Landessynode verabschiedet Erklärung angesichts des Kriegs in der Ukraine

Präses Hillmann: "Nordkirche ringt engagiert und modellhaft um Wege zum Frieden“

Synodale im engagierten Austausch über Wege zum Frieden
Synodale im engagierten Austausch über Wege zum Frieden© Susanne Hübner

07. Mai 2022 von Michael Birgden

Lübeck-Travemünde. Um die Haltung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland gegenüber einem Krieg in Europa ging es bei der 2. Sondertagung der II. Landessynode in Travemünde unter dem Motto „Suche den Frieden und jage ihm nach (Psalm 34,15)“. Wie beeinflussen die erschreckenden Kriegsereignisse in der Ukraine friedensethische Positionen und konkrete Strategien? Welche Rolle spielen die ökumenischen Partnerschaften für ein friedliches Europa? Mit diesen Fragen beschäftigten sich rund 120 Landessynodale zwei Tage lang.

Zum Abschluss (Samstag, 7. Mai) verabschiedete die Landessynode einstimmig eine Erklärung. Darin heißt es: „Die Synode hält mit Gottes Hilfe an der Hoffnung fest, dass das Leben siegen wird und der Friede das Ziel der Geschichte ist. Der Weg dahin ist weit.“ (Erklärung im genauen Wortlaut unten)

Moskauer Erzbischof hält bewegende Morgenandacht

Sichtlich bewegte die Synodalen die Morgenandacht, die der Moskauer Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Dietrich Borissowitsch Brauer am Samstag hielt. Nach einer kriegskritischen Predigt musste er Anfang März mit seiner Familie aus Russland fliehen und lebt jetzt in Deutschland. Er sagte: „Der gute Kampf des Glaubens wird schon geführt, dort, wo Menschen in der Zeit der Entmenschlichung Menschen füreinander bleiben, wo sie solidarisch mit den Geiseln und Opfern der Aggression sind.“

Statt wie üblich an Pulten lebhafte Gespräche an runden Tischen

Ulrike Hillmann, die Präses der Landessynode, zog ein positives Resümee: „Als Nordkirche bieten wir ein friedenspolitisch wertvolles Modell: Menschen unterschiedlicher Anschauung bleiben beieinander, lernen voneinander, ringen dauerhaft um Wege zum Frieden.“ Nach zwei Tagen intensiver Gespräche mit dem Ringen um eine kirchlich und christlich vertretbare Position gegenüber einem Krieg in der europäischen Nachbarschaft sagte sie: „Ich habe die Tagung als einen äußerst intensiven Austausch mit engagierten Dialogen erlebt. Statt in den üblichen Tischreihen im Plenarsaal haben wir an 20 runden Tischen miteinander gerungen, Ambivalenzen ausgehalten und komplexe Fragestellungen kontrovers diskutiert. Dies ist uns möglich, weil wir einen gemeinsamen Grund haben, der gelegt ist in Jesus Christus. So haben wir es in den Andachten, biblischen Arbeiten und dem öffentlichen Gottesdienst erlebt und erfahren.“

Die Erklärung im Wortlaut:

Wir suchen den Frieden und jagen ihm nach, denn wir sind gewiss: Selig sind, die Frieden stiften. (Nach Psalm 34,15 und Matthäus 5,9)

Die Synode der Nordkirche ist erschüttert angesichts des Krieges in der Ukraine und sucht Gottes Hilfe im Gebet. Sie stellt sich an die Seite des ukrainischen Volkes, aller Friedensfreunde in Russland und Belarus sowie der Opfer des Krieges auf allen Seiten. Sie fordert Russland zur sofortigen Einstellung des Aggressionskrieges auf. Die Synode hält mit Gottes Hilfe an der Hoffnung fest, dass das Leben siegen wird und der Friede das Ziel der Geschichte ist. Der Weg dahin ist weit und beschwerlich.

Die Synode ruft zu Friedensgebeten und zu Taten des Friedens auf.

Die Nordkirche versteht sich als eine lernende Kirche. Die Synode beteiligt sich an der Schärfung friedensethischer Kriterien und bedenkt diese in leidenschaftlichen, aber dabei sachlichen und differenzierten Debatten. Sie hält die Not aus, sich gegebenenfalls zwischen Schuld und Schuld positionieren zu müssen. Sie nimmt die im Rahmen dieser Tagung erarbeiten Anregung in einen weiteren Lernprozess auf.

Das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine ist rechtlich wie ethisch anzuerkennen. Die Lieferung von Waffen zur völkerrechtlich legitimierten Selbstverteidigung ist aus Sicht der Synode vertretbar. Es geht darum, zivilgesellschaftliche Strukturen zu erhalten, die durch eine russische Okkupation ebenso bedroht wären wie die freie Zivilgesellschaft in Russland es jetzt ist. Zugleich mahnt die Synode an,   die ermutigenden Formen des gewaltfreien und zivilgesellschaftlichen Widerstands zu fördern, in Russland, in Belarus, in der Ukraine wie in ganz Europa. In der Entwicklung von Friedensperspektiven nach dem Krieg müssen notwendig  Gruppen beteiligt werden, die unter dem Krieg in besonderer Weise leiden.  Die Synode fordert den Schutz von Soldatinnen und Soldaten, die sich in diesem Krieg nicht beteiligen wollen. 

Auch wenn in der aktuellen Situation in der Ukraine der zivile Widerstand allein nicht ausreichend zu sein scheint, um Leib und Leben zu schützen, so gilt für die Synode die politische Position des gewaltfreien Widerstands als eine von mehreren unverzichtbaren Stimmen in der öffentlichen Debatte.

Die Nordkirche unterstützt Geflüchtete aus allen Ländern, in diesen Tagen besonders  Menschen, die vor dem Ukraine-Krieg fliehen. Sie wünscht, dass die ökumenische Verbundenheit der Nordkirche und ihrer Gemeinden wächst. Uns sind gerade in dieser Zeit die Partnerbeziehungen der Nordkirche in den Ostseeraum und weiteren osteuropäischen Ländern  wichtig. Als Nordkirche pflegen wir Partnerbeziehungen zu Kirchen in Polen, Litauen, Lettland, Estland, Rumänien, Russland und Kasachstan. Dabei ist es uns ein Anliegen, gerade in diesen Zeiten an den Partnerschaftsbeziehungen nach Russland festzuhalten und diejenigen zu stärken, die sich in Russland für Frieden, Versöhnung und für Menschenrechte einsetzen. Innerhalb der Nordkirche wollen wir den Zusammenhalt mit friedensorientierten Menschen in russisch-orthodoxen und den ukrainisch-orthodoxen Gemeinden in Norddeutschland stärken.

Einer wachsenden verbalen Aufrüstung in Diskussionen und mediale Darstellungen stellt sich die Synode entgegen. Stattdessen gilt es, eine besonnene Analyse zu fördern und bereits jetzt Perspektiven von Gerechtigkeit und Versöhnung nach dem Kriegsgeschehen vorzubereiten. Dazu gehört die Stärkung   der Vereinten Nationen. Konkret fordert die Synode, dass entsprechend dem finanziellen Aufwand für Aus- und Aufrüstung der Bundeswehr intensive Investitionen in zivile Friedensarbeit beschlossen werden, insbesondere für die Bereiche Gerechtigkeit, Klimaschutz, Entwicklung und Bildung.

"Der Gott des Friedens rüste euch aus mit allem Guten, dass ihr seinen Willen tut.“ Hebräer 13,20.21 (Lehrtext für den 7. Mai 2022 aus den Losungen)

„…und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.(Lukas 1,19)

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