20. Februar 2020 | Rathausmarkt Hamburg

Rede bei der spontanen Kundgebung zu den rechtsterroristischen Morden in Hanau

20. Februar 2020 von Kirsten Fehrs

"Gegen rechten Terror und Hass" - Rede von Bischöfin Kirsten Fehrs, Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche

Liebe Freundinnen und Freunde,

danke, dass Ihr spontan hierhergekommen seid – mit eurer Trauer. In allem Entsetzen. In Solidarität mit den Angehörigen dieses abgründigen Terroraktes in Hanau.

Es ist so wichtig, dass wir auf dem Rathausmarkt, jetzt und hier, an diesem Tag zusammenstehen und ein klares Zeichen setzen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Menschlichkeit: Sie und Ihr alle aus den verschiedensten Parteien, aus Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften und Verbänden. Wir drücken damit gemeinsam aus, wie erschüttert wir sind, wie unendlich traurig über die Opfer in Hanau. Aber – ich glaube, da spreche ich für uns alle – wir sind auch zornig. Mit Abscheu schauen wir auf diesen Terrorakt, bei dem ein Mann zehn Menschen aus dem Leben gerissen hat. Grausam. Kalt. Voller Menschenverachtung.

Noch ist wenig von den Details bekannt und es muss noch vieles aufgeklärt werden. Doch selbst wenn der Mann psychisch gestört war und selbst wenn er die Tat allein, ohne Verbindungen zum organisierten Rechtsextremismus geplant haben mag, hat er sich dennoch ganz offensichtlich bedient an den übelsten rassistischen und rechtsextremen Texten und Versatzstücken, die zuhauf im Internet zu lesen sind. Er zitiert Verschwörungstheorien und hat das in Gewalt umgesetzt, was andere geschrieben, gelikt und geteilt haben.

Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen. Wir müssen uns auch denen entgegenstellen, die diese wahnhaften Ideen öffentlich verbreiten. Wir in der Zivilgesellschaft wie in der Politik müssen deutlich machen: Wer Rassismus und völkisches Denken verbreitet, bereitet den Nährboden für solche Taten – ganz gleich, ob er sich pro forma vom Rechtsextremismus distanziert.

Ein Zweites ist mir wichtig: Ja, die Opfer hatten mehrheitlich einen Migrationshintergrund. Danach hat der Täter sie ausgesucht. Aber wir dürfen seine rassistische Einteilung nicht einfach so übernehmen: hier der Deutsche, da die Migranten. Nein! Es war ein Terrorakt in Deutschland, gegen Menschen, die hier wohnten, lebten, liebten und arbeiteten. Es waren unsere Mitbürgerinnen, auch wenn sie oder ihre Eltern aus anderen Ländern gekommen sein mögen. Das heißt: Ein rechtsextremer Massenmörder hat willkürlich zehn Menschen umgebracht. Aufgeladen vom Hass, der durch die sozialen Netzwerke schwingt.

Fast 75 Jahre nachdem Deutschland vom NS-Regime befreit wurde, müssen wir feststellen: Wieder hat mörderischer Terror, der Menschen einteilt in vermeintlich gut und vermeintlich böse, unschuldige Familien auseinandergerissen. Eine von vielen Taten, die wir glaubten, in diesem Land nie wieder sehen zu müssen.

Denn schon zum dritten Mal innerhalb eines Jahres müssen wir in unserem Land Opfer rechten Terrors beklagen. Und ich sage: Stoppen wir diese menschenverachtende Gewalt! Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen wegen ihrer Herkunft erniedrigt und angegriffen werden, dass Täter sich bewaffnen und sich über andere erheben, dass sie andere verletzen und töten.

Zugleich dürfen wir uns nicht selbst vom Hass der anderen anstecken lassen. Trauer – ja. Berechtigter Zorn – ja. Aber niemals Hass! Ich bete für die Opfer – junge Männer und Frauen, eine schwangere Frau darunter, die einen Abend in Hanau in Gemeinschaft verbrachten. Ich verneige mich in tiefer Trauer vor ihnen, deren Leben ausgelöscht wurde.

Ich weiß, dass wir dabei eins sind im Gebet und im Gedenken mit Muslimen, Aleviten, Juden und mit Menschen aller Religionen und Weltanschauungen.

Zusammen, liebe Freundinnen und Freunde, lasst uns zusammenstehen – gegen rechten Terror und Hass, gegen Rassismus und völkisches Denken.

Ich stehe hier als christliche Bischöfin und zugleich als Vorsitzende des Interreligiösen Forums Hamburg, das dafür einsteht, dass kein Mensch entwertet und seiner Würde beraubt werden darf. Und ich bin dankbar dafür, dass wir uns darin über religiöse und weltanschauliche Grenzen hinweg mit so vielen einig sind.

Lasst uns also gemeinsam unsere Werte stark machen: Dass wir offen bleiben und herzlich, wie es dieser Stadt würdig ist, dass wir aufmerksam bleiben, respektvoll, mutig und hoffnungsstark. Wir dürfen dieses Land nicht den Hetzern und Rechtsextremen überlassen!

Datum
20.02.2020
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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