und bangen. Die untröstlich sind in ihrer Trauer. Es werde Ostern für die Kinder und jungen Menschen, die ihrer Träume und derzeit gerade so vieler Chancen beraubt werden. Für alle, deren Existenz auf dem Spiel steht und die nur noch müde sind. Oder die eine gehörige Wut im Bauch haben. Zuversicht soll sie aufrichten, trotz allem! Auch jene, die im Schatten der Pandemie aus dem Blick geraten sind: die vielen Familien in den Elendslagern an der bosnischen Grenze mit unaushaltbaren Zuständen. All die vielen Kinder, die Hunger leiden in Syrien und im Jemen, guter Gott. Die niedergeschossenen Opfer des Regimes in Myanmar und Hunderte von politischen Gefangenen in Belarus – sie alle hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.

Ostern heißt: Geben wir keinen verloren. Das ist zu erinnern, zu bekennen, zu erlieben – und zwar im Angesicht all dessen, was in der ganzen Welt unseren Trotz und unseren Trost braucht. Deshalb: Stehen wir zur Auferstehung auf. Mitten am Tage. Mit unserem lebendigen Haar, mit unserer atmenden Haut, ja, ganz und gar aufstehen und die Stirn bieten, erfüllt von dieser Hoffnung, die die Zerstörung erschüttert. Das ist der Kern der Osterbotschaft. Wie die Frauen am Grab, können auch wir bewegt werden, selbst Träger*innen der Hoffnung zu sein.

Einer „meiner“ Hamburger Pastoren erzählte mir dazu eine kleine Geschichte. Standen jüngst drei 90-Jährige vor seiner Tür, mit Hut und Stock und verheißungsvoll gefülltem Einkaufstrolley. Sie sagten ganz erleichtert, sie seien nun geimpft, zum zweiten Mal. Ob sie nicht bitte eine schöne Dankandacht haben dürften, und dann ein bisschen Kaffee und Kuchen. Hätten sie alles dabei. „Paster, mook mol n beten tau.“ (Das ist plattdeutsch für: Pastor, mach zu, komm in die Strümpfe.) Gesagt getan, sie feierten eilends Andacht und nachher weiter im Pastoratsgarten, auf einem Sonnenplätzchen. Mit Abstand natürlich, aber auch mit Kaffee und Kuchen – und jeder Menge Frohsinn. Es lebe das Leben! Ich wünsche Ihnen von Herzen gesegnete, trotzig-fröhliche Ostern. Amen.

 

 

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